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Kommentar

Kölner Posse
Zu spät, zu schweigsam – Stadt beweist im Wegerechtsstreit schlechten Stil

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Lesezeit 2 Minuten
Zwei Menschen stehen vor einer Häuserwand.

Das Ehepaar Latif Bekiri und Perwin Sakar-Bekiri soll nun endlich auch legal die Straße betreten dürfen, die zu ihrem Haus führt.

Die Stadt Köln widmet eine Junkersdorfer Privatstraße um. Damit könnte ein jahrelanger Wegerechtsstreit enden. Das ist zwar gut, kommt aber viel zu spät.

Unbescholtenen Menschen wird per Gerichtsurteil untersagt, die Straße zu betreten, die zu ihrem eigenen Haus führt. Andernfalls droht ihnen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Wochen Haft. Selten findet man in der an Possen reichen deutschen Bürokratie eine Zuspitzung mit solcher Tragweite. Dass der Anwalt des betroffenen Kölner Ehepaars das Urteil leicht hätte verhindern können, wenn er rechtzeitig ein Notwegerecht beantragt hätte, ist eine juristische Randnotiz.

Denn die Stadt Köln hätte jederzeit verhindern können, dass der Streit ums Wegerecht in einer Stichstraße des Stüttgerhofwegs in Junkersdorf überhaupt in einem Urteil gipfelt, das der zuständige Richter selbst mit dem Verweis formulierte, dass es „vollkommen unsinnig“ erscheine, dass die Beklagten ihr Grundstück nicht betreten dürften. Die Stadt Köln hätte lediglich sofort tun müssen, was sie nun nach öffentlichem Druck und vier Jahre nach Beginn der Eskalation in der Straße tat: Die Sackgasse öffentlich zu widmen – so wie es ein notarieller Vertrag aus der Zeit, als die Straße gebaut wurde, es vorsieht.

Die Stadt Köln hat es versäumt, frühzeitig ihre Rechtsauffassung durchzusetzen

Immer wieder wurde das Ehepaar, das auf die Umwidmung drängte, vertröstet. Der Fall sei kompliziert, man suche nach einer „einvernehmlichen Lösung“ hieß es in Antworten auch an den „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Vermutung liegt nahe, dass der Stadt das Thema nicht nur kompliziert, sondern auch lästig erschien: Immerhin ging es auch um viel Geld. Die Eigentümerin wollte dem Vernehmen nach den Baulandpreis für die Straßenfläche bei einer Umwidmung zugrunde legen – der Grundsteuerwert beträgt Gerichtsunterlagen zufolge rund eine Million Euro. Die Anwältin des Ehepaars meint, es handele sich um Straßenland. Dann wäre die zu erwerbende Fläche nur rund 5000 Euro wert.

Unabhängig von den Kosten hat die Stadt Köln es versäumt, frühzeitig ihre Rechtsauffassung durchzusetzen. Und damit zu verhindern, einem willkürlichen Gebaren der Straßeneigentümerin, das der Kölner Amtsrichter als „objektiv ungerecht“ bezeichnete, Einhalt zu gebieten. Von der Entscheidung, die Stichstraße jetzt doch öffentlich zu widmen, hat die Stadt Köln das Ehepaar nicht persönlich unterrichtet. Das mag mit der am Ende kühlen Kommunikation zu tun haben, die ihr vorläufiges Ende in der Ankündigung des Ehepaars fand, die Stadt zur Not auf Schadensersatz zu verklagen. Schlechter Stil ist beides: das zu späte Handeln wie das Vorenthalten der für die Betroffenen wichtigsten Nachricht des Jahres.