Lange Wartelisten in KölnRollstuhlgerechte Wohnungen sind Mangelware
Köln – Bezahlbarer Wohnraum ist in Köln Mangelware, seit Jahren hinkt der Bau neuer Sozialwohnungen weit hinter dem Bedarf her. Noch schlechter sieht es allerdings bei der Versorgung mit rollstuhlgerechten Wohnungen aus. So entstanden 2014 lediglich neun, 2015 vier und 2016 gerade einmal drei geförderte Wohnungen für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder einen Rollator angewiesen sind. Im vergangenen Jahr waren es dann immerhin 30. Das geht aus einer Antwort der Verwaltung hervor, die am Donnerstag Thema im Sozialausschuss ist. Insgesamt gibt es stadtweit aktuell rund 300 rollstuhlgerechte Wohnungen, die aufgrund ihrer Mietpreis- und Belegungsbindung auch für einkommensschwache Personen bezahlbar sind. Der tatsächliche Bedarf liegt um ein Vielfaches höher.
Geschätzt 1000 Kölner suchen
Allein im vergangenen Jahr gingen bei der Stadt rund 400 Anträge auf einen Wohnberechtigungsschein mit dem Zusatz „Bewerber für eine behindertengerechte Wohnung“ ein. „Diese Zahl ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn viele stellen gar keinen Antrag, weil sie nicht wissen, wie das geht, oder weil sie keine Hoffnung auf Erfolg haben“, sagt Horst Ladenberger vom „Zentrum für selbstbestimmtes Leben“. Ladenberger, der als Sachkundiger Bürger für die Grünen im Sozialausschuss sitzt und selbst auf den Rollstuhl angewiesen, schätzt, dass aktuell zwischen 800 und 1000 Kölner eine rollstuhlgerechte Wohnung suchen. Wer als Rollstuhlfahrer von außerhalb in die Stadt ziehen möchte, habe von vorneherein kaum eine Chance.
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Eine Erfahrung, die auch Erika Küllchen von der Beratungsstelle „Wohn Mobil“ teilt. Die Kontaktstelle betreut Menschen, die aufgrund von Behinderung oder Krankheit ihre Wohnung wechseln müssen. In ihrer Datenbank befinden sich rund 600 Antragsteller, die dringend auf eine barrierefreie oder rollstuhlgerechte Wohnung warten. Die Beratungsstelle kann sich vor Anfragen kaum retten und hat deshalb bis Juni einen Annahme-Stopp für neue Fälle verhängt. „Wir führen eine lange Warteliste, die wir erst einmal abarbeiten müssen“, so Küllchen.
Keine einzige Sozialwohnung in der Innenstadt
Nach Angaben der Verwaltung konnten im Jahr 2016 lediglich 124 Haushalten mit einer rollstuhlgerechten Wohnung versorgt werden. Neben dem grundsätzlichen Mangel erschwert auch die ungleiche Verteilung solcher Wohnungen eine Vermittlung. So wurde zuletzt in den Bezirken Innenstadt, Rodenkirchen, Nippes und Porz nicht eine einzige Sozialwohnung gefördert, in Lindenthal waren es lediglich 15 Wohnheimplätze. Gerade für Behinderte ist das gewohnte Wohnumfeld aufgrund der oft schwerwiegenden Erkrankungen aber besonders wichtig, also die Nähe zu den behandelnden Ärzten, zu Pflegediensten, Angehörigen und anderen sozialen Netzwerken.
Angst vor Investoren-Abschreckung
Dass sich an der Situation in nächster Zeit etwas ändert, ist nicht zu erwarten. Gerade erst hat der Landtag NRW die bereits beschlossene neue Bauordnung wieder gekippt. Diese sah unter anderem eine verbindliche Quote für rollstuhlgerechte Wohnungen bei Neubauten vor. Doch die wird es wohl nicht geben. Zu groß war angesichts der Wohnungsnot offenbar die Angst, potenzielle Investoren könnten von den erhöhten Anforderungen abgeschreckt werden.
Behindertenbeauftragte der Kommunen wie auch der Sozialverband Deutschland haben dies heftig kritisiert. Auch Horst Ladenberger hält die Argumente für nicht stichhaltig. „In Städten wie Köln sind das größte Hemmnis für den sozialen Wohnungsbau die fehlenden Grundstücke.“
Stufenlos leben - was heißt das?
Barrierefreie Wohnungen dürfen keine Stufen oder Schwellen aufweisen und müssen über extra breite Türen sowie bodengleiche Duschen verfügen.
Im Unterschied dazu müssen Wohnungen für Rollstuhlfahrer zusätzliche Bedingungen erfüllen. Dazu gehören neben niedrig angebrachten Fenster- und Türgriffen zusätzliche Flächen in Flur und Bad, um mit dem Rollstuhl rangieren zu können. Außerdem müssen Arbeitsflächen, etwa in der Küche, unterfahrbar sein.
Ist eine Wohnung als barrierefrei gekennzeichnet, bedeutet das nicht automatisch, das dies für das gesamte Gebäude gilt. So werden zwar alle geförderten Sozialwohnungen barrierefrei gebaut, aus Kostengründen aber oft auf den Einbau eines Aufzugs verzichtet. Solche Wohnungen sind für Rollstuhlfahrer gar nicht zu erreichen.