Die Stadt sagt, sie habe die Sicherheitsmaßnahmen in den Kölner Museen technisch und personell erhöht.
Millionenschaden in Kölner MOKSo war der Museumseingang nach dem Diebstahl geschützt – Versicherer entsetzt
Dienstagabend, 16.30 Uhr. Im Museum für Ostasiatische Kunst (MOK) am Aachener Weiher treffen sich die Mitglieder des Fördererkreises des Museums zu ihrer Jahreshauptversammlung, es gibt ein paar Themen zu besprechen, auch die neue Direktorin Shao-Lan Hertel stellt sich den Unterstützern vor.
Kurz vor 20 Uhr ist die Veranstaltung beendet. Stephan Zilkens, Mitglied des Fördererkreises und Inhaber eines Kunstversicherungsunternehmens in Köln, tritt auf den Parkplatz. Er sieht die Pressholzplatte, die nach einem gescheiterten Einbruchsversuch in das MOK Ende Juni notdürftig das seinerzeit eingeschlagene Seitenfenster abdeckt, und denkt noch: „Mensch, wie sieht das hier nur aus? Wie kann man denn ein Fenster nur mit so einer Platte sichern?“
Köln: Einbrecher kamen durch ein schlecht gesichertes Loch in der Wand
Vier Stunden später, gegen Mitternacht, stemmen Einbrecher genau diese Holzplatte von der Wand. Sie steigen durch das Loch in die Ausstellungsräume, nehmen jahrhundertealtes chinesisches Porzellan im Wert von mehr als einer Million Euro aus den Vitrinen und entkommen mit ihrer Beute. Die Polizei hat bislang keine Spur von den Männern. Als wahrscheinlich gilt, dass ein Auftraggeber die Einbrecher gezielt auf das Porzellan angesetzt hat.
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Am Mittwochabend ist die Spurensicherung der Polizei am Tatort längst beendet, das Seitenfenster ist erneut provisorisch abgedichtet. Auf Details zu Sicherheitsfragen wollte die Stadt auf Anfrage nicht eingehen. Nur so viel: Man habe die Maßnahmen in den Kölner Museen – auch im MOK – nach dem Einbruch noch einmal erhöht, technisch und personell.
Beim Blick auf den Haupteingang des MOK an jenem Abend könnten Zweifel aufkommen: Zwischen den zwei innen gelegenen Handgriffen der doppelflügeligen, gläsernen Eingangstür liegt ein dünnes Kantholz. Es soll wohl das Öffnen von außen verhindern. Es ist 19.30 Uhr, das Foyer ist leer, ein Pförtner oder Wachmann gerade nicht zu sehen. Grundsätzlich wird das Museum 24 Stunden bewacht. Zwar gelangt man durch die Glastür erst einmal nur ins Foyer des Museums, nicht in die Ausstellungsräume. Aber vor dem Hintergrund dreier Einbrüche in neun Monaten, einem Millionendiebstahl tags zuvor und einer entbrannten Sicherheitsdebatte wirkt ein abgenutztes Stück Holz in der Tür zumindest befremdlich. Die Stadt wollte sich dazu nicht äußern.
Noch völlig unklar ist, ob oder in welchem Umfang die Versicherung für den Millionenschaden aufkommt. Grundsätzlich seien die Museums-Policen, wie in der Kunstversicherung üblich, sogenannte „all risk“-Policen, erklärt Alexander Wiebe, Managing Director von HDI Global Specialty, Kunstversicherung Art & Lifestyle. Damit seien die versicherten Gegenstände gegen alle Gefahren absichert, also auch Diebstahl. Ausnahmen, in denen die Haftung nicht greife, seien sehr eng definiert.
Ostasiatisches Museum: Ob und wie viel die Versicherung zahlt, ist noch unklar
„Eine Gefahrerhöhung und Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers, also zum Beispiel die Nicht-Einhaltung vereinbarter Sicherheitsbestimmungen, kann aber zu einem Kündigungsrecht oder zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen“, sagt Wiebe. Ob die Sicherheitsvorkehrungen des MOK ausreichend waren, lasse sich für ihn aus der Ferne nicht beurteilen. „Alleine aus der Tatsache, dass ein Diebstahl aus einem Museum gelungen ist, kann man aber nicht schließen, dass die Sicherheitsvorkehrungen unzureichend waren.“ Museumsdiebstähle kämen auch in hervorragend gesicherten Häusern vor.
Und wie bewertet nun die Versicherung des Museums eine Holzplatte als Abdeckung eines eingeschlagenen Fensters, hinter dem Millionenwerte lagern? Unklar. Fördererkreis-Mitglied Stephan Zilkens, als Inhaber der Zilkens Fine Art Insurance Broker GmbH selbst ein Fachmann auf dem Gebiet, erkennt ein schweres Versäumnis der Stadt, er sei entsetzt: „Die im Juni eingeschlagene Scheibe hätte man sofort durch eine neue ersetzen und dahinter eine elektronische Sicherung aufbauen müssen, die gegen Glasdurchbruch absichert. Zumindest provisorisch, bis ein neues Sicherheitskonzept steht.“
Selbst die Holzplatte hätte man elektronisch gegen Erschütterung oder Durchbruch sichern können, sagt Zilkens. „Das funktioniert dann zum Beispiel über Funksignale und kostet nicht viel, ungefähr 3000 Euro.“
Zwar hatte in der Nacht zum Mittwoch die Überwachungsanlage im Innenraum des Museums angeschlagen, doch da war es schon zu spät. Die Einbrecher hatten genug Zeit, neun Exponate auszusuchen, sie zu verpacken und damit die Flucht zu ergreifen, ehe ein Wachmann aus dem vorderen Teil des Gebäudes – zusätzlich aufgeschreckt durch Lärm – zum Tatort geeilt war. Er sah die Männer nur noch von hinten.
„Eine bloße Innenraumüberwachung in einem Museum ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Stephan Zilkens. „Man muss vor allem die Außenhaut überwachen. Denn je früher ein Einbruch gemeldet wird, desto eher kann man die notwendigen Maßnahmen einleiten.“
Die Stadt Köln, fordert der Experte, müsse endlich dringend in den Erhalt ihrer Museen investieren. „Man kann ja nur froh sein“, sagt Stephan Zilkens, „dass die Dombauhütte dem Domkapitel untersteht. Sonst wäre der Dom längst zerfallen.“