- Die KVB hat 2020 ihre wirtschaftlichen Ziele verfehlt – trotz Rettungspaket.
- Im Interview erklärt Chefin Stefanie Haaks die Herausforderungen durch Corona und Verkehrswende.
- Im Podcast „ekonomy mit K“ erklärt sie das Miteinander von Rad und Bahn – und spielt ein KVB-Song-Quiz mit.
Frau Haaks, kennen Sie den Monolith von Weidenpesch?Stefanie Haaks (lacht): Selbstverständlich, der war ja in der Presse!Anfang des Jahres hatte die KVB auf der Neusser Straße einen Strommast mitten auf einen Fahrradweg gestellt. Wie kann denn so etwas passieren?
Wir haben die Oberleitungen dort erneuert, und ein Mast sollte da stehen, wo er jetzt steht. Allerdings erst dann, wenn der Radweg verlegt worden ist. Irgendjemand in der Kette hatte nicht ganz beachtet, was wann zu tun ist. Das ist echt schief gelaufen.
Zur Person
Stefanie Haaks ist seit März 2019 Chefin der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Die 54-Jährige ist in Lübeck geboren, hat als Steuerberaterin gearbeitet und dann bei verschiedenen Verkehrsunternehmen – im Schwarzwald, in Karlsruhe und Stuttgart. Sie hat zwei erwachsene Töchter, fährt gerne Motorrad und war früher ambitionierte Läuferin über 800 Meter (Bestzeit 2:14 Minuten).
52:17 Minuten – der komplette Podcast mit KVB-Chefin Stefanie Haaks
Ist die KVB rücksichtslos gegenüber Fahrradfahrern?
Das ist absolut falsch. Wir und die Kolleginnen und Kollegen im Fahrdienst sind absolut rücksichtsvoll. Wir sind mit wachsamem Auge unterwegs.
In einem Interview vor ein paar Monaten haben Sie aber gesagt: „Das Verkehrsverhalten mancher Fußgänger und Fahrradfahrer ist verbesserungswürdig.“ Da ist nicht gut angekommen, dass sie die Kölner Autofahrer nicht genannt hatten.
Ich habe ja andere Verkehrsteilnehmer auch nicht genannt. Mein Hinweis war dem einen Tag im Fahrdienst geschuldet, an dem ich ein paar Erfahrungen mit Fußgängern und Radfahrern hatte, die sich merkwürdig verhalten hatten. Jeder Verkehrsteilnehmer sollte sich an die Regeln halten.
„Wir setzen Beschlüsse des Rates um“
Die Verkehrspolitik im Stadtrat ist selbst innerhalb der Koalition aus Grünen, CDU und Volt umstritten. Wie kommen Sie mit dieser Gemengelage in der Kölner Politik klar?
Wenn man sich die unterschiedlichen Argumente und Ideen und ihre Begründungen anhört, kommt man gut miteinander klar. Im Vorfeld von Entscheidungen, die uns betreffen, werden wir immer hinzugezogen und unsere Meinung ist sehr gefragt. Aber letztlich entscheidet der Rat, und diese Beschlüsse setzen wir dann um.
Ihr Aufsichtsratschef Lino Hammer gehört den Grünen an. Macht es das leichter einen Nahverkehr-Befürworter als Aufseher zu haben oder schwerer, da die Ansprüche besonders groß sind?
Jeder Aufsichtsratsvorsitzender ist anspruchsvoll, und das hat nichts mit der Partei zu tun. Lino Hammer ist sehr aufgeschlossen, was den ÖPNV angeht und den Fahrradverkehr. Wir sehen uns als Partner im Umweltverbund und nicht als Feinde – im Gegenteil. Fahrrad und KVB gehören beide dazu.
Die Fahrgastzahlen der KVB sind 2020 wegen der Corona-Pandemie um mehr als 40 Prozent eingebrochen. Ist das eine wirtschaftliche Katastrophe für die KVB?
Es ist eine echte Tragödie. Wir hatten aber das große Glück, dass es den ÖPNV-Rettungsschirm gab. Damit konnten alle zusätzlich aufgetretenen Verluste nahezu ausgeglichen werden. Wir sind nur um wenige Millionen Euro unter dem Ziel des Wirtschaftsplans geblieben. Und wir sind guter Hoffnung, dass es auch in diesem Jahr wieder einen Rettungsschirm gibt. Nächstes Jahr und die folgenden Jahre werden dann wesentlich herausfordernder.
Warum?
Im Aufsichtsrat haben wir unsere Strategie für die nächsten zehn Jahre vorgestellt. Das ist eine Wachstumsstrategie, der Aufsichtsrat unterstützt das. Er steht – wie die Politik in Köln auch – für eine Verkehrswende. Aber das ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Und wenn dann die Einnahmen rückläufig sind und wir noch defizitärer werden, ist das für den Stadtwerke-Konzern und damit die Stadt eine große Herausforderung.
„Unsere Ticketpreise werden politisch gebildet“
Selbst 2019 – ohne Corona – hat die KVB 100 Millionen Euro Ausgleichszahlungen innerhalb des Stadtwerke-Konzerns erhalten. Das kann nicht ihr Ehrgeiz sein, ein Unternehmen mit so einer Unterdeckung zu leiten.
Es ist nicht so, dass wir defizitär arbeiten, weil wir denken: „Was kostet die Welt?“ Unsere Ticket-Preise werden politisch gebildet und sind nicht kostendeckend. Wir haben eine Kostendeckung von grob gerechnet 75 Prozent. Und der Rest wird innerhalb des Konzerns ausgeglichen …
… also durch andere städtische Unternehmen wie die Rhein-Energie. Und das bleibt dauerhaft so?
Es ist logisch, dass wir unser Defizit erhöhen, wenn man mehr Nahverkehrsangebot möchte für die Verkehrswende und die Rahmenbedingungen gleichbleiben. Natürlich gucken wir aber auch, wo wir selbst wirtschaftlicher werden können und stellen unsere Prozesse komplett auf den Kopf, um zu schauen, wo wir etwas rausholen können.
Aber 100 Millionen Euro werden es wohl nicht?
Es wird bei weitem nicht reichen, dass wir jemals eine schwarze Null hinkriegen. Das gelingt keinem integrierten kommunalen Verkehrsunternehmen. Man muss sich davon befreien, dass jemand, der ein Minusergebnis erzielt, nicht wirtschaftlich sein könnte. Das eine schließt das andere nicht aus.
Vor zehn Jahren hatte die KVB 3000 Mitarbeiter, jetzt sind es rund 4000. Könnten Stellen abgebaut werden?
Nein. Wir sind ein Wachstumsunternehmen. Das würde sonst den Ambitionen der Verkehrswende ja völlig widersprechen. Wir haben in den letzten 20 Jahren schon erhebliche wirtschaftliche Beiträge geleistet.
„Mehr Effizienz heißt nicht Mitarbeiterabbau“
Hat es also schon Anfragen gegeben, wie die KVB sparen kann?
Selbstverständlich aus dem Aufsichtsrat und vom Eigentümer, also der Stadt. Sie wollen wissen, wie der Eigenbeitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung aussehen könnte. Mehr Effizienz heißt aber nicht Mitarbeiterabbau. Wir lehnen uns nicht zurück.
Die Tarife sind nicht auskömmlich, sagen Sie, aber der Einzelfahrschein kostet drei Euro – das ist eher die obere Grenze in Deutschland.
Ja, wenn man sich ein Produkt rauspickt aus dem ganzen Portfolio, das wir haben. Wenn Sie aber auf die Preise im Zeitkartengeschäft schauen, sehen Sie, dass wir im Vergleich mit anderen Großstädten durchaus günstiger sind. Die Strategie war immer, möglichst viele Fahrgäste in ein Abonnement zu bekommen.
„Wir arbeiten am Home-Office-Ticket“
Welche Tarifoptionen können Sie sich künftig vorstellen?
Im Verkehrsverbund arbeiten wir zum Beispiel an einem Home-Office-Ticket, das nur an einer bestimmten Anzahl von Tagen gebucht wird – aber trotzdem im Abonnement beschafft wird. Damit diejenigen, die nur zwei- oder dreimal in der Woche an den Arbeitsplatz pendeln müssen, auch ein passgenaues Angebot bekommen.
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Sie haben beschlossen bis 2030 alle Buslinien auf Elektrobusse umzustellen. Doch von den neu bestellten 53 Fahrzeugen des Herstellers VdL sind bislang nur wenige geliefert. Was ist los mit diesen E-Bussen?
Dass unsere Busse verspätet kommen, ist natürlich ärgerlich. Aber wir haben leider auch einen kleinen Verzug, was die Infrastruktur angeht. Das heißt, es sind auch noch nicht alle Ladestationen an den Endhaltestellen installiert, die wir für die vorgesehenen Buslinien bräuchten.
Und was tun sie dagegen? Haben Sie Regressforderungen?
Wir haben vertraglich Pönale vereinbart mit den maximal gesetzlichen Höchststrafen. Und die ziehen wir jetzt auch.
Frau Haaks, vielen Dank für das Gespräch.
Hinweis zum Interview
Das Gespräch ist ein redaktionell bearbeiteter Auszug der neuen Folge von „ekonomy mit K“, dem Wirtschafts-Podcast des „Kölner Stadt-Anzeiger“.Im Podcast spricht Stefanie Haaks unter anderem auch über ihren Weg ins Büro, macht mit bei einem Quiz zu Karnevalsliedern mit KVB-Bezug und erklärt den langen Weg bis zum möglichen Ausbau der so genannten „Ost-West-Achse“.
52:17 Minuten – der Podcast mit KVB-Chefin Stefanie Haaks