Tina Turners StammkneipeKölner Lokal „Em Ringströßje“ hat neuen Betreiber
- Das Müngersdorfer Lokal „Em Ringströßje“ war lange in Familienhand – und wird nun von Simon Stahl und René Deichmann betrieben.
- Wir haben alle Infos zur Übernahme.
- Außerdem blicken wir zurück zu den Anfängen des 1. FC Köln, John. F. Kennedy und Tina Turner – denn sie alle haben ihren Bezug zum Traditionslokal.
Müngersdorf – Gemütliche Holzbänke, blankgescheuerte Brauhaustische, ein wenig Spelunkencharme und das „Udo-Lattek-Fenster“. Kein Zweifel, das kleine Wirtshaus Em Ringströßje am Alten Militärring ist etwas Besonderes – nicht nur weil der bekannte Fußballtrainer dort eines Abends heftig beschwipst durch die bunte Glasscheibe im Raum fiel, sie dann originalgetreu nachbauen ließ und sich auf diese Weise hier verewigte.
„Hopfen und Malz, Gott erhalt’s“ steht auf dem gläsernen Raumtrenner in der Mitte des Lokals, das der Müngersdorfer Simon Stahl und sein Kompagnon René Deichmann, gerade wieder neu eröffnet haben.
Es ist ein Relikt aus der Zeit, als die ersten Gäste dort saßen: 1963. Der US-amerikanische Präsident John F. Kennedy besuchte die Stadt. Die Fußballbundesliga startete in ihre allererste Saison, an deren Ende der FC Meister wurde – und im Em Ringströßje am Alten Militärring wurden die ersten Kölsch gezapft. Der Inhaber Mathias Nelles, Heldentenor im Ruhestand, hatte sich für seinen Lebensabend eine neue Beschäftigung gesucht. Er stand in seiner eigenen Kneipe hinter dem Tresen und bewirtete eine illustre Gesellschaft. Die Stars des Musiklabels Electrola gingen ein und aus, Tina Turner und Erwin Bach, Howard Carpendale, Graham Bonney, Heino und Pierre Brice.
RTL-Geschäftsleitung zu Gast
Die Geschäftsleitung von RTL war jeden Mittag zu Gast. „Die Bürgerschaft von Köln trank und speiste bei uns, Bürgermeister Burger, Stadtdirektor Rossa“, erinnert sich Klaus Nelles. Er selbst spielte im Müngersdorfer Hockeyclub Rot-Weiss und knüpfte dort Kontakte. Er sollte sie brauchen. Denn bereits im Alter von 64 Jahren starb Mathias Nelles – und Klaus, der Sprachen studiert hatte und in Barcelona arbeitete, musste seinen Job an den Nagel hängen und nach Köln zurückkehren. Das war für ihn zunächst ein harter Schlag: Der Wirtssohn und seine Frau, eine Bäckerstochter, hatten sich am Traualtar versprochen, niemals ein eigenes Geschäft zu führen. Nun verschlug es sie doch an den Zapfhahn, 40 Jahre lang.
Seine Sprachkenntnisse kamen dem jungen Wirt in Müngersdorf allerdings sehr zu gute. Die Unternehmen im benachbarten Braunsfeld hatten oft Gäste aus Spanien. So kamen sie gerne mit spanischem Besuch ins Ringströßje und ließen Klaus Nelles dolmetschen. Auch die gehobene gutbürgerliche Küche sorgte für ein Stammpublikum. Als das Ehepaar Nelles schließlich in Rente ging, übernahm die Gastronomin Elke Wesemann für fünf Jahre den Betrieb, bevor sie sich selbst zur Ruhe setzte.
Neue Wirte für alle Müngersdorfer
Die geborene Itzehoerin hatte einen guten Kontakt zu einem Stammgast, der ebenfalls aus dem hohen Norden stammt: Simon Stahl aus Lübeck, freier Kreativdirektor und seit Jahren Wahlkölner. Als er erfuhr, dass Wesemann aufhört, überlegte er nicht lange: Stahl und sein Geschäftspartner übernahmen das Lokal, auch um seine alte Tradition zu erhalten. „Wir möchten ein Traditionswirtshaus 2.0 sein“, betont er. Ein frischer Anstrich, eine dunkelpetrolfarbene Tapete und eine drastische Reduktion der Dekoartikel haben den Räumen einen modernen Rahmen verpasst, in dem gutes Essen zu erschwinglichen Preisen serviert werden soll. Klassiker wie Reibekuchen, Wiener Schnitzel und Rheinischer Sauerbraten stehen auf der Karte.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die neuen Wirte möchten für alle Müngersdorfer da sein, für die Alteingesessenen und die Hinzugezogenen, denn im Viertel herrscht Gastronomienotstand. Bereits beim Probeessen mischten sich die Gäste: Der junge Designer plauderte angeregt mit dem urkölschen Stammgast. Für Stahl ist das eine Bestätigung: „Da haben wir etwas richtig gemacht“, sagt er. „Die Leute aus dem Veedel wissen jetzt: Es gibt auch noch einen letzten Halt in Müngersdorf, ob auf dem Hinweg zum Spiel des 1. FC Köln, oder auch ein letztes kurzes Kölsch auf dem Weg von der Arbeit nach Hause.“