Landtagswahl 2022Ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Kölns größtem Wahlkreis
Köln – Dem viel zitierten Straßenwahlkampf kommt im Wahlkreis Köln V eine ganz eigene Bedeutung zu. Im Kölner Südosten müssen die Kandidierenden mächtig Strecke machen, um die Menschen im direkten Gespräch im Freien von ihren politischen Ideen zu überzeugen. Der Wahlkreis nimmt mehr als die Hälfte des rechtsrheinischen Kölns ein, er ist der flächenmäßig größte der ganzen Stadt. CDU und SPD lieferten sich hier bei Wahlen regelmäßig Kopf-an-Kopf-Rennen. Zuletzt aber, bei der Bundestagswahl im vergangenen September, lagen die Sozialdemokraten vergleichsweise klar vor der Union. Und die Grünen holten kräftig auf.
Zwischen Libur und Merheim, Königsforst und Rhein Poll, Porz und der Süden des Stadtbezirks Kalk sind die urbansten Ecken im Wahlkreis. Der überwiegende Teil aber ist von eher dörflichen Strukturen geprägt, es gibt ein reichhaltiges Vereinsleben, Kölns größte Waldbestände sind hier zu finden, überhaupt gibt es hier so viel unbebaute Fläche wie sonst nur im Kölner Nordwesten. Und natürlich den Flughafen, der für sich genommen die größte versiegelte Fläche im Wahlkreis ist.
Bei der vergangenen Landtagswahl 2017 konnte sich hier die CDU durchsetzen und die SPD bei den Erst- und Zweitstimmen schlagen. Der junge Florian Braun holte das Direktmandat und stach niemand Geringeren als den damaligen Chef der Kölner SPD, Jochen Ott, aus. Die CDU holte hier zudem das stärkste Zweitstimmenergebnis aller Kölner Wahlkreise. „Wie im Land, sehe ich zurzeit CDU und SPD auf Augenhöhe“, sagt Braun, der mit seinen heute 32 Jahren immer noch zu den jüngsten Kandidierenden zählt. Wie auch seine Konkurrenz braust er von Dorf zu Dorf, von Stadtteil zu Stadtteil, um für sich zu werben. Bezahlbaren Wohnraum möchte er schaffen, aber auch jungen Familien den Kauf von Wohneigentum erleichtern, sagt Braun, der selbst vor drei Monaten Vater wurde. Er möchte er sich unter anderem dafür einsetzen, „langfristig die Grunderwerbssteuer zu senken.“
Absicherung über die Landesliste
Auch die Sicherheit sei ihm ein Anliegen. Und sein „Herzthema“, die Digitalisierung etwa der Verwaltung aber auch einer flächendeckenden Versorgung mit schnellem Internet. Braun gibt sich siegesgewiss: „Ich habe den Anspruch, den Erfolg von 2017 zu wiederholen.“ Da er mit einem guten Platz auf der CDU-Landesliste abgesichert ist, sollte ihm der Wiedereinzug in den Landtag auch ohne ein Direktmandat gelingen.
Auch bei dieser Landtagswahl bekommt es Braun mit einem Kölner Spitzensozialdemokraten zu tun. SPD-Ratsfraktionschef Christian Joisten bewirbt sich zum ersten Mal um ein Landtagsmandat. Joisten steht unter dem Druck, Braun das Direktmandat streitig zu machen. Denn mit Landeslistenplatz 79 müsste die SPD mindestens das Wahlergebnis aus 2017 von 31,2 Prozent übertreffen, um eine Chance auf eine Sitz in Düsseldorf zu haben. Joisten hofft sicherlich auch, den Schwung des Erfolgs von Sanae Abdis mitzunehmen, die bei der Bundestagswahl vor acht Monaten überraschend CDU-Mann Karsten Möring das Mandat abnahm.
Christian Joisten (SPD) erstmals Landtagswahl-Kandidat
Zwar ist Joisten erstmals Landtagswahl-Kandidat, „aber ich bin kein Newcomer. Das ist hier meine Homebase“, sagt der 50-Jährige. Folglich will er mit „Veedelsgefühl“ punkten. Aber auch mit den klassischen Themen für einen Wahlkreis von dieser Größe und Struktur: Etwa Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, Umgehungsstraßen, Wohnungsbau für Familien. Wenn er das Landtagsmandat holt, werde er trotzdem Ratsfraktionschef bleiben, sagt Joisten. Für eine solche Mandatsdoppelung hält die SPD eine Ausnahmeregelung bereit, sonst ist so etwas nicht möglich. Dann wäre auch Joisten Berufspolitiker.
Die weiteren Kandidierenden
Martin Ozminski (FDP), Ahmet Türe (AfD), Madeleine Eisfeld (Linke), Aaron Baron von Kruedener (Die Partei), Dirk Heidtmann (Tierschutzpartei) und Christopher Gudacker (Volt).
Der Wahlkreis Köln V besteht aus den Stadtteilen Brück, Merheim und Rath/Heumar, Eil, Elsdorf, Ensen, Finkenberg, Gremberghoven, Grengel, Langel, Libur, Lind, Poll, Porz, Urbach, Wahn, Wahnheide, Westhoven und Zündorf.
Im Gegensatz zu Joisten und Braun ist Marvin Schuth von den Grünen im Wahlkreis noch eher unbekannt. Der 33-Jährige ist erst seit 2019 in Köln und übt sich vorerst in Bescheidenheit. „Man schafft es natürlich nicht in einem einzigen Wahlkampf die Bekanntheit aufzubauen, die andere über Jahre erreicht haben“, sagt Schuth. Er werde verstärkt auf den Straßen präsent sein und verstehe seine Kandidatur dennoch als „Aufbauarbeit“ für die Grünen. Tatsächlich mussten die Grünen bei der vorigen Landtagswahl im Kölner Südosten das schlechteste Ergebnis aller Kölner Wahlkreise schlucken. Auch bei der Bundestagswahl gewannen sie keinen einzigen Stadtteil, der im jetzigen Landtagswahlkreis liegt. Aber in der Gesamtbetrachtung holte die Partei kräftig auf und überholte sogar die CDU.
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Schon allein deshalb wolle er den Wahlkreis längst nicht abschenken. Thematisch hat sich Schuth in seinen Teil Kölns eingearbeitet. In Sachen Mobilität sei dieses Terrain „nicht bestens versorgt“, weiß auch er und schlägt unter anderem eine „rechtsrheinische Ringbahn“ ähnlich der auf der anderen Seite des Flusses vor. Auch müsse bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, denn Platz genug gebe es hier. Das Bauen müsse aber vonstattengehen, „ohne zu viel Natur zu zerstören.“