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Fledermäuse, Totenkopf, Schwarz-Weiß-PorträtErstes Grufti-Grab auf Kölner Melaten-Friedhof

Lesezeit 4 Minuten
Der Grabstein von Michael Kämpfer ist sehr persönlich gestaltet.

Der Grabstein von Michael Kämpfer ist sehr persönlich gestaltet.

Ein Besuch zu Allerheiligen und Halloween auf dem Kölner Melaten-Friedhof – und am Sarg-Grabstein von Michael Kämpfer.

Am 6. Dezember 2022 vergangenen Jahres starb der Kölner Michael Kämpfer mit nur 52 Jahren an den Folgen eines Hirnaneurysmas. Im Leben war Kämpfer ein beliebtes Mitglied der Gothic- und Gruftiszene.

Diese Leidenschaft spiegelt sich auch in seinem jetzt fertiggestellten schwarzen Grabstein auf Melaten wider: Er ist gestaltet in Form eines klassischen Sarges, mit Fledermaus-Symbolik verziert und erinnert an den Grusel in Filmen wie „Tanz der Vampire“.

Fledermäuse auf dem Stein zeichnete Kämpfer zu Lebzeiten selbst

Michael Kämpfers Witwe Jana und seine Mutter Gabriele Brohl erzählen, dass die Grabgestaltung ein „echtes Gemeinschaftswerk“ der Grufti-Szene ist: „Die Grabplatte wurde von der Firma Grabmalkunst Fuchs in Dellbrück angefertigt. Ein Unikat. Die Idee dazu kam aus dem engsten Freundes- und Familienkreis. Das Porträt hat ein guter Freund und gnadenlos talentierter Tätowierer und Künstler – Tommy Lee Wendtner aus Siegburg – angefertigt. Die Fledermäuse auf dem Stein sind von Michael zu Lebzeiten gezeichnet worden. Sein Markenzeichen.“

An der Steingestaltung beteiligten sie viele Freunde bei einem Abend in Kämpfers Lieblingskneipe, dem „Redrum“ in der Lindenstraße. „Es ist ein Gemeinschaftswerk, das widerspiegelt, wie gesellig der Kämpfer war und wie sehr er jetzt im Leben vieler fehlt. Danke an alle, die sich daran beteiligt haben.“

Das Grab von Michael Kämpfer auf Melaten.

Das Grab von Michael Kämpfer auf Melaten.

Der aus Bonn stammende Kämpfer lebte mit seiner Frau Jana im Kwartier Latäng. Er war Comic-Zeichner, DJ (oft im Szeneladen „Lalic“) und Betreiber des Gothic-Ladens „Art of Dark“ am Rathenauplatz. Er galt als ein Urgestein der Gothic-Szene, die Anfang der 1980er Jahre aus dem Punk- und New-Wave-Umfeld erwuchs und fasziniert war von Themen wie Vergänglichkeit und Tod. Den nahm der „Kämpfer“, wie ihn Freunde nannten, ernst, aber sah ihn auch mit Humor.

1994 veröffentlichte er seinen ersten Comic „Immer, wenn es dunkel wird – So schwarz ist Köln“, der den Gothic-Elementen in der Stadt nachging, aber auch ein Statement gegen Rassismus war. Bis zuletzt erzählte er „Zwischenfälle und andere Anekdötchen“ in Comicform, brachte im vergangenen Jahr einen aus zwölf Cartoons bestehenden „Grufti-Kalender“ heraus.

Kleine Messingplatte mit Inschrift „Sonne ist albern“

Auf Melaten erinnert nun noch ein weiteres kleines Detail an Michael Kämpfer – an der Sitzbank schräg gegenüber seines Grabes ist eine kleine Messingplatte mit einem ironischen Gruft-Satz angebracht: Sonne ist albern.

Halloween ist eine gute Gelegenheit, sich auch noch andere Gräber auf Melaten anzuschauen. Die Skulptur des „Sensenmanns“ etwa ist weit über Köln hinaus bekannt. Das überlebensgroße, in ein Gewand gehüllte Menschengerippe erschreckt und fasziniert die Betrachterinnen und Betrachter gleichermaßen.

Der Sensenmann ist das Wahrzeichen des Melaten-Friedhofs.

Der Sensenmann ist das Wahrzeichen des Melaten-Friedhofs.

Der Sensenmann, der mit seinem Werkzeug symbolhaft den Tod über die Menschheit bringt, ist das Wahrzeichen des Friedhofs. Die ehemalige Grabstätte des 1902 mit 51 Jahren gestorbenen Johann Müllemeister, Bauunternehmer und Besitzer einer Ziegelei, befindet sich seit 1983 in Patenschaft der Kölner Steinmetz-Familie Steinnus.

Am Tag, als Johann Steinnus Ende der 1990er Jahre eine neue Sense an der Skulptur anbrachte, zog ein Gewitter über den Friedhof. Es donnerte in dem Moment, als der Sensenmann seine Werkzeug wiederbekam – „als schickte der Himmel ein Zeichen“, wie es damals hieß.

„Ruhestätte für ehemalige Beweismittel“

„Würdevolle Ruhestätte für ehemalige Beweismittel“ – so überschreibt die Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner die Grabstelle des 1812 verstorbenen Kölner Kartäuserpriesters Joseph Becker. Am 16. September 2022 wiederholte sich zum siebten Mal die noch junge Tradition, den sterblichen Überresten aus der Kölner Rechtsmedizin ein würdevolles Andenken zu geben. In Beckers Grabstelle werden Körperteile und Organe pietätvoll bestattet.

Auf Melaten sind viele Gräber ganz besonders gestaltet.

Auf Melaten sind viele Gräber ganz besonders gestaltet.

„Früher wurden die Organe als medizinischer Sondermüll in roten Tonnen entsorgt“, wird der Leiter der Rechtsmedizin Markus Rothschild in einer Mitteilung der Friedhofsgärtnergenossenschaft zitiert. Deren geschäftsführender Vorstand Lutz Pakendorf erklärte: „Menschliche Körperteile verdienen einen respektvollen Umgang, hierfür haben wir mit der Sammelbeisetzung in unserem Patenschaftsgrab eine gute Lösung gefunden.“

Auch Skelette, die etwa bei Bauarbeiten geborgen werden und denen die Rechtsmedizin eine Liegezeit von mindestens 50 Jahren attestiert, werden eingeäschert und in Beckers Grab bestattet.

Von Grusel werden manchmal selbst Menschen erfasst, die den Friedhof fast täglich betreten, so wie vor einigen Jahren der Friedhofsführer Günter Leitner. „Ich habe mich wirklich erschreckt.“ Beim Gang über Melaten sah er, dass eine marmorweiße Hand aus dem Grab des 2004 verstorbenen Kölner Originals und Lebenskünstlers Hermann Götting ragte – als käme sie direkt aus dem Sarg.

Doch bei näherem Hinsehen zeigte sich: Es war die Hand einer Schaufensterpuppe. Sie hielt eine weiße Rose, Zeichen für Trennung und Abschied.


Dieser Text erschien zuerst im EXPRESS.