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KünstlerseelsorgerEngelskirchener Diakon hat Nobelpreisträger zu Gast

Lesezeit 4 Minuten
Ein Porträtbild.

Patrick Oetterer ist Künstlerseelsorger des Erzbistums Köln und veranstaltet den alljährlichen „Aschermittwoch der Künstler“.

Diakon Patrick Oetterer ist seit einem Jahr der Kunstbeauftragte des Erzbistums. Der Aschermittwoch ist für ihn der wichtigste Tag im Jahr.

Die Kunst ist im Hause Oetterer allgegenwärtig. An den Wänden des Pfarrhauses von Engelskirchen-Osberghausen hängt moderne Malerei, Ausstellungskataloge und Bildbände stehen wohlgeordnet im Regal. Während Patrick Oetterer (63) Kaffee nachschenkt, arbeitet seine Frau Gabi, eine Diplomdesignerin und Kunsterzieherin, in ihrem Atelier nebenan. Und draußen erhebt sich St. Mariä Namen, ein katholisches Gotteshaus, das sich seit 2018 als „Culturkirche Oberberg“ etabliert hat.

Der Ruf der Culturkirche, sagt Patrick Oetterer, sei sicher ausschlaggebend dafür gewesen, dass er im vergangenen Jahr zum „Künstlerseelsorger“ des Kölner Erzbistums berufen wurde. Diese Arbeit macht nun die andere Hälfte seines Aufgabenspektrums aus, das ansonsten von den seelsorgerischen Pflichten eines normalen Diakons bestimmt ist, von Taufen, Trauungen und Beerdigungen.

Hunderte Künstler kommen zum Kölner Aschermittwoch

Die Funktion des Künstlerseelsorgers des Erzbistums ist eng mit dem „Aschermittwoch der Künstler“ verbunden, den es in Köln seit den 1950er Jahren gibt. Die Künstlerseelsorge soll den Austausch der Kirche mit den Künstlerinnen und Künstlern fördern und sich ihnen als Ansprechpartner anbieten. Und die wichtigste Veranstaltung dafür ist das jährliche Aschermittwochstreffen in Köln, eine Art Fachtagung von mehr als 300 kreativen Köpfen mit Verbindung zur katholischen Kirche.

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

Künstler sind Persönlichkeiten, die tief suchen und der Frage nachgehen: Was ist der Mensch?
Patrick Oetterer, Künstlerseelsorger

Der Auftakt zur Fastenzeit, sagt Oetterer sei „ein Moment des Innenhaltens, ein Memento Mori, ganz nah an der künstlerischen Auseinandersetzung“. Der Tag beginnt mit einer Heiligen Messe in der Kirche St. Aposteln, wo der Erzbischof das Aschekreuz erteilt. Danach lädt Rainer Maria Kardinal Woelki zum Empfang ins Maternushaus. Am Nachmittag begrüßt Künstlerseelsorger Patrick Oetterer die Gäste zu einem Podiumsgespräch mit einem prominenten Stargast: Der norwegische Literaturnobelpreisträger Jon Fosse spricht über seine Arbeit, Leitgedanke ist eine Interviewäußerung des 2013 zum Katholizismus konvertierten Schriftstellers: „Alles, was ich schreibe, ist eine Art Gebet“.

Abends liest Fosse im Kolumba-Museum, wo ihm Oetterer dann am Donnerstag den Ludwig-Mülheims-Theaterpreis überreicht. Der Vorsitz im Kuratorium dieser Auszeichnung ist eine weitere Aufgabe des Künstlerseelsorgers. Der Theaterpreis ist nach einem rheinischen Schauspieler und Regisseur benannt und mit 25.000 Euro dotiert. Er fördert „eine offene Begegnung zwischen gegenwärtiger Theaterlandschaft, den Autoren und der Religion“.

Gummersbacher Künstler im Maternushaus

Der Verbindung von Kirche und Kunst im Rahmen der Kölner Künstlerseelsorge dienen zudem Ausstellungen im Maternushaus. Noch bis zum 12. März zeigt Oetterer dort Arbeiten des Gummersbacher Fotokünstlers Dieter Otten. Für Oetterer ist die Funktion des Seelsorgers mit Draht zur Kunst eine Berufung. „Das war ja schon immer mein Thema.“ In vielen Kontakten zu Künstlerinnen und Künstlern aller Genres, bei Atelierbesuchen, die „ihn kreuz und quer durch das Erzbistum“ führen, hat er Persönlichkeiten kennengelernt, „die tief suchen und der Frage nachgehen: Was ist der Mensch?“

Zugleich hat Oetterer ein Bewusstsein für die oft prekäre wirtschaftliche Situation von Künstlern bekommen. Umso froher ist er, wenn er sie mit Mitteln der Jakob-Eschweiler-Stiftung unterstützen kann, noch eine Aufgabe des Künstlerseelsorgers. Und als Vorsitzender der Kölner Künstlerunion will er demnächst ein Stipendium für einen „artist in residence“ vergeben.

Die Kirche war eigentlich immer auf der Höhe der Zeit. Michelangelo war in seiner Zeit ein Provokateur.
Patrick Oetterer, Künstlerseelsorger

Zum 1. Januar 2024 hat Patrick Oetterer in diesem Amt die Nachfolge von Prälat Josef Sauerborn angetreten. Oetterer wurde 1962 in Dorsten am Rande des Münsterlands geboren, „eine fromme Familie mit sechs Kindern“. Er studierte Katholische Theologie, Philosophie sowie Ur- und Frühgeschichte an der Universität Münster. Seine berufliche Laufbahn im kirchlichen Dienst begann er als pädagogischer Mitarbeiter des Bildungswerks der Erzdiözese Köln.

Nach einer Tätigkeit als Referent für Kunst und Kultur im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz ging er 2001, im Jahr seiner Diakonenweihe, als Redakteur zum Kölner Domradio. Von dort wechselte er 2005 ins Erzbischöfliche Generalvikariat und leitete zuletzt seit 2016 das Referat Geistliches Leben und Exerzitienhaus.

Als Künstlerseelsorger steht Patrick Oetterer der Kunstkommission des Erzbistums vor, die bei allen baulichen Veränderungen in den Kirchen beteiligt werden muss und Fortbildungen veranstaltet. Er bedauert, dass die Ästhetik in der katholischen Priesterausbildung heute kaum eine Rolle spielt. Die historische Bedeutung der Kunst werde damit verkannt.

„Die Kirche war eigentlich immer auf der Höhe der Zeit“, betont Oetterer. „Michelangelo war in seiner Zeit ein Provokateur.“ Die Kunst eröffne einen neuen Zugang zu Glaubensfragen, sie lasse den unsichtbaren Gott sichtbar werden, ohne ihm sein Geheimnis nehmen zu wollen. „Ohne Kunst geht es nicht“, ist Patrick Oetterer überzeugt, „das weiß die Kirche seit 2000 Jahren.“