AboAbonnieren

„Erbschaft für jeden“Eine Stiftung verlost 20.000 Euro unter den 30-Jährigen im Stadtbezirk Lindenthal

Lesezeit 4 Minuten
Die Mitarbeiter der Stiftung Ein Erbe für jeden mit Christoph Prüm in der Mittel.

Die Mitarbeiter der Stiftung „Ein Erbe für jeden“ mit Christoph Prüm in der Mitte

Ein Mann aus Oberfranken hat eine Stiftung gegründet und verlost seit zwei Jahren jährlich drei „Grunderbschaften“ an junge Menschen – auch in Lindenthal.

Auf der Suche nach Kontakten, um im Stadtbezirk Geld loszuwerden – mit diesem Vorsatz erschien Christoph Prüm in der vergangenen Sitzung der Bezirksvertretung Lindenthal. Das Los hatte den Rentner aus dem oberfränkischen Marktleugast in den Kölner Stadtbezirk verschlagen.

Von Anfang an: Der 74-jährige Heizungsbauer ist Vorstandsvorsitzender der „Stiftung Ein Erbe für jeden“. Seit zwei Jahren zahlt sie jeweils drei „Grunderbschaften“ aus, und zwar an per Los ermittelte 30-Jährige in drei verschiedenen Orten der Bundesrepublik. Dafür werden zunächst die Gemeinden ausgelost, in denen das „Grunderbe“ ausgeschüttet wird.

Großstädte werden der Gerechtigkeit halber in kleinere Ortsbereiche aufgeteilt, ihre Stadtbezirke. Und so kam es, dass der Stadtbezirk Lindenthal in diesem Jahr glücklicher Gewinnerort der Erbschafts-Lotterie wurde, neben dem Kreis Borken in NRW und dem Kreis Steinburg (Itzehohe) in Schleswig-Holstein.

Alle 30-Jährigen im Stadtbezirk Lindenthal können teilnehmen

Alle Bewohner und Bewohnerinnen mit deutschem Pass, die zum Stichtag, dem 7. Juli 2024, hier gelebt haben und in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden sind oder noch werden, können sich zur Auslosung anmelden. Der Gewinner kann sich über ein Grunderbe in Höhe von 20.000 Euro freuen.

Es gibt Bedingungen: „Wir unterschreiben mit den Empfängern und Empfängerinnen einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, etwas von dem Grunderbe zurückzuzahlen, wenn sie später einmal tatsächlich erben“, erläutert Prüm, „und zwar 20 Prozent davon“. Erst ab einem Erbe von 100.000 Euro müssten sie also die vollen 20.000 Euro zurückerstatten.

„Bis sie tatsächlich erben“, so Prüm, „ist das Geld aber auch bereits weniger wert.“ Ziel der Verteilungsaktion ist Chancengleichheit. „Mir ist bereits als Jugendlicher aufgefallen, dass die Chancen meiner Freunde im Leben durch das Vermögen im Elternhaus vorbestimmt waren“, sagt Prüm.

Testlauf für eine Idee von Politik und Wissenschaft

So hatte er die Idee, mit einem Grunderbe für alle entgegenzuwirken. 2010 setzte er sie endgültig in die Tat um, überredete einen sehr wohlhabenden Freund, ihm Geld für die Umsetzung seiner Idee vom bedingungslosen „Grunderbe“ zur Verfügung zu stellen und gründete in Marktleugast die Stiftung zusammen mit seiner Familie.

Um wirklich allen jungen Menschen eine Grunderbschaft zukommen zu lassen, fehlt der Stiftung das Geld. So verteilen Prüm und seine Mitstreiter seit 2022 jährlich drei Erbschaften im Land. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Prüm. „Es gibt in Deutschland derzeit 750.000 Dreißigjährige.“

Christoph Prüm (links) und sein Sohn Sebastian auf Tour durch Deutschland, um drei Mal ein "Grunderbe" zu verteilen.

Christoph Prüm (links) und sein Sohn Sebastian auf Tour durch Deutschland, um dreimal ein „Grunderbe“ zu verteilen.

Er sieht es als eine Art Experiment, den Testlauf einer Idee, die schon länger in der Wissenschaft und der Politik diskutiert wird. Der Grund für die politische Diskussion ist die Tatsache, dass in kaum einem anderen Land die Vermögen so ungleich verteilt sind wie in Deutschland. Ein sehr kleiner Prozentsatz der Bevölkerung besitzt einen Großteil des Gesamtvermögens, während viele Menschen mit sehr begrenzten finanziellen Ressourcen auskommen müssen. Das reduziert Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit innerhalb einer Generation erheblich.

Ein Vorschlag des DIW

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat daher vorgeschlagen, allen jungen Menschen ein „Grunderbe“ in Höhe von 20.000 Euro zukommen zu lassen. Finanziert werden soll das Grunderbe durch Erbschaftsteuer oder Vermögensteuer. So würde laut DIW im Endergebnis die Vermögensungleichheit in Deutschland deutlich reduziert.

Diskutiert wird, in welchem Alter die Menschen ein solches Grunderbe erhalten sollen. Die Stiftung hat sich für die 30-Jährigen entschieden. „Grundsätzlich führt ein höheres Alter eher zu einem besonneneren Umgang mit dem Grunderbe“, so Prüm. „In Deutschland wird im Schnitt mit 55 Jahren geerbt. Zu dem Zeitpunkt sind in der Regel die Lebensweichen schon gestellt und die Lust zu Innovationen gesunken.“

Das Grunderbe mit 30 ziehe einen Teil des jährlich vererbten Kapitals immerhin um 25 Jahre vor. Es würde in die Lebenszeit verlagert, in der die Menschen wirtschaftlich innovativer sind und ein Anfangskapital brauchen, so Prüm. Er möchte mit seinem Tun nicht einer bestimmten politischen Partei in die Karten spielen, sondern der Wissenschaft dienen. Noch wisse man nicht, so Prüm, was genau geschehe, wenn junge Menschen ein Grunderbe erhalten. „Wir wollen Testergebnisse liefern.“ Eine Erfahrung hat er schon gemacht: „Die Grunderben hauen das Geld nicht auf den Kopf. Die allermeisten gehen vernünftig damit um.“

30-jährige Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtbezirks Lindenthal können unter folgendem Link an der Verlosung teilnehmen: https://ein-erbe-fuer-jeden.de/das-projekt/2024/koeln-lindenthal