Kommentar zu Kölner Schulen in der Corona-KriseEltern, chillt euch!
Köln – Unbestritten: Es gibt auch nach einem Jahr Corona immer noch zu wenig Laptops und Tablets an den Schulen. Die Konzepte zum Digitalunterricht sind ausbaufähig. Und es ist ein Armutszeugnis, dass 2021 in einem Land wie Deutschland eine Pandemie dafür sorgen muss, dass jedem Kind in einer weiterführenden Schule ein Endgerät zur Verfügung gestellt wird. Trotzdem möchte man vielen aufgeregten Eltern zurufen: Chillt euch!
Selbst zwei Brauchtumstage werden die Bildungskarriere eurer Kinder nicht nachhaltig torpedieren. Schaut nicht panisch auf das, was in der Pandemie an Unterrichtsstoff vermeintlich nicht vermittelt wird. Schaut zwischendurch auch mal auf das, was eure Kinder in dieser Zeit alles gelernt haben, und das auf keinem Lehrplan steht: Selbstorganisation, digitale Kompetenzen, Teamwork auf Lernplattformen, Resilienz.
Das sind die Kölner Ergebnisse im Schul-Check:
Schaut auf das, was Schulen im zweiten Lockdown an Konzepten aus dem Boden gestampft haben, obwohl sie von der Landespolitik alleine gelassen wurden. Und vertraut darauf, dass das wirklich Wichtige nachgeholt wird. Am Ende werden sich eure Kinder nicht daran erinnern, ob sie im Februar 2021 die binomische Formel gelernt haben, sondern daran, welche Erfahrung sie mit dem Lernen gemacht haben in der Pandemie. Wichtig wäre, wenn Eltern nach der Pandemie die politische Debatte mit anstoßen würden, ob Bildung wirklich bedeutet, dass Schüler eine bestimmte Summe von Inhalten drauf haben, von denen sie das meiste ohnehin wieder vergessen. Oder ob es in einer digitalisierten Welt nicht in Wahrheit auch auf andere Kompetenzen ankommt.
Noch wichtiger wäre , endlich viel mehr öffentlich darüber zu sprechen, wo derzeit die wirkliche Bildungskatastrophe stattfindet: In den Haupt- und Realschulen, in Schulen in sozialen Brennpunkten. Auch in Köln gibt es solche Schulen, in denen noch kein Tablets angekommen ist. In denen es keine digital affinen jungen Kollegen gibt, die ältere Kollegen an die Hand genommen und an digitalen Geräten geschult haben, weil es nicht genug Schulungen gab. In denen es Schüler gibt, in deren Elternhäusern es kein stabiles WLAN gibt und Schulleiter Klinkenputzen gehen, um Spenden für Pre-Paid-Karten für ihre Schüler zusammenzubringen.
Eigentlich hätten an diesen Schulen die ersten Lieferungen der digitalen Geräte ankommen müssen. Dort hätten Lehrer als erste gezielt geschult werden müssen. Weil dort Kindern wirklich durch diese Pandemie die Zukunft genommen wird. Es gibt in dieser Pandemie eine Priorisierung, die die Benachteiligten weiter benachteiligt. Das hat auch der „Schul-Check“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ klar belegt. Wie es diesen Schülern nach Corona geht, daran muss sich auch die Stadt Köln messen lassen. Sonst wird alles Gerede von Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit zur Heuchelei.
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