Das Kölner Unternehmen Revive restauriert gebrauchte Markenmöbel. Rund 1000 hochwertige Sofas und Sessel sind sofort verfügbar.
Magie der ReparaturZwei Kölner machen gebrauchte Markensofas so gut wie neu
Mitunter ist ein einziger Satz in der Kindheit prägender, als all das, was einem später in der Schule erzählt wird. Bei Jonas Brenig war es Großvater Heinrich, ein Augenarzt, der seinen Enkel mit dem Ausspruch „Ich könnte es mir auch neu kaufen, aber ich repariere es lieber“ regelrecht angefixt hat. Heute bekommt der 29-Jährige leuchtende Augen, wenn er von der „Magie der Reparatur“ spricht und von dem Stolz und der Zufriedenheit, die sie auszulösen vermag.
Für Brenig und seinen Geschäftspartner Paul Jonas ist dieser Reparatur-statt-Austausch-Gedanke längst zur Grundlage eines Erfolgsmodells geworden; denn nur neun Jahre, nachdem die beiden damals 20-Jährigen beschlossen, in Köln eine Firma zu gründen, ist aus einem kleinen Büro in Kalk das Möbelunternehmen Revive in Lövenich geworden, das aufgrund seines Lagers mit „tausend sofort verfügbaren Sofas“ sogar über ein attraktives Alleinstellungsmerkmal verfügt.
Auch Bauhaus-Klassiker gibt es im Kölner Möbelunternehmen
Die Firma funktioniert folgendermaßen: Brenig und Jonas kaufen gebrauchte Einzelstücke – hauptsächlich Sofas und Sessel, neuerdings auch Tische und Stühle. Jedes Teil muss drei Voraussetzungen erfüllen: Es muss hochwertig und ein Markenmöbel sein, und es muss aus einem rauchfreien Haushalt stammen. In der dem Lager angegliederten Werkstatt werden die Stücke dann in einen Zustand gebracht, der sie wie neu erscheinen lässt. Den Firmengründern gefällt der inzwischen inflationär gebrauchte Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht. Sie sprechen lieber von Sinnhaftigkeit.
Wenn man den Showroom in der Lövenicher Ottostraße betritt, blickt man auf ein einladenes Ledersofa von Baxter, den kantigen Bauhaus-Klassiker von Cassina, zwei Lounge-Sessel von Eames, eine opulente Sitzlandschaft von Bretz, einen Thonet-Stuhl und den Barcelona-Sessel von Knoll. Diese Eyecatcher bilden allerdings nur das Empfangskomitee.
Fundgrube für Kölner Unternehmen: Kleinanzeigenmarkt
Hinter dem Verkaufsraum lagert auf mehr als 4000 Quadratmetern Fläche das eigentliche Kapital von Revive: Vom Boden bis zur Decke sind in jeweils vier nüchternen Metallboxen nahezu alle Variationen von Sesseln und Sofas zu sehen.
Die Firmengeschichte beginnt eigentlich mit einem Zufall. Nämlich dem, dass Brenig nach dem Abitur Kleinanzeigen durchstöbert, weil es ihn neugierig macht, was Leute so alles aussortieren. Irgendwann stößt er auf zwei Sofas, die er nicht bezahlen, sondern nur abholen muss. Eins aus weißem Kunstleder, das andere aus grauem Strukturstoff. Brenig schiebt die beiden Dinger in den Familien-Van, möbelt sie daheim ein wenig auf und verkauft sie für 100 Euro. Bald stellt er fest, dass dieser Kleinanzeigen-Markt eine wahre Fundgrube für Leute wie ihn ist.
Sein Schulfreund Paul arbeitet zu dieser Zeit in einem Call-Center der Lufthansa in Kapstadt und stellt indes etwas anderes fest: dass er bei seiner Arbeit nicht die Freiheit hat, die er sich wünscht. Freiheit in Bezug auf das eigene Tun hat auch bei Brenig oberste Priorität. Sie bedeutet ihm mehr als das große Geld. Also beschließen die beiden 20-Jährigen, sich nach Jonas’ Rückkehr aus Südafrika zusammenzutun. Sie suchen zunächst nach einem Büro und richten sich in Kalk ein; allerdings noch ohne klare Vorstellung, was sie da nun genau tun wollen.
Die beiden Schulfreunde haben „eigentlich keine Affinität zu Möbeln“, aber „eine Affinität zum Tun“, betont Brenig und erzählt, wie sie beginnen, Sitzecken, die sie bei der Gamescom abstauben können, aufzuhübschen und weiterzuverkaufen. Beide Männer haben kein Problem, sich die Finger schmutzig zu machen. Und das müssen sie anfangs zur Genüge. Außerdem müssen sie Vieles lernen. Sich neuen Herausforderungen stellen – etwa Flecken entfernen aus hellem Leder.
Polsterer mit langer Berufserfahrung arbeiten für die Kölner Firma
Mittlerweile sind sie nicht nur in der Lage, Möbel zu restaurieren, sondern sie haben sogar „das Know-how, Möbel von Grund auf neu zu bauen“, auch wenn das nicht ihr Ziel ist. Angeblich ist der Nachschub an Gebrauchtmöbeln riesig. Daher waren die in der Anfangszeit gemieteten Garagen als Lagerflächen nach kurzer Zeit nicht mehr ausreichend.
Also zog Revive vor fünf Jahren an den jetzigen Standort in Lövenich, wo sich die Firma nicht nur räumlich ausdehnen konnte, sondern auch personell zugelegt hat. Inzwischen gehören 25 Leute – darunter Näherinnen und Polsterer mit langer Berufserfahrung – zum Team.
Veganes Leder mit im Angebot
Ohne diese Leute ging es auch gar nicht mehr. Dieser August war nach Angaben der Firmengründer „der beste Monat, den wir je hatten“; auch der Herbst laufe insgesamt bombig. Da das Unternehmen inzwischen gut mit Herstellern – wie etwa Bretz oder Ligne Roset – vernetzt ist, können sie ihrer Kundschaft neben privaten Gebrauchsstücken auch Ausstellungsstücke und Auslaufmodelle anbieten.
Ältere Lederpolster von Sesseln und Sofas müssen auch nicht notgedrungen durch neue ersetzt werden. Brenig und Jonas beziehen auch mit veganem „Leder“ – und das in einer Qualität, die beim Befühlen keinen Unterschied zur Tierhaut mehr feststellen lässt.