Ein ungewöhnliches Familienprojekt ist jetzt auf der Leinwand zu sehen: Der Kameramann Jürgen Heck hatte die Idee zu einem Dokumentarfilm über seine Mutter, deren Schwester und sechs Brüder.
„Acht Geschwister“Doku über 86-jährige Kölnerin und ihre bewegende Familiengeschichte
Der Alltag der 86-jährigen Wahlkölnerin Anita Heck aus Lindenthal hat sich seit einigen Monaten komplett verändert. Über sie und ihre sieben Geschwister, alle im Alter zwischen 80 und 90 Jahren, ist ein Dokumentarfilm gedreht worden, der nun in bundesweit in die Kinos kommt. Jetzt sind sie und ihre Geschwister gefragte Interviewpartner. Im Mittelpunkt des Films steht eine gemeinsame Reise der acht Geschwister nach Ostpommern, an den Ort Zaleze, der heute in Polen liegt.
Es ist das Heimat-Dorf der Familie. Alle acht verbrachten dort ihre frühe Kindheit, bevor sie 1947 gemeinsam mit ihren Eltern in den Harz flohen, wo sie zunächst sesshaft wurden. Die Gespräche und Erinnerungen von Arno, Ewald, Johannes, Anita, Heinz, Waldemar, Edith und Werner während der Reise sind nicht nur ein Spiegelbild der deutschen Nachkriegsgeschichte, sondern geben auch tiefe Einblicke in eine außergewöhnliche Geschwisterliebe, die trotz der unterschiedlichen Lebensentwürfe, die sie schließlich in Ost- und Westdeutschland verstreuten, nie verloren gegangen ist.
Familie bedeutet für die 86-jährige Kölnerin alles
„Zu Beginn der Dreharbeiten waren meine Brüder, meine Schwester und ich schon skeptisch, ob sich jemand einen Film über acht alte Leute ansehen will, die über alte Kamellen reden. Jetzt ist der Film fertig und ich bin überrascht, wer sich alles für uns interessiert. So viele Interviews habe ich noch nie gegeben“, erzählt Anita Heck und fügt lachend hinzu: „Wir sind wohl einmalig, denn wir acht sind noch alle am Leben.“ Familie, das Füreinander-Dasein, bedeutet für die 86-Jährige alles.
Und obwohl ihre sechs Brüder und zwei Schwestern heute in alle Himmelsrichtungen verstreut wohnen, ist der Kontakt nie abgerissen. Seit Jahren treffen sich alle gemeinsam einmal im Jahr am Grab der Eltern im Harz. „Die Idee, einen Film über meine sechs Onkel, meine Tante und meine Mutter zu machen, hatte ich schon immer irgendwie im Hinterkopf, denn unsere gemeinsamen Familienfeiern waren stets erlebte Nachkriegsgeschichte aus erster Hand. Doch ich war zögerlich, wollte keinen Flüchtlingsfilm produzieren, denn davon gibt es genug“, berichtet der Kameramann Jürgen Heck, Sohn von Anita Heck.
Gemeinsam mit seinem Cousin Klaus Flemming, von Beruf Cutter, und dem Regisseur Christoph Weinert entwickelte man die Idee weiter, einigte sich auf ein „Roadmovie“, ein Kinogenre aus den 60er-Jahren, in dem sich die Handlung vorwiegend unterwegs abspielt. „Mein Onkel Heinz saß am Steuer des Busses. Gedreht haben wir alles, die Fahrt, die Gespräche, die Pausen während der Fahrt, das Ankommen in dem Dorf ihrer Kindheit, das Laufen durch den Ort. Die Kamera haben die acht komplett vergessen. Sie waren super authentisch und bekamen einen Vitalitätsschub von 150 Prozent. „Für die war ich der Sohn und Neffe und nicht der Kameramann“, erzählt Jürgen Heck.
„Acht Geschwister“: Roadmovie erzählt Geschichte der Geschwister und ihrer Familie
„Wir waren auf dem Grundstück, wo unser alter Hof mal stand, da war jetzt alles voller Moos und Gestrüpp. Wir mussten echt aufpassen, um nicht in ein Kaninchenloch zu stolpern. Mein ältester Bruder Arno ist ja 90 Jahre alt, dem lief der Angstschweiß von der Stirn“, erzählt die Lindenthalerin Anita Heck. Der selbstfinanzierte Film geht jetzt auf Deutschlandtournee, ist in diesen Tagen in Berlin,Hamburg, Stuttgart, München und Köln zu sehen.
„Meine Brüder haben auf das Medien-Tamtam eigentlich keine große Lust, aber jetzt machen sie mit – und ich denke auch gerne. Mich bringt das nicht aus der Fassung, ist schon lustig, wenn man sich plötzlich selbst auf der Leinwand sieht“, erzählt Anita Heck und man merkt, dass sie doch ein wenig stolz auf die gefilmte Familiengeschichte ist, auf einen Film, der durch seine Authentizität und die wunderbare Symbiose der Geschwister berührt und bewegt. „Ich bin gespannt, wie das Kölner Publikum reagiert. Und sollten die Zuschauer an den richtigen Stellen lachen oder weinen, dann bin ich sehr zufrieden“, sagt der Kameramann, Sohn, Neffe und Reiseleiter Jürgen Heck.
„Acht Geschwister“: Premiere in Köln
Der 90- minütige Dokumentarfilm „Acht Geschwister“ lief erstmals vor Publikum bei den Hofer Filmtagen Ende Oktober 2022. Einen Preis gab es nicht, aber die Resonanz auch beim jungen Publikum war äußerst positiv. Beim laufenden Snowdance-Filmfestival in Essen ist der Film unter den drei im Genre Dokumentarfilm nominierten. Die Köln-Premiere findet am Dienstag, 28. Februar, um 18.30 Uhr, im Filmhaus in der Maybachstraße statt. Der Eintritt kostet 8 Euro, Jürgen Heck und drei Geschwister werden vor Ort sein. Am Freitagabend, 3. Februar, sind alle acht Brüder und Schwestern zu Gast in Bettina Böttingers Kölner Treff.