Kommunalwahl in KölnZwei ehemalige Polit-Rivalen jetzt bei Freien Wählern vereint
- 45 Wahlbezirke gibt es in der Stadt. Bis zur Wahl am 13. September, bei der auch Oberbürgermeister, Bezirksvertretungen und Integrationsrat neu gewählt werden, berichten wir aus allen Veedeln der Stadt.
- Heute: Wahlbezirk 9, Godorf, Sürth, Weiß und Stimmbezirke in Rodenkirchen. Dort treten die beiden ehemaligen Spitzenbeamten der Kölner Stadtverwaltung Klaus Fruhner und Andreas Henseler für die Freien Wähler an.
- Ihre Aussichten auf Mandat im Stadtrat sind minimal. Was ihr Engagement für bürgerorientierte Politik auf Kommunal-Ebene nicht hemmt.
Rodenkirchen – Dass die beiden ehemaligen Spitzenbeamten der Stadtverwaltung irgendwann einmal im Wahlkampf Seite an Seite stehen werden, hätten sie selber am allerwenigsten gedacht. Klaus-Otto Fruhner, von 1987 bis 2003 als Wirtschafts- und Planungsdezernent ein nicht ganz unwichtiger Mann in der CDU, und Ex-Schuldezernent Andreas Henseler, vor 20 Jahren einer der führenden Köpfe der Parteilinken in der SPD, haben in fortgeschrittenem Alter politisch zueinander gefunden. Beide treten bei der Wahl des Stadtrates am 13. September für die Freien Wähler Köln an; Fruhner im südlichsten Wahlbezirk, zu dem Godorf, Weiß, Sürth sowie ein Teil Rodenkirchen gehören, Henseler in Raderthal, Bayenthal und Marienburg.
Anfang des Jahres habe ihn sein Ex-Kollege beim traditionellen Festessen ehemaliger Dezernenten im Hansasaal des Rathauses gefragt, ob er bei den Freien Wählern mitmachen wolle, sagt Fruhner. Eine Woche später habe er den Antrag auf eine Schnupper-Mitgliedschaft unterschrieben, ein gutes halbes Jahr später wurde er als Kandidat für die Kommunalwahl benannt - und für seine Untreue ebenso schnell wie erwartbar aus der CDU ausgeschlossen.
Gemeinsam gegen Ausbau des Godorfer Hafens
Der 76-Jährige, der als Honorarprofessor an der Uni in diesem Wintersemester zum 44. Mal seine Lehrveranstaltung „Große Pläne und Projekte in Köln“ abhält, ist über sein Engagement gegen den Ausbau des Godorfer Hafens zur Basispolitik gekommen. Die Erweiterung, an deren Planung er einst selber mitwirkte, sei zu keiner Zeit nötig gewesen, findet er. Denn der Hafen in Niehl sei nach wie vor nicht ausgelastet, er biete noch genügend Flächen. Deshalb bestehe kein Bedarf für einen vergrößerten Hafen an der südlichen Stadtgrenze. Das Millionenvorhaben wäre für die Hafengesellschaft und damit letztlich für die Steuerzahler zu einem Verlustgeschäft geworden, sagt Fruhner. „Die Bedingung für den Ausbau war stets, dass Niehl voll ist. Aber das war nie der Fall.“
Bis auf die SPD hatte zuletzt niemand mehr den im vorigen Jahr aufgegebenen Hafenausbau befürwortet. Hätte er sich da nicht ebenso gut in der CDU um eine Kandidatur bemühen können? Warum hat er sich nicht den Grünen angeschlossen, warum nicht der FDP? Wichtig sei für ihn nicht allein, dass man in den politischen Zielen übereinstimme, sagt Fruhner. Die persönliche Zusammenarbeit müsse ihm Spaß machen, und genau das sei bei den Freien Wählern der Fall.
Keine Hierarchie bei den Freien Wählern
Die Freien Wähler: Das sind von einander unabhängige Wählergruppen in Städten und Gemeinde, die zwar einen Dachverband haben, einen hierarchischen Aufbau wie in einer Partei jedoch ablehnen. In Bayern, ihrer Hochburg, sind sie an der Landesregierung beteiligt. In NRW haben sie nicht annähernd so viel Bedeutung. Gleichwohl sind die aus dem von Henseler mitgegründeten Kölner Bürger Bündnis hervorgegangenen Freien Wähler seit 2004 mit mindestens einem Mandat vertreten. Im Stadtgebiet hat die Gruppe rund 50 Mitglieder, von denen die Hälfte „aktiv mitmacht“, wie Henseler es nennt. Zwei Dutzend Männer und drei, vier Frauen, allesamt nicht mehr ganz jung.
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Netzwerk alter, weißer Kölner Männer
„Das größte Kapital bei uns sind Lebens- und Berufserfahrung“, antwortet Henseler auf die Frage nach dem ungefähren Altersdurchschnitt. Die Freien Wähler Köln, ein Netzwerk alter weißer Männer? „Absolut“, sagt deren Ratsherr und Spitzenkandidat Walter Wortmann. „Aber wir sind alles andere als aalglatt und gesättigt“, betont der selbstständige Unternehmensberater, der sich im Rathaus vor allem der Stadtentwicklung und der Finanzpolitik widmet.
Es gehe „um bürgerorientierte Politik auf der unteren staatlichen Ebene, den Kommunen“, beschreibt Henseler den Grundgedanken der Freien Wähler. Ein Parteiprogramm, das alle Themenfelder umfasst, gibt es nicht. Das Personal würde ohnehin nicht ausreichen, um sich um alles zu kümmern. Die Bürgerbeteiligung zu stärken, ein transparenter Umgang mit Steuergeldern, der Verzicht auf prestigeträchtige Kulturbauten in Zeiten fehlender Schulen: Das seien die Kernforderungen der Freien Wähler, sagt Henseler.
Für neuen Standort des Schrottverwerters Theo Steil
In dem Wahlbezirk Fruhners steht noch ein anderes Thema an, wieder geht es um den Hafen. Der Schrottverwerter Theo Steil wird den für den Bau von Wohnungen und Büros vorgesehen Deutzer Hafen verlassen und in den Godorfer Hafen ziehen. Was Anwohner kritisieren, hält Fruhner für ein Beispiel gelungener Wirtschaftsförderung. Das Unternehmen bringt der Stadt Gewerbesteuer, außerdem steigert die Hafengesellschaft ihre Mieteinnahmen. Er halte es jedoch unabhängig davon für wichtig, dass die mit der Baugenehmigung verbundenen Auflagen, etwa zum Lärm- und Hochwasserschutz, regelmäßig von den Behörden kontrolliert werden. Der mit der Ansiedlung verbundene Lkw-Verkehr müsse ebenfalls geregelt werden, am besten gemeinsam mit der Nachbarstadt Wesseling. „Logistik ist ein Thema, das man regional betrachten muss“, sagt der frühere Wirtschaftsdezernent. Ihm dürfte klar sein, dass seine Aussichten auf ein Mandat im Stadtrat nur minimal sind.
Den Wahlbezirk werden andere gewinnen. Sein Listenplatz fünf bedeutet, dass die Freien Wähler stadtweit nahezu 10 000 Stimmen bekommen müssten – wovon sie bisher sehr weit entfernt waren. „Ich will es wenigstens versucht haben, wir werden ja sehen“, sagt Fruhner. Aus seinem Lächeln spricht Erfahrung.
Weitere Kandidaten im Wahlbezirk 9
Der Kommunalwahlbezirk 9 umfasst außer den Stadtteilen Godorf, Sürth, Weiß auch mehrere Stimmbezirke in Rodenkirchen. Er zählt zu denen, die im vorigen Jahr neu zugeschnitten wurden.
In dem überwiegend bürgerlich und dörflich geprägten Gebiet war die CDU bei der Wahl 2014 insgesamt die stärkste Partei. In Godorf setzte sich die SPD knapp durch, in dem an den Hafen angrenzenden Sürth die Grünen.
Für die SPD kandidiert der Student André Burghardt, die CDU schickt Janina Jänsch, Geschäftsführerin eines Behindertenverbandes, ins Rennen um die Wählergunst.
Nicht ohne Chance ist auch der Grüne Manfred Giesen, bislang Fraktionschef seiner Partei in der Bezirksvertretung Rodenkirchen. Insgesamt stehen in diesem Wahlbezirk elf Kandidaten zur Wahl.