Der Kölner Kardinal hat im Prozess gegen „Bild“ Leitungsverantwortung vermissen lassen.
Kommentar zum Kölner KardinalWoelki macht sich zum Küchenjungen in der Gerüchteküche
Bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, musste Kardinal Rainer Woelki vor Gericht schwören, die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen zu haben. Sollte der Herr im Himmel der Verhandlung vor der Pressekammer des Landgerichts Köln beigewohnt haben, dürfte er ins Grübeln gekommen sein, ob es da unten auf Erden nicht doch noch eine höhere Instanz gibt als ihn selbst: den Erzbischof von Köln.
Prozess gegen „Bild“: Kardinal Woelki sagt vor Gericht aus
Der ist so mächtig, dass er sich sogar Unwissenheit in entscheidenden Fragen leisten kann, die sein Amt und seine Verantwortung betreffen. Im Missbrauchsskandal aufräumen und aufklären – das sei von Anfang an sein Bestreben gewesen, erklärte Woelki in einem Rechtsstreit mit der „Bild“-Zeitung, in dem es um die Frage ging, welche Kenntnisse über einen Priester unter Missbrauchsverdacht er hatte, als er den Geistlichen 2017 auf einen leitenden Posten beförderte. Gerüchte, nichts als Gerüchte, beteuert Woelki.
Vor Gericht wurde allerdings mehr als deutlich, dass er etliche Gelegenheiten ausließ, sich früh persönlich mit Fakten vertraut zu machen und sich so ein Stück Gewissheit zu verschaffen. Dafür hätte ein Blick in die Akten genügt, die er zur Verblüffung selbst des Gerichts bis heute nicht gesehen haben will.
Dass Woelki sich in seiner Vernehmung nicht erinnern konnte, ein eigens für ihn gefertigtes Dossier erhalten zu haben, mag verfahrenstaktisch günstig sein. Aber mit Leitungsverantwortung hat auch das nichts mehr zu tun. Der Erzbischof von Köln hat sich vor Gericht zum Küchenjungen in der Gerüchteküche geschrumpft.