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Kommentar zur CoronakriseDer Zweifel ist der siamesische Zwilling der Angst

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Die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens machen gerade vielen Menschen Angst. 

Liebe Leserinnen und Leser,

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Carsten Fiedler, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“

über das Wort des Jahres braucht sich 2020 niemand Gedanken zu machen. Aber was sind die Begriffe, die außer „Corona“ jetzt in aller Munde sind? Ich nenne Ihnen die beiden, die ich ganz oben auf der Liste habe, und vielleicht kommen Sie ja zum gleichen Ergebnis: Angst und Zweifel.

Die Angst geht nun schon länger um, und sie hat sich durch die vom Bund, von den Ländern und den kommunalen Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus nur verlagert.

Als im Kreis Heinsberg die Zahl der an Covid-19 Erkrankten stieg und die ersten Patienten starben (gerade zwei Wochen ist das erst her), da beschlich viele Menschen die Angst um die eigene Gesundheit und das Leben ihrer Liebsten. Die Nachrichten aus Italien taten ein Übriges. Mit dem Erlahmen und Erliegen des öffentlichen Lebens sind nun auch Zukunftsängste hinzugekommen, die sich etwa um den Erhalt des eigenen Arbeitsplatzes drehen. Die Politiker tun viel, um uns diese Ängste zu nehmen. Aber wenn sie ehrlich sind, müssen sie zugeben, dass auch sie für nichts garantieren können.

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Und so ist der Zweifel der siamesische Zwilling der Angst. Wenn Staat und Gesellschaft nun alles auf eine Karte setzen, um einer unsichtbaren, schwer kalkulierbaren und bislang nicht direkt zu bekämpfenden Gefährdung Herr zu werden, dann hätten wir doch wenigstens gern die Gewissheit, dass das alles auch funktioniert. Doch darüber können nicht einmal die Naturwissenschaftler präzise Aussagen machen.

Können wir Angst unterdrücken, müssen wir uns Zweifel verbieten?

Mir fiel ein Gedicht des österreichischen Lyrikers Erich Fried ein. Sinnigerweise trägt es den Titel „Angst und Zweifel“:

Zweifle nichtan demder dir sagter hat Angstaber hab Angstvor demder dir sagter kennt keinen Zweifel

In dieser Krise werden wir die Angst nicht loswerden können, ja nicht einmal dürfen. Die Angst bewahrt uns vor Leichtfertigkeit, die alles hinfällig machen könnte, was uns allen jetzt schon abverlangt worden ist. Auch die Zweifel werden bleiben und die kritischen Fragen: Ist das alles richtig, was wir tun? Welchen Preis werden wir dafür zahlen müssen?

Solche Fragen sind wichtig. Sie setzen die Experten, denen die Politiker jetzt notgedrungen vertrauen, unter Druck. Was wir gerade erleben, kann nicht von unbegrenzter Dauer sein. Deutschland – nein, die Welt – ist kein Großlabor für ein Langzeit-Experiment.

Behalten wir also unsere Zweifel, aber halten wir sie noch eine Weile zurück. Damit wir eine Chance haben, diese Krise zu überwinden.

Bleiben Sie gesund! Achten Sie auf sich und Ihre Nächsten!