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Theaterstück über Kölner KarnevalistenRedeverbot wegen Hitlergruß-Persiflage

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Karl Küppers Sohn Gerhard mit Plakat.

Köln – Der Trend zum neuen, eigen- oder mitproduzierten Volkstheater geht immer weiter in der Volksbühne am Rudolfplatz. Nach dem sehr erfolgreichen Musical „Himmel & Kölle“ und dem bereits jetzt für die kommende Spielzeit wieder angesetzten „Automatenbüffet“ steht jetzt eine Uraufführung ins Haus. Am 6.Juli soll „Der Unbeugsame – Der Widerstand des Karl Küpper“ des Kölner Autors Tilmann Strasser unter der Regie von Stefan Herrmann Premiere haben.

„Das weist den Weg, den wir auch in Zukunft gehen wollen“, sagte Volksbühnen-Geschäftsführer Axel Molinski bei einer Pressekonferenz.

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Büttenredner Karl Küpper ist auf der Bühne mutig gegen das NS-Regime aufgetreten

Das Leben des Karnevalsredners Karl Küpper war historisch ein Drama in zwei Akten. Vor dem Krieg legte er sich als einer der ganz wenigen Kölner Karnevalisten mit den Nazis an und bekam Redeverbot. Doch „D’r Verdötschte“ ließ sich nicht kleinkriegen. Er setzte sich auf die Bütt, hob, den Arm zum Hitlerguß und sagte: „Is et am rääne?“ Dann ballte er die Faust zum Kommunistengruß und sagte: „Nä, mer han esu e Wedder“. Was Küpper wohl rettete, war seine bundesweite Prominenz.

Drama um Kölner Karnevalisten

„Mein Vater kam als mutiger Mann aus dem Krieg“, weiß sein Sohn Gerhard A. Küpper, „aber er ist als gebrochener, verbitterter Mann gestorben.“ Denn auch nach dem Krieg wurde Küpper seine Unbeugsamkeit nicht gedankt.

Büttenredner Karl Küpper als „D’r Verdötschte“

Zu viele Alt-Nazis waren noch und wieder im Karneval aktiv, selbst Bundeskanzler Konrad Adenauer soll auf Präsidenten eingewirkt haben, um Auftritte von Küpper zu verhindern.

Seit fast sieben Jahren ist der Bonner Regisseur Stefan Hermann, der fürs dortige Stadttheater, aber auch frei mit seinem Kollektiv „Beautiful Minds“ arbeitet (in Köln realisierte er „Drugland“ beim Sommerblut-Festival) am Thema dran. Küppers Kampf für die eigene Meinungsfreiheit fasziniert ihn, seit vier Jahren ist er im steten Austausch mit dem Sohn. Neben dem eigentlichen Theaterstück von Tilmann Strasser, das nicht streng dokumentarisch ist und „eine Balance schaffen will zwischen historischer Akkuratesse und schöpferischer Freiheit“, will er deshalb auch heutige Perspektiven zur Meinungsfreiheit im Karneval einbauen.

Kölnerinnen und Kölner für Casting gesucht

Dafür sucht er noch vier bis sechs Kölnerinnen und Kölner, die eine autobiografische Geschichte zum Thema erzählen können. Die Texte würden professionell aufgeschrieben und dann von den Laien am Bühnenrand zwischen zwei Szenen vorgetragen. Ansonsten würde man die ausgewählten Personen auch als Statisten im Stück integrieren, sei es als schunkelnde Jecke oder als Gestapo-Schergen.

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Der Unbeugsame, Theaterstück über den Karnevalsredner Karl Küpper, der sich  als einer der wenigen Kölner Karnevalisten den Nazis entgegenstellte. Für die Volksbühne am Rudolfplatz. arbeiten an dem Stück (v.l.) Tilmann Strasser (Autor), Gerhard A. Küpper (Sohn), Gerd Köster (Darsteller) und Stefan Herrmann (Regie).

Karl Küpper spielen wird Gerd Köster, den die Anfrage sehr stolz gemacht habe. „Der Karneval hat die Aufgabe, der Orbigkeit ans Bein zu pinkeln.“ Das sei unter den Preußen nach und Nach verloren gegangen. „Eine wohltuende, pflegenswürdige Tradition, die Karl Küpper wieder belebte."

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Der eigentliche Skandal sei, wie man mit Küpper nach dem Krieg umgegangen wäre. „Das ist der Klassiker, den man von den Eltern kennt", sagt der Sänger, Schauspieler und Vorleser Gerd Köster, der sich seit vielen Jahren bei der AG Arsch huh gegen Neonazis und Rassismus engagiert. „Die sagen »dat hammer nit jewoss«, meinen aber »dat wollte mer nit wisse«.“ Ab nächster Woche beginnen die Proben.

Karten (ab 32 Euro) gibt es ab sofort unterwww.koelnticket.de/volksbühneBewerbungen für das Casting ankollektiv.beautifulminds@gmail.com