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Unabhängige Geburtshilfe in UniklinikIm Lindenthaler Geburtshaus wurde das 500. Baby geboren

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Sandra Murn (l.) und Anna Adam in einem der Geburtsräume.

Sandra Murn (l.) und Anna Adam in einem der Geburtsräume.

Vor drei Jahren wurde die Einrichtung in Köln-Lindenthal gegründet. Sie bietet Schwangeren und Gebärenden ein umfassendes Angebot.

Jeder Mensch ist etwas Besonderes, schon bei seiner Geburt und besonders dann: Seine Eltern freuen sich darüber aber auch die anwesende Hebamme. Das Hebammenteam des Lindenthaler Geburtshauses ist über ein Baby aber gerade ganz besonders froh – und das liegt an einer Zahl: Die kleine Lenia ist das 500. Baby, das gerade an der Kerpener Straße 35, zur Welt gekommen ist.

Geburtshaus Lindenthal: Standort in Räumen der Uniklinik

Im August 2021 haben drei Hebammen das Geburtshaus gegründet. Es ist nicht in einem eigenen Gebäude beheimatet, sondern in dem der Frauenklinik unter geschlüpft, als Mieter und ein von der Uniklinik völlig unabhängiger Betrieb.

Der Standort ergab sich zufällig, weil im Klinikgebäude Räume frei waren – und drei Hebammen gerade auf der Suche. „Wir hatten Lust darauf ein Geburtshaus zu gründen“, erzählt Mitbegründerin Sandra Murn. „Wir hatten alle bereits außerklinisch gearbeitet, genauso aber auch in einem Kreißsaal einer Klinik.“

Sie bevorzugen die Arbeit in einer außerklinischen Geburtsstelle, wegen ihrer Möglichkeiten dort: „Im Geburtshaus können wir eine Eins-zu-Eins-Betreuung der Frauen gewährleisten“, sagt Murn. „Das ist in einer Klinik gar nicht so möglich, beispielsweise, weil drei Hebammen pro Schicht anwesend sind, aber sechs Kinder geboren werden.“

Besondere Betreuung im Geburtshaus

Im Geburtshaus könnten sie auf die Bedürfnisse der jeweiligen Frau eingehen. Sie seien unterschiedlich, je nach Charakter, Lebenseinstellung und Vorgeschichte der Schwangeren. Anna Adam, ebenfalls Hebamme im Geburtshaus, erläutert das genauer: „Wir haben hier Zeit, uns auf die jeweilige Frau zu konzentrieren, sie genau zu beobachten. Wir bemerken jede Bewegung, jeden Atem, jedes Tönen, sodass wir den Geburtsvorgang genau einschätzen und Pathologien vermeiden können.“

Die Hebammen würden jeder Frau individuell bei der Verarbeitung der Schmerzen helfen, etwa mit Massage oder Akupunktur. Eine „Periduralanästhesie“, kurz PDA, also eine Betäubungsspritze in den Rücken, kommt im Geburtshaus nicht zum Einsatz. Bei Bedarf gibt es aber ein sanftes Schmerzmittel.

Angst vor der Geburt

Eine große Rolle spiele aber die Angst, betont Adam. „Je ängstlicher die Frau ist, umso stärker werden die Schmerzen wahrgenommen“, sagt sie. Daher ist es den Hebammen auch wichtig, dass in den beiden schönen großen Geburtsräumen und dem Ersatzraum im Geburtshaus eine schöne Atmosphäre herrscht.

Eine Badewanne steht für die Gebärenden bereit, ebenso wie ein Gebärseil oder -stuhl. Die Frauen können bei der Geburt im warmen Wasser liegen. Sie können stehen und sich dabei festhalten oder sitzen. „Auf dem Rücken zu liegen, ist eigentlich die ungünstigste Position“, erläutert Adam. Insgesamt sei das oberste Ziel, dass die Geburt so natürlich wie möglich verläuft, aber so viel interveniert wird, wie nötig.

Schwangerschaftsvorsorge vor der Geburt

Auf die außerklinische Geburt werden die schwangeren Frauen lange vorbereitet. Viele meldeten sich bereits im Geburtshaus an, sobald ihr Schwangerschaftstest positiv ist, schildern Adam und Murn. In der siebten Schwangerschaftswoche starten die Vorsorgeuntersuchungen im Geburtshaus in Ergänzung zu den Untersuchungen beim jeweiligen Frauenarzt oder der -ärztin.

Ein Ultraschallgerät kommt im Geburtshaus nicht zum Einsatz. „Die Frauen sind aber immer wieder verblüfft, wie genau wir mit den Händen das Geburtsgewicht und die Fruchtwassermenge bestimmen können“, so Adam. Die Hebammen können während der Schwangerschaft bei diversen Beschwerden helfen, sie können den Frauen Übungen zeigen, damit das Kind sich dreht, falls noch nicht in der richtigen Startposition, mit dem Kopf nach unten liegt.

Sollte es während der Geburt wider Erwarten zu einem Notfall kommen, begleiten sie die Frauen auch in eine andere Klinik. Das sei diejenige, die gerade Kapazitäten hat, so Murn. Nur in einem lebensbedrohlichen Notfall würde der kurze Weg zur Uniklinik genutzt. „Das sei aber extrem selten“ betont Murn. „Während der 500 Geburten ist es einmal geschehen.“