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Zu viele Diesel-AutosKöln ist NRW-Spitzenreiter bei dicker Luft

Lesezeit 4 Minuten

An der Messstelle am Clevischen Ring ist die Stickstoffdioxidbelastung in Köln am höchsten.

Köln – In zehn Städten Nordrhein-Westfalens ist die Luft zu stark mit schädlichem Stickstoffdioxid belastet. Das geht aus Messwerten des Umweltbundesamtes für 2016 hervor. Spitzenreiter in Sachen dicke Luft ist demnach Köln.

Im Jahresmittel haben zwei Drittel aller Messstationen an deutschen Hauptverkehrsstraßen den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffdioxid überschritten. Den fünften Platz bundesweit belegt dabei die Messstation Clevischer Ring in Köln-Mülheim: Der Stickstoffdioxid-Wert lag dort bei 63 Mikrogramm pro Kubikmeter – 23 Mikrogramm über dem Grenzwert. 2015 waren es 66. Auch die Werte an der Turiner Straße in der Innenstadt sind mit 43 Mikrogramm überhöht. Im Kölner Umland ist nur die Gustav-Heinemann-Straße in Leverkusen auffällig, hier wurden im Jahresmittel 45 Mikrogramm gemessen.

Wie ist die Belastung in den anderen NRW-Städten?

Spitzenreiter Köln wird gefolgt von Düsseldorf, Dortmund und Hagen. Überschritten wurde der zulässige Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auch in Wuppertal, Aachen, Gelsenkirchen, Oberhausen, Essen und Leverkusen. Am saubersten ist die Luft in Simmerath/Eifel und in Netphen/ Rothaargebirge.

Wer sind die Verursacher der Stickstoffoxidbelastung?

Hauptsächlich Autos, besonders Dieselfahrzeuge (am Rhein auch Schiffsmotoren). Laut Deutscher Umwelthilfe sind neue Dieselfahrzeuge nicht unbedingt sauberer als alte: „Die Euronorm-6-Fahrzeuge sind in der Tendenz genauso schmutzig wie die Autos mit Euronorm 5 und 4“, so Geschäftsführer Jürgen Resch. Die EU-Grenzwerte würden – siehe VW-Skandal – oftmals nur im Labor eingehalten.

Wie schadet Stickstoffdioxid der Gesundheit?

Stickstoffdioxid kann Schleimhäute angreifen, Atemprobleme oder Augenreizungen verursachen und Herz und Kreislauf beeinträchtigen. „Stickoxid führt zu Asthma und Herzkreislauferkrankungen. Der giftige Luftschadstoff (...) verursacht pro Jahr alleine in Deutschland mehr als 10 000 vorzeitige Todesfälle“, kritisiert Greenpeace. Das gilt besonders für Anwohner stark befahrener Straßen: Eine Studie des Landesumweltamts NRW belegt eine erhöhte Sterblichkeit an Todesursachen im Zusammenhang mit Herz und Lunge bei Frauen, die näher als 50 Meter an einer Hauptverkehrsstraße wohnten.

Was wären Gegenmaßnahmen?

Innenstadt-Fahrverbote oder eine City-Maut für „Diesel-Stinker“ gehören ebenso zu den Vorschlägen wie die Einführung einer „Blauen Plakette“, wie sie die Deutsche Umwelthilfe propagiert. Bei der Verkehrsministerkonferenz im Oktober 2016 stellten sich die Minister der Bundesländer mehrheitlich gegen die Einführung. Die Plakette soll besonders schadstoffarme Fahrzeuge auszeichnen.

Was sind die Konsequenzen für Köln?

Die Stadt will die Luftqualität am Clevischen Ring mit sogenannten umweltsensitiven Ampelschaltungen verbessern. Und das direkt nach Karneval. Werden die Grenzwerte überschritten, wird der Verkehrszufluss an drei Stellen gedrosselt: Aus Richtung Deutz auf dem Bergischen Ring südlich der Mülheimer Brücke, aus Richtung Niehl am rechten Brückenkopf der Mülheimer Brücke und aus Richtung Leverkusen und der A 3 in Höhe des Autobahnzubringers. Umprogrammiert werden 15 Ampelanlagen, die Kosten belaufen sich auf 250 000 Euro. Durch die längeren Rotphasen werden die Verkehrsmengen lediglich verlagert, doch am Clevischen Ring sei die Durchlüftung deutlich schlechter, so die Verwaltung.

Gibt es bereits Erfolge im Bemühen der Stadt Köln um sauberere Luft?

Beim Feinstaub bestätigt sich nach Angaben des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz seit drei Jahren ein positiver Trend, der in der Einführung der „Grünen Plakette“ für Pkw mit dem Luftreinhalteplan im Jahr 2013 seinen Anfang nahm. Die zulässige Höchstgrenze von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft darf laut Vorgabe an maximal 25 Tagen im Jahr überschritten werden. 2016 war das in Mülheim lediglich an zehn Tagen der Fall, im Jahr 2015 an 20 Tagen.

Die Umwelthilfe klagt in fünf NRW-Städten auf die Einhaltung der Luftreinhaltepläne. Wie ist der Stand der Dinge?

Weil Stickoxid-Grenzwerte an vielen Messstellen der Hauptverkehrsstraßen überschritten werden, leitete die EU-Kommission 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Die Deutsche Umwelthilfe reichte in sieben Bundesländern Klagen ein, um Fahrverbote für Diesel-Autos durchzusetzen. In NRW zog sie gegen Aachen, Bonn, Essen, Gelsenkirchen, Köln und Düsseldorf vor Gericht. Wann es eine höchstrichterliche Entscheidung zu Diesel-Fahrverboten geben wird, ist offen. Der Fall liegt beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Was plant Köln, um den Luftreinhalteplan künftig einzuhalten?

Ein „Runder Tisch zur Luftreinhalteplanung“ erarbeitet derzeit weitere Pläne. Im Raum steht ein Diesel-Fahrverbot unabhängig von einer blauen Plakette. Die Düsseldorfer Bezirksregierung lässt die Möglichkeit vom Bundesverwaltungsgericht Leipzig prüfen. Sollte es dafür grünes Licht geben, will Köln dennoch erst den Ausgang des Kölner Verfahrens abwarten. Resch von der Umwelthilfe findet Abwarten fahrlässig: „Wir haben drei Mal so viele Todesfälle durch Stickstoffdioxid wie durch Verkehrsunfälle.“

Wie hat sich 2016 die Belastung durch Feinstaub verändert?

Die Feinstaubbelastung geht in Nordrhein-Westfalen langsam zurück, 2016 ist – auch wegen häufigen Windes – das Jahr mit den niedrigsten Belastungen seit 2000. In keiner Stadt wurde der EU-Grenzwert von über 50 Mikrogramm an mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten.