Beim Einbruch ins Kölner Museum für Ostasiatische Kunst entwendeten Diebe neun kostbare Porzellanobjekte. Eine Übersicht.
Ostasiatische KunstDiese Objekte wurden aus dem Kölner Museum gestohlen
Vor einigen Jahren zeigte das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst sein „weißes Gold“, zahlreiche Meisterstücke des chinesischen Porzellans aus dem 15. bis 19. Jahrhundert. Der Katalog zur Ausstellung könnte den Einbrechern, die in der Nacht zum Mittwoch neun Objekte im Millionenwert aus der Schausammlung des Museums stahlen, und insbesondere deren möglichen Auftraggebern durchaus als „Einkaufsliste“ gedient haben. Das älteste gestohlene Porzellanstück, eine Vase aus der Ming-Dynastie, wird im Katalog sehr prominent, nämlich seitenfüllend präsentiert und wie alle Ausstellungsstücke ausführlich beschrieben.
Es handelt sich um eine Wandvase aus den Jahren 1573 bis 1619, deren Rückseite flach ist und mit einer rechteckigen Öffnung versehen wurde, um sie an Wänden oder in einer Sänfte aufhängen zu können. Die Vase hat die Form eines Flaschenkürbisses und ist reich verziert, etwa mit den Schwanzfedern eines Phönix, der zu einem weiteren, zwischen Wolken schwebenden Vogel zurückblickt.
Aus der gleichen Dynastie stammt ein kugelförmiger Topf, auf dem zwei Drachen im Himmel über vier Weltenbergen tanzen. Ein beinahe identisches Stück wurde nach Recherchen des Museums im Grab des Prinzen Yizhuang ausgegraben. Adolf Fischer, der Museumsstifter, hatte es vermutlich einfacher, als er den Drachentopf im Jahr 1910 erwarb.
Die Ming-Dynastie gilt als Höhepunkt der chinesischen Porzellankunst
Nicht alle gestohlenen Objekte sind derart selten und bedeutend. Eine grüne Schale mit fünfklauigen Drachen, die nach flammenden Perlen greifen, stammt aus einer Bestellung, die der kaiserliche Hof im 17. Jahrhundert für den Unterhalt von Konkubinen des fünften Ranges in Auftrag gab. Auf dem Kunstmarkt wird derlei „Massenware“ gleichwohl gesucht und teuer bezahlt; auch das Palastmuseum in Peking besitzt eine vergleichbare Schale.
Die Ming-Dynastie gilt als Höhepunkt der chinesischen Porzellankunst, doch auch Arbeiten aus späteren Epochen wurden und werden als Ausdruck höchster Handwerkskunst geschätzt. Persische Herrscher verzehrten sich nach dem weißen Gold, ebenso die Europäer; diesen berichtete Marco Polo in leuchtenden Farben davon, wie Erfindergeist, handwerkliches Geschick und ausreichender Zugang zu geheimen Werkstoffen die bis heute unerreichten Glasuren möglich machten. Die Bewunderung für die Schöpfungen der Ming-Dynastie war so groß, dass in späteren Epochen selbst durch technische Unzulänglichkeiten erzeugte Fehler aus dieser Zeit kopiert wurden.
Adrian Heindrichs, Asienexperte beim Kölner Kunsthaus Lempertz, sieht im Einbruch professionelle Kräfte am Werk. „Gestohlen wurden typische Arbeiten der chinesischen Porzellankunst, Objekte, die wie die Drachenvase oder der gelbe Teller geradezu ikonischen Charakter haben.“ Das Diebesgut lasse daher „auf einen hochspezialisierten und auf Topware erpichten Auftraggeber“ schließen. Neben dem reinen Marktwert, den Heindrichs etwas höher als die von der Stadt genannten eine Million Euro schätzt, hätten die gestohlenen Werke einen bedeutenden ideelen Wert. „Sie stammen aus frühen Ankäufen des Sammlerehepaars Fischer, das ist eine hervorragende Provenienz.“
Über mögliche Hintermänner des Einbruchs kann auch Heindrichs nur spekulieren. Aber er ist sich sicher, dass diese Objekte im regulären Kunsthandel nicht auftauchen werden. „Sie wurden mit großer Wahrscheinlichkeit für den Schwarzmarkt besorgt. Niemand stiehlt so etwas, ohne Abnehmer dafür zu haben.“ Ganz allgemein habe der Markt für chinesisches Porzellan in den letzten Jahren kräftig angezogen: „Chinesische Sammler kaufen die Arbeiten im großen Stil aus Europa zurück.“
Einen ähnlichen Einbruch wie in Köln gab es im Februar dieses Jahres in den Niederlanden. Diebe drangen in das Keramik-Museum Princessehof in Leeuwarden ein und stahlen vier Objekte, darunter auch welche aus der chinesischen Ming-Dynastie. Damals hatte es kurz zuvor bereits einen gescheiterten Einbruchsversuch gegeben. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden daraufhin verstärkt, aber ohne den gewünschten Erfolg.
Seit Jahren gibt es einen Sanierungsstau am Museum für Ostasiatische Kunst
Seit Jahren wird der Sanierungsstau am Museum für Ostasiatische Kunst beklagt, der 2013 dazu führte, dass das städtische Haus im Jahr seines 100-jährigen Bestehens geschlossen werden musste. Die Frage, inwiefern die Sicherheitstechnik noch zeitgemäß sei, wollte Kulturdezernent Stefan Charles nicht beantworten. Die Stadt verwies lediglich darauf, dass die installierte Anlage Alarm ausgelöst habe. Shao-Lan Hertel, die neue Direktorin des Museums, wollte oder durfte sich nicht äußern.
Hertel wurde erst nach einer Hängepartie ins Amt berufen – zuvor war die Stelle mehrere Monate lang vakant geblieben. Überhaupt ist das Museum für Ostasiatische Kunst ein Stiefkind der Kölner Museen. Viele Sammlungsschätze sind wohl in einem derart angegriffenen Zustand, dass sie aus restauratorischen Gründen nicht gezeigt werden können. Auch äußerlich steht es nicht zum Besten: Das Haus macht einen etwas verwilderten Eindruck, das Unkraut sprießt, manche Steine bröckeln und Graffiti-Schmierer haben Spuren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude hinterlassen.
Dabei ist das Museum nicht nur das älteste auf asiatische Kunst spezialisierte Museum in Europa; es ist auch das einzige eigenständige in Deutschland, seitdem das Berliner Museum für Asiatische Kunst im Humboldt Forum aufgegangen ist. Die Sammlung umfasst etliche wundervolle Beispiele der fernöstlichen Kultur: antike Keramiken und kostbare Stoffe, schwungvolle Kalligraphien, hochfeine Zeichnungen und virtuos gestaltete Alltagsgegenstände. Gerade die chinesische Sammlung ist bedeutend und schlägt eine kulturelle Brücke zur zweiten großen Weltmacht unserer Gegenwart. Man könnte in ihr das natürliche Gegenstück zur amerikanischen Pop Art im Museum Ludwig sehen.
Aus der Spätphase der großen chinesischen Porzellantradition stammt eine nun ebenfalls gestohlene Vase, die zwischen 1796 und 1820 in der Qing-Dynastie angefertigt wurde. Sie hat die Form einer Laterne und leuchtet in dichten Blumen- und Früchteornamenten. Der Dekor besteht vor allem aus Glücksmotiven, die unter anderem zahlreichen Nachwuchs verbürgen sollen. Auf dem Kölner Diebstahl hingegen liegt kein Segen.