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Bürostuhl-Affäre, „Bild“, Umgang mit MissbrauchWoelki und die Justiz – Übersicht über Rechtsstreitigkeiten im Erzbistum Köln

Lesezeit 13 Minuten
Kardinal Rainer Woelki sitzt während eines Gottesdienstes im Dom zu Fulda während der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2022 auf einem barocken Stuhl.

Kardinal Rainer Woelki während eines Gottesdienstes

An diesem Dienstag, 28. März, muss der Kölner Kardinal Rainer Woelki vor dem Landgericht Köln erscheinen. Aus diesem Anlass zeigen wir, in welche Verfahren der Erzbischof und das Erzbistum derzeit involviert sind.

Es dürfte ein in der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik und der katholischen Kirche in Deutschland bislang einmaliger Vorgang sein: Am Dienstag, 28. März, muss Kardinal Rainer Woelki vor dem Landgericht Köln erscheinen. Die Pressekammer des Gerichts unter Vorsitz von Richter Dirk Eßer da Silva will den Kölner Erzbischof in einem von Woelki angestrengten presserechtlichen Streit gegen die „Bild“-Zeitung als Partei hören.

Das Verfahren gehört zu einer ganzen Reihe von Rechtsstreitigkeiten mit Medien, die Woelki von seinem Medienanwalt Carsten Brennecke aus der Kölner Kanzlei Höcker führen lässt. Neben den öffentlich bekannten Verfahren sind dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ weitere Fälle bekannt, in denen Brennecke gegen Berichterstattungen über Woelki und das Erzbistum vorging.

Das Erzbistum unter Woelkis Führung ist überdies in eine Reihe weiterer Verfahren vor unterschiedlichen Gerichten involviert. Darüber hinaus laufen seit November 2022 zwei strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kardinal.

Wir bieten eine Übersicht zu den bekannten Fällen, dem Stand und den Hintergründen.

Beförderung eines unter Missbrauchsverdacht stehenden Priesters

Fall 1

Gegenstand: Woelki klagt gegen die „Bild“-Zeitung und deren Chefreporter Nikolaus Harbusch

Instanz: Landgericht Köln

Stand: dritter Verhandlungstermin am 28. März.

Worum geht es? In diesem Verfahren geht es – wie in den nachfolgend geschilderten – um die Beförderung eines Geistlichen, der 2001 mit einem jugendlichen Prostituierten einen sexuellen Kontakt am Kölner Hauptbahnhof hatte. Die „Bild“-Zeitung berichtete im Mai 2021, die Beförderung sei 2017 erfolgt, obwohl Woelki belastende Inhalte in der Personalakte des Priesters gekannt habe, konkret die polizeiliche Warnung vor einem künftigen Einsatz des Priesters in der Kinder- und Jugendarbeit sowie das Protokoll einer kircheninternen Vernehmung. Woelki trat dem entgegen: Er habe zum Zeitpunkt der Beförderung nur unbestätigte „Gerüchte“ gekannt. In einer eidesstattlichen Versicherung erklärte er, ihm sei weder die Personalakte vorgelegt worden noch sei ihm die Warnung der Polizei bei der Beförderung bekannt gewesen.

Das Landgericht Köln hörte in dem Verfahren unter anderem die frühere Sekretärin von Kardinal Meisner. Diese berichtete, sie habe Woelki in dessen Zeit als Weihbischof um das Jahr 2011 in einem von Woelki erbetenen vertraulichen Telefonat ausführlich über Fragwürdigkeiten im Lebenswandel des Priesters unterrichtet. Kenntnisse hierüber habe sie aus erster Hand gehabt, da sie dem Geistlichen über Jahre hinweg freundschaftlich verbunden gewesen sei. Ihre Aussage vor Gericht begründete die Frau mit den Worten: „Das Lügen muss ein Ende haben.“ Zum Inhalt der Personalakte konnte die Frau nichts sagen. Sie habe darüber auch nicht mit Woelki gesprochen.

Der von ihr belastete Priester erstattete um die Jahreswende herum Anzeige wegen unwahrer Aussagen vor Gericht. Das Erzbistum betonte, nicht juristisch gegen die ehemalige Mitarbeiterin vorgehen zu wollen.

Der frühere Interventionsbeauftragte des Erzbistums, Oliver Vogt, gab in seiner Zeugenaussage vor dem Landgericht an, er habe 2015 zum Fall des Priesters Unterlagen für die Vorbereitung einer Anhörung zusammengestellt. Darin seien alle damals bestehenden Vorwürfe enthalten gewesen. Die Entscheidung zur Anhörung habe Woelki getroffen. Ob der Erzbischof die dazugehörige Interventionsakte gelesen habe, wisse er nicht. Er gehe aber davon aus.

Fall 2

Gegenstand: Woelki klagte gegen Berichte des „Bild“-Chefreporters Nikolaus Harbusch.

Instanz: Oberlandesgericht (OLG) Köln

Stand: Über die Berufungsklage wurde am 16. März 2023 letztinstanzlich entschieden.

Worum geht es? Das Landgericht Köln hatte der „Bild“-Zeitung in erster Instanz insgesamt sechs Aussagen aus mehreren streitigen Artikeln verboten. In der Berufungsklage hob das Oberlandesgericht Köln die Entscheidung der Vorinstanz in Teilen auf.

Nach der letztinstanzlichen Entscheidung durfte die „Bild“-Zeitung den Geistlichen „in zugespitzter Wertung“ im Kontext des Artikels als „Missbrauchspriester“ bezeichnen und dementsprechend auch berichten, dass Woelki den „Missbrauchspriester befördert“ hat, obwohl er von Vorwürfen gegen den Geistlichen wusste. Es sei „unstreitig“, dass der Priester im Jahr 2001 am Kölner Hauptbahnhof „vor einem minderjährigen und obdachlosen Prostituierten gemäß einer zuvor getroffenen Ansprache sexuelle Handlungen vorgenommen“ habe. Es stehe der „Bild“-Zeitung frei, dieses Verhalten als Missbrauch zu bewerten. Auch durfte die Zeitung über eine „Vertuschungs-Mafia“ im Erzbistum schreiben, insoweit es dabei nicht um Woelkis Amtszeit als Erzbischof geht.

Dagegen bestätigte das OLG die Verbote etlicher Aussagen aus den „Bild“-Berichten über den Fall des beförderten Missbrauchspriesters. Unter anderem darf dieser nicht als „Sexualstraftäter“ bezeichnet werden, weil der sexuelle Kontakt des Geistlichen mit dem Prostituierten 2001 keine Straftat war. Das Gericht verbot überdies die Behauptung, Woelki habe Unterlagen über den Fall geheim gehalten.

Im Zusammenhang mit dieser juristischen Auseinandersetzung klagte die „Axel Springer SE“, in der die „Bild“-Zeitung erscheint, ihrerseits gegen Woelki-Anwalt Carsten Brennecke von der Kanzlei Höcker. Vor dem Landgericht Berlin musste Brennecke sich im Januar 2023 verpflichten, öffentlich erhobene Vorwürfe gegen die Zeitung und ihren Autor zu unterlassen wie „frei erfundene Falschdarstellung“, „rechtswidrige haltlose Verdächtigungen zu Lasten von Kardinal Woelki“, „frei erfundene Märchen“, „… dachte sich eine schöne Geschichte zu einem Vertuschungs-Mafia-Bericht aus“, „Erzählen von Lügenmärchen“ oder die Rede von einer „Verleumdungskampagne“.

Fall 3

Gegenstand: Verdacht auf Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung durch Kardinal Woelki

Instanz: Staatsanwaltschaft Köln

Stand: Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Woelki laufen seit Ende November 2022. Einen Abschluss hat der zuständige Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn für den Frühsommer in Aussicht gestellt. Woelki bestreitet die Vorwürfe.

Worum geht es? Die frühere Sekretärin von Kardinal Joachim Meisner hatte als Zeugin vor dem Landgericht Köln detailliert geschildert, dass sie Woelki um 2011 herum ausführlich über den Lebenswandel des 2017 beförderten Geistlichen informiert hatte (siehe oben). Die Ermittler verfolgen jetzt die Frage, ob Woelkis Angaben über die Kenntnis bloßer „Gerüchte“ falsch waren. Eine Falschaussage an Eides statt wird nach Paragraf 156 des Strafgesetzbuchs mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.

Umgang mit dem Missbrauchsfall des früheren „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz

Fall 1

Instanz: Landgericht Köln

Gegenstand: Klage Woelkis gegen den Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller. Dem Theologen sollten Bewertungen des Falls in der „Bild“-Zeitung verboten werden

Stand: Woelki hat seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Schüller zurückgenommen. Der Fall ist damit zugunsten von Schüller abgeschlossen.

Worum geht es? Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, hatte 2014 im Zuge von Missbrauchsvorwürfen gegen den 2019 verstorbenen früheren „Sternsinger“-Präsidenten Winfried Pilz eine Kirchenstrafe sowie Kontaktbeschränkungen verhängt. Die Information hierüber gab das Erzbistum jahrelang nicht an das Bistum Dresden-Meißen weiter, wo Pilz bis zu seinem Tod als Ruhestandsgeistlicher lebte. Schüller beurteilte das in der „Bild“-Zeitung als „klare Dienstpflichtverletzung von Woelki“ und verband dies mit der Bewertung, dass Pilz „wegen seiner Prominenz bei Woelki unter Denkmalschutz“ gestanden habe.

Im Zuge der Rechtsstreitigkeiten über die Berichterstattung zum Fall Pilz gab Woelki im August 2022 eidesstattliche Versicherungen ab, denen zufolge er vor Ende Juni 2022 nie mit dem Fall Pilz befasst worden sei. Dass Meisner den Fall pflichtwidrig nicht nach Dresden gemeldet hatte, sei ihm unbekannt gewesen. Daher habe er auch keinen Anlass gehabt, selbst tätig zu werden oder sich gar aktiv gegen eine Nachmeldung zu entscheiden.

Fall 2

Gegenstand: Klage Woelkis gegen die „Bild“-Zeitung und deren Chefreporter Nikolaus Harbusch

Instanz: Landgericht Köln

Stand: Mündliche Verhandlung steht bevor

Worum geht es? Woelki wehrt sich auch hier gegen die Darstellung, er habe sich persönlich mit der versäumten Meldung von Sanktionen gegen Pilz an das Bistum Dresden-Meißen befasst und sich pflichtwidrig gegen das Nachholen dieser Information entschieden.

Fall 3

Gegenstand: Ermittlungsverfahren gegen Woelki wegen des Verdachts auf Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung

Instanz: Staatsanwaltschaft Köln

Stand: Die Anfang November 2022 eingeleiteten Ermittlungen laufen. Einen Abschluss hat der zuständige Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn für den Frühsommer in Aussicht gestellt.

Worum geht es? Nachdem die Staatsanwaltschaft Köln noch im Oktober 2022 keinen Anlass für Ermittlungen wegen des Verdachts einer strafbaren Falschaussage Woelkis zu seinen Kenntnissen im Fall Pilz gesehen hatte, revidierte sie diese Einschätzung nach einem Interview der Bistumsmitarbeiterin Hildegard Dahm. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ widersprach die frühere Sekretärin des Personalchefs im Erzbistum Woelkis Darstellung, er sei mit dem Fall Pilz erst 2022 befasst worden. Dahm konnte auf eine im Jahr 2015 eigens für Woelki erstellte Liste mit 14 Täternamen verweisen – unter ihnen auch der von Pilz. Sie habe Woelki zweifelsfrei mit dem Fall Pilz befasst, erklärte sie. Die Liste sei dem Kardinal von ihrem Chef auch übergeben worden.

Das Erzbistum stellte Dahms Aussagen in Zweifel und warf ihr vor, Teil einer gegen Woelki gerichteten Kampagne zu sein. Eine angekündigte Prüfung arbeitsrechtlicher Schritte gegen Dahm, was auch im Erzbistum als kaum verhohlene Drohung gegen die Mitarbeiterin und alle etwaigen Whistle-Blower verstanden wurde, verlief nach heftiger Kritik auch aus den Reihen der erweiterten Bistumsleitung im Sande.

Eine zweite für Woelki erstellte Täterliste aus dem Jahr 2015 wurde von diesem nach Bistumsangaben aus Gründen des Datenschutzes geschreddert.

Führungsposten der „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“ (KHKT)

Fall 1

Gegenstand: Klage der früheren KHKT-Geschäftsführerin Martina Köppen, die im Oktober 2022 als Geschäftsführerin der KHKT-Stiftung freigestellt und als Kanzlerin der Hochschule abberufen wurde.

Instanz: Landgericht Köln

Stand: Verhandlung noch nicht terminiert

Worum geht es? Kardinal Woelki hatte die frühere Leiterin des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg, Martina Köppen, die er aus seiner Zeit als Erzbischof von Berlin kannte, für den Aufbau der KHKT nach Köln geholt. Köppen sollte sich unter anderem um die mittelfristige Finanzierung von Woelkis hoch umstrittenem Prestige-Projekt über Sponsoren und Drittmittel kümmern. Woelki versprach den Bistumsgremien, keine Kirchensteuermittel für die KHKT einzusetzen – was er inzwischen als allenfalls anfängliche Zusage verstanden wissen will. Im Lauf der Jahre fiel Köppen in Ungnade. Im Oktober 2022 wurde sie als Geschäftsführerin der KHKT-Trägerstiftung freigestellt. Auch als Kanzlerin der Hochschule sollte Köppen abgelöst werden. Mit der Klage vor dem Landgericht will Köppen unter anderem festgestellt wissen, dass sie sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.

Fall 2

Gegenstand: Klage der früheren KHKT-Geschäftsführerin

Instanz: Arbeitsgericht Köln

Stand: Gütetermin ohne Einigung beendet, Fortgang des Verfahrens offen

Worum geht es? In diesem Rechtsstreit geht es unter anderem um die Frage, ob die frühere KHKT-Geschäftsführerin Martina Köppen bei der KHKT-Stiftung beschäftigt ist oder beim Erzbistum Köln, bei dem sie zunächst unter Vertrag stand. Diese Anstellung hatte öffentlich für Aufsehen gesorgt, als öffentlich der Vorwurf lanciert wurde, Köppens Vertrag habe aufgrund von Fehlern der Bistumsverwaltung Klauseln zu Köppens Gunsten enthalten, die den Bistumshaushalt mit mehreren Hunderttausend Euro belasteten. Der zuständige Hauptabteilungsleiter wies den Vorwurf im „Kölner Stadt-Anzeiger“ zurück und machte geltend, Köppens Vertrag sei „auf höhere Weisung“ – und damit auf ausdrücklichen Wunsch der Bistumsleitung - so üppig gestaltet worden.

Entschädigungsklage eines Missbrauchsopfers

Gegenstand: Haftung des Erzbistums für Missbrauchstaten von Geistlichen

Instanz: Landgericht Köln

Stand: Mündlicher Verhandlungstermin für 13. Juni angesetzt.

Worum geht es? In dem Musterverfahren geht es um Schmerzensgeldforderungen von insgesamt 800.000 Euro. Der Kläger war als Messdiener in den 1970er Jahren mehr als 300-mal von einem Priester missbraucht worden. Er wirft der damaligen Bistumsleitung vor, weggeschaut und weitere Taten nicht durch ein entschiedenes Vorgehen gegen den Geistlichen verhindert zu haben. Kardinal Woelki erkennt sowohl die Geschehnisse als auch die Amtshaftung des Erzbistums an. Zudem verzichtete in diesem Fall auf die Einrede der Verjährung. Nachdem sich die Prozessparteien im Dezember nicht auf einen Vergleich hatten einigen können, muss das Gericht nun im Rahmen der Hauptverhandlung die Höhe des Schmerzensgeldes festlegen. Das Gericht deutete an, dass sich die Summe im sechsstelligen Bereich bewegen, aber hinter der Forderung des Klägers zurückbleiben könnte.

Die Bürostuhl-Affäre

Gegenstand: Kündigungsschutzklage der früheren Bistumsjustiziarin

Instanz: Landesarbeitsgericht Köln

Stand: Verhandlungstermin vor dem Landesarbeitsgericht Ende Februar von beiden Parteien abgesagt. Mutmaßlich außergerichtliche Einigung auf eine Abfindung. Die Parteien wollten keine Angaben machen.

Worum geht es? Das Erzbistum hatte der früheren Leiterin der Stabsabteilung Recht im Jahr 2021 fristlos mit dem Vorwurf gekündigt, die inzwischen langfristig erkrankte Top-Juristin habe während des Corona-Lockdowns 2020 unerlaubt einen eigens für sie angefertigten Bürostuhl mit ins Homeoffice genommen. Dagegen hatte die Frau geklagt und in erster Instanz Recht bekommen.

Das Kölner Arbeitsgericht erachtete die außerordentliche Kündigung in Anbetracht der besonderen Umstände in der Pandemie für unwirksam, ebenso wie die Versetzung der Justiziarin in den einstweiligen Ruhestand. Diesen Schritt hatte das Erzbistum mit der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit der Mitarbeiterin begründet. Die Klägerin ihrerseits scheiterte vor dem Arbeitsgericht mit einer Schmerzensgeld-Forderung in Höhe von mindestens 50.000 Euro. Ihr Anwalt Stephan Vielmeier erklärte dazu, es habe seine Mandantin krank gemacht, dass sie im Missbrauchsskandal des Erzbistums ohne hinreichende Begleitung mit den „abstoßenden und belastenden Details“ der Vergehen von Priestern an Kindern und Jugendlichen befasst gewesen sei. Außerdem habe sich seine Mandantin durch das Erzbistum gemobbt gefühlt.

Das Gericht war hier der Auffassung, der Umgang mit den Missbrauchsfällen sei für die Justiziarin zumutbarer Teil ihrer Aufgabe gewesen. Um eine angemessene psychosoziale Unterstützung hätte sie sich in ihrer herausgehobenen Position selbst bemühen müssen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hatten beide Seiten Berufung eingelegt.

Anstellungsverhältnis im Generalvikariat

Gegenstand: Eine leitende Bistumsmitarbeiterin klagt auf Übernahme in ein beamtenähnliches Arbeitsverhältnis.

Instanz: Landesarbeitsgericht Köln

Stand: Verhandlung im Berufungsverfahren am 8. August

Worum geht es? Eine Spezialität im kirchlichen Arbeitsrecht ist die Übernahme von Beschäftigten in ein beamtenähnliches Arbeitsverhältnis. Ein solcher Vertrag ist komfortabel, bringt die Mitarbeitenden unter anderem in den Genuss einer Pension nach Beamtenrecht. Die Klägerin, die seit langem für das Erzbistum arbeitet, will erreichen, dass ihr Arbeitgeber sie genau so behandelt wie etwa 60 Kolleginnen und Kollegen. Sie macht dafür den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend und wendet sich gegen eine „willkürliche“ Behandlung. Das Erzbistum pocht auf seinem Recht auf freies Ermessen und Einzelfallentscheidungen. Vor Gericht wurde deutlich, dass die Mitarbeiterin sich mit ihrem Anliegen auch an Kardinal Woelki gewandt hat. Im Hintergrund steht in diesem Verfahren auch die Frage, wie weit das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen im Bereich des Arbeitsrechts reicht.

Missbrauchs-Serientäter Pfarrer Ue.

Gegenstand: Strafanzeigen gegen Woelki und andere Bistumsverantwortliche wegen ihres Umgangs mit dem Fall Ue.

Instanz: Staatsanwaltschaft Köln

Stand: Die Staatsanwaltschaft hat einen Anfangsverdacht im Juli 2022 verneint und keine Ermittlungen aufgenommen.

Worum geht es? Nach der Verurteilung des Missbrauchs-Serientäters Pfarrer Ue. zu einer zwölfjährigen Haftstrafe im Februar 2022 gab es mehr als 30 Strafanzeigen gegen Kardinal Woelki und andere hochrangige Würdenträger. Die Anzeigen betrafen unter anderem den Vorwurf der Beihilfe zum sexuellen Missbrauch. Im Strafprozess vor dem Kölner Landgericht hatte sich herausgestellt, dass Ue. seine Missbrauchstaten auch in der Zeit fortsetzte, als das Erzbistum bereits über die Vorwürfe von Opfern informiert war und den Geistlichen zeitweilig beurlaubt hatte. Die Vergehen Ue.s an Kindern und Jugendlichen dauerten bis mindestens 2019 an. Verurteilt wurde Ue. letztlich wegen insgesamt 110 Missbrauchsvergehen an neun Mädchen in Gummersbach, Wuppertal und Zülpich in der Zeit von 1993 bis 2018. Das jüngste Opfer war zur Tatzeit neun Jahre alt.

Die Staatsanwaltschaft sah mit Blick auf frühere und heutige Bistumsverantwortliche keine „zureichenden Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten“ und lehnte es ab, Ermittlungen einzuleiten. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller warf der Justiz daraufhin eine „Beißhemmung“ gegenüber der Kirche vor.

Die Kosten

Fragen nach den Kosten für die Rechtsstreitigkeiten beantwortete das Erzbistum nur allgemein. Die Aufwendungen schwankten jährlich, „je nachdem, welche inhaltlichen Projekte und Themen gerade anstehen“. Allerdings informierte Generalvikar Guido Assmann im Dezember 2022 intern über eine Wirtschaftsplan-Abweichung in Höhe von 450.000 Euro „für Rechtsberatungskosten in diversen Bereichen“.

Für die Aufwendungen der Erzbischöflichen Verwaltung stünden „grundsätzlich alle Erträge als Deckungsmittel zur Verfügung“, teilte eine Bistumssprecherin auf Anfrage mit. Eine Zuordnung von Aufwendungen zu Erträgen erfolge nur im besonderen Fall zweckgebundener Erträge. „Rechtsberatungskosten werden daher aus den ordentlichen Erträgen des Erzbistums Köln gedeckt, die wichtigste Einnahmequelle ist die Kirchensteuer.“