Der Rheinische Verein für Denkmalpflege rückt Turnvater Jahn und seine Biografie in den Fokus. Jahn war nicht nur Fitness-Guru, sondern auch Nationalist und Antisemit.
Köln-MüngersdorfVerein für Denkmalpflege fordert Erklär-Tafel zur Friedrich Ludwig Jahn
Am Rand der Jahn-Wiese erinnert eine 15 Meter hohe Betonstele an den Mann, der einst die Parole „frisch, fromm, fröhlich, frei“ ausgab. Friedrich Ludwig Jahn, der 1778 geboren wurde und 1852 verstarb, bekannt als „Turnvater Jahn“, war der Begründer der deutschen Turnbewegung. Das Jahn-Denkmal hat allerdings Schadstellen: „An der Stele bröselt der Beton. Bruchstellen offenbaren das rostige Armierungseisen im Inneren“, schildert Alexander Hess vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege.
Eine große Ecke der Standplatte des Denkmals aus Waschbeton ist zudem abgebrochen; die Steine und die Mauer der Platzanlage, auf der es steht, weisen Spalten und Risse auf. Um auf den Sanierungsfall aufmerksam zu machen, hat der Rheinische Verein es nun zum „Denkmal des Monats“ gekürt und über seine Geschichte sowie Architektur informiert: Eingeweiht wurde das nach den Plänen der Kölner Stadtbaurates Adolf Abel erbaute Jahn-Denkmal 1923 anlässlich des 14. Deutschen Turnfestes in Köln.
Jahns Turnbewegung richtete sich nur an Männer deutscher Abstammung
Jahns Leitspruch manifestiert sich in den „Turnerkreuzen“ aus vier kreuzförmig angeordneten „F“ auf der Spitze des Denkmals. Auf der Hügelkette südlich der Jahnwiese ist es ein Hingucker. Doch die Erinnerung an den Turnvater ist zwiespältig: Die Turnbewegung nahm ihren Anfang, als Jahn 1810 mit elf Freunden in der Hasenheide bei Berlin den „geheimen Deutschen Bund zur Befreiung und Einigung Deutschlands“ gründete. Er stand ausschließlich Männern „deutscher Abstammung“ offen, Juden waren, selbst wenn sie zum Christentum konvertiert waren, von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.
Ein Jahr später begann Jahn am Treffpunkt mit dem öffentlichen Turnen. Zweck der körperlichen Ertüchtigung: eine nationalistische Willensbildung und eine paramilitärische Ausbildung als „patriotische Erziehung zur Vorbereitung auf den Befreiungskrieg“. Jahn trainierte eine Guerilla-Truppe, mit der Deutschland von der napoleonischen Herrschaft befreit und geeint werden sollte. Aus dem Turnen, das Jahn propagierte, ging das heutige Geräte-Turnen hervor.
Zahlreiche Turngeräte wie Reck und Barren wurden von ihm eingeführt. Er hat der Sportwelt einiges hinterlassen, aber auch dem Gedankengut der Nazis Steilvorlagen geliefert. So formuliert er in seiner Schrift „Deutsches Volkstum“: „Hass alles Fremden ist des Deutschen Pflicht“. Er verteufelte die „Völkermischung“, traf antisemitische Aussagen und vertrat die Ansicht, Deutschland sei allen anderen Nationen überlegen.
Der zwei Gesichter des Turnvaters ist sich auch der Rheinische Verein für Denkmalpflege bewusst: „Jahns Leistungen für das Turnen und den Sport stehen seinem aus dem Kampf gegen die Truppen Napoleons erwachsenen Nationalismus und antisemitischen Äußerungen gegenüber“, so schreibt der Verein. Deswegen spräche er sich nicht nur für die Sanierung des Denkmals aus, sondern auch dafür, dass in seinem Umfeld künftig eine Tafel über die Person Jahn informiert.