Gefährlicher SchulwegEltern haben im Kölner Westen jeden Tag Angst um ihre Kinder
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Der Weg von Widdersdorf in die neue Schule nach Vogelsang ist lang, Kinder und Jugendliche müssen sehr oft umsteigen und beschreiten dabei gefährliche Wege.
Die KVB sagen, da die Situation neu sei, müsse man sie zunächst beobachten, werde aber gegebenenfalls reagieren.
Für die Gefahrenzone am S-Bahnhof Lövenich hat die Bezirksvertretung schon zweimal Verbesserungen gefordert, doch viel ist bislang nicht geschehen.
Widdersdorf/Vogelsang – Es ist noch dunkel, als am Morgen zwei Busse an der Haltestelle an der Brauweiler Straße halten – und die Rennerei beginnt. Menschen eilen auf dem Fußweg zum S-Bahnhof Lövenich, eingeengt zwischen Bauzäunen und geparkten Autos. Mancher weicht kurzerhand auf die Straße aus, wo PKW in Richtung Arbeitsstelle brausen. Auf der anderen Straßenseite schlängeln sich Fahrradfahrer durch die Fußgänger auf dem Gehweg. Einen Radweg gibt es nicht. Und die Radler scheuen sich davor, in dem Nadelöhr des Tunnels unter dem S-Bahndamm auf die schmale Straße zu fahren, die dort auch noch eine Kurve macht.
Autos und KVB-Busse seien zu schnell unterwegs
Viele Verkehrsteilnehmer sind Schüler, unter ihnen der zehnjährige Sohn von Mariola Grabowski. Heute hat sie ihren Sohn im Bus begleitet und auf den Bahnsteig gebracht. Sie macht sich Sorgen, jeden Morgen und jeden Nachmittag. „Das ist hier einfach viel zu gefährlich“, kommentiert Grabowski. Die Autos und Busse seien zu schnell unterwegs, der Fußweg viel zu schmal, der S-Bahnsteig morgens überfüllt. Die ausgelassenen Kinder schubsen und drängeln sich dort.
Grabowski hat Angst. „Unser Sohn besucht die neue Gesamtschule am Wasseramselweg“, erzählt sie. Es ist bislang die einzige im Stadtbezirk Lindenthal, obwohl sie streng genommen bereits auf der Grenze zu Ehrenfeld liegt. Familie Grabowski wohnt in Widdersdorf. Sechs Kilometer trennen sie von der Schule. Die Eltern, denen die ausgewählte Schulform am Herzen lag, entschieden, dass der Schulweg machbar sein müsste. „Man erzählte uns, die Kinder benötigten eine halbe Stunde, wenn sie mit dem Bus fahren und einmal umsteigen.“
Umstieg von Bus zu Bus in Köln-Lövenich ist gefährlich
Die Realität sieht anders aus: „Der Weg dauert definitiv viel länger“, so Grabowski. Außerdem sei das Umsteigen von Bus zu Bus in Lövenich gefährlich. Die Haltestelle des aus Lövenich kommenden Busses trennen 150 Meter vom S-Bahnhof und der anderen Haltestelle, von der der Bus zum Wasseramselweg weiterfährt – und die Fahrbahn.
Um sie sicher zu überqueren, müssten die Kinder bis zum Bahnhof und noch durch den Tunnel bis zur Ampelanlage laufen und dann wieder zurück. Um abzukürzen, würden sie tatsächlich vor dem Tunnel und der unübersichtlichen Kurve morgens schnell in der Dunkelheit über die Straße laufen.
Straße ohne Bürgersteige
Wenn die Schüler statt in den Bus in die schnellere S-Bahn umsteigen, können sie das über eine Treppe tun, die sich auf derselben Seite wie die Haltestelle befindet, an der sie ankommen. Dann müssen sie aber in Müngersdorf ein weiteres Mal in einen Bus umsteigen, was nicht immer reibungslos gelingt: „Den Anschlussbus verpassen die Kinder oft“, schildert Mariola Grabowski. „Wenn sie auf den nächsten warten, kommen sie zu spät. Also gehen sie lieber zu Fuß über den Girlitzweg." Der hat keine Bürgersteige und mündet in die Vitalisstraße, die wegen des S-Bahn-Tunnels und einer leichten Kurve dort schwer einsehbar ist.
Daniel und Mariola Grabowski wünschen sich einen sicheren Schulweg für Kinder aus Widdersdorf. „Wir denken, dass sich die Buslinie 144, die vom Bahnhof Lövenich zur Gesamtschule Wasseramselweg fährt, zumindest um eine Station zur Blaugasse nach Widdersdorf verlängern lässt“, schlägt Daniel Grabowski vor. Zudem müsse die Stadtverwaltung dringend die Gefahrensituation am Bahnhof Lövenich entschärfen. Wichtig sei es, die Busstationen näher zueinander zu legen und einen Fußgängerüberweg als Verbindung zwischen beiden zu installieren. Genauso müsste der zu schmale Gehweg von der Busstation zur S-Bahnstation verbreitert werden.
KVB will langfristige Verbesserungen nicht ausschließen
Die KVB hält es nicht für ausgeschlossen, dass sie ihr Angebot für die Schulkinder, die aus dem Kölner Westen zum Wasseramselweg reisen, verbessert – zumindest langfristig: Da die neue Schule gerade erst an den Öffentlichen Nahverkehr angeschlossen worden sei, müsse die KVB zunächst die Entwicklung des bestehenden Angebots beobachten, sagte Pressesprecherin Gudrun Meyer. Der KVB sei aber bewusst, dass sich die Gesamtschule im Aufbau befindet, weiterhin wächst und der Bedarf sich gegebenenfalls dementsprechend verändert. „Deshalb wird das Unternehmen die Entwicklung der Schülerzahlen und auch deren Herkunftsstadtteile weiterhin im Blick behalten und entsprechende Anpassungsbedarfe des Angebotes sachgerecht prüfen“, verspricht Meyer.
Im Hinblick auf die Gefahrenzone am S-Bahnhof hat die Bezirksvertretung Lindenthal bereits 2011 und noch einmal 2017 beschlossen, dass die Haltestelle der Busse, die stadteinwärts auf der Brauweiler Straße fahren, weiter zum S-Bahnhof verlegt werden soll. Im September 2018 hat sie zudem entschieden, dass die Flächen für Fahrbahn und Gehweg am S-Bahnhof neu aufgeteilt und die Einmündungen der anderen Straßen in die Brauweiler Straße umgebaut und mit einer neuen Lichtsignalanlage versehen werden sollen.
Einen Überweg für Fahrgäste lehnt die Verwaltung ab
Geschehen ist bislang nicht viel. Immerhin sorgt mittlerweile eine Schraffur neben dem Gehweg für einen Sicherheitsabstand. Direkt am S-Bahnhof ist
Tempo 30 angeordnet. Der grundlegende Umbau der Kreuzung lässt allerdings auf sich warten. Und davon ist bei der Stadtverwaltung auch keine Rede: Es sei nach wie vor geplant, die Bushaltestelle an der Brauweiler Straße in die Nähe der anderen Haltestelle zu verlegen, versichert Robert Baumanns, Sprecher der Stadt. „Hierfür muss ein Teil des Baugrundstücks erworben werden“, erläutert er. Die Stadt verhandle gerade darüber.
Einen Überweg, der den Fahrgästen das Überqueren der Fahrbahn zwischen den Haltestellen erleichtert, lehnt die Stadtverwaltung allerdings ab. Eine Verkehrszählung habe gezeigt, dass selbst in den Hauptverkehrszeiten viel zu wenige Fußgänger die Straße queren. Demgegenüber sei aber das Aufkommen von passierenden Kfz im Verhältnis deutlich zu hoch. In rund 70 Metern Entfernung befinde sich zudem eine Ampelanlage, die das sichere Überqueren der Fahrbahn ermöglicht. Eine Verbreiterung des Gehwegs wäre lediglich im Rahmen eines Vollausbaus möglich. Der sei wegen der nötigen Anpassung der Stadtentwässerung aber sehr kompliziert.