Bier, Chips, FlaggenIllegaler Handel rund um die Kölner EM-Spiele boomt

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Zu sehen sind Fußballfans, die an einem offiziellen Uefa-Fanshop am Rhein-Energie-Stadion anstehen.

Großer Andrang an einem offiziellen Uefa-Fanshop am Rhein-Energie-Stadion.

Viele Händler ohne Gewerbelizenz haben während der Kölner EM-Spiele mit Getränken, Snacks und Fanartikeln Umsatz gemacht.

Die Getränkepreise für die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland haben für viel Kritik bei den Fans gesorgt. Kein Wunder also, dass viele ihr Bier bei Händlern ohne Gewerbelizenz kaufen. So auch im Vorfeld der Partie Spanien gegen Georgien in Köln.

Bei Frank, unweit der S-Bahn Haltestelle „Müngersdorf Technologiepark“, kostet ein halber Liter Bier „nur“ vier Euro. Ein gutes Angebot für die vielen georgischen Fans, die von hier aus zum Rhein-Energie-Stadion pilgern. Denn an den offiziellen Uefa-Verkaufsständen kostet ein halber Liter Bier sieben Euro, mit Pfand müssen Fans pro Becher sogar zehn Euro bezahlen. Zum Vergleich: Bei den Spielen des 1. FC Köln kosten 0,5 Liter Kölsch normalerweise 4,90 Euro. Fans zahlen bei den EM-Spielen also einen erheblichen Aufpreis.

Köln: Viele Fans kaufen Bier bei Händlern ohne Gewerbelizenz

„Die Preise der Uefa sind schon happig, da kommen die Leute lieber zu mir“, lacht Frank. Er hat sich mit einem kleinen, unscheinbaren Anhänger am Straßenrand postiert. Darin hat er zwei Kühlboxen mit Bier verstaut. „Meine Ware geht hier schnell weg. Wenn die Kisten leer sind, denke ich:  ‚Mist, jetzt stehen hier noch so viele Leute.‘ Aber kein Problem, dann hole ich schnell Neues aus meinem Keller.“

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Der Mann wohnt in der Nähe und hat die Chance auf einen Nebenverdienst während der Europameisterschaft genutzt. Es ist das vierte EM-Spiel, bei dem er mit Getränken einen guten Umsatz macht. „Ich möchte nicht über genaue Zahlen sprechen. Ich kann nur sagen: Bislang habe ich hier in zwei Wochen mehr als einen guten durchschnittlichen Monatslohn verdient“, verrät Frank unter ohrenbetäubender georgischer Rapmusik, die aus großen Lautsprechern ein paar Meter weiter schallt.

Zu sehen ist ein Anhänger, in dem ein Plakat mit der Aufschrift „Bier 4 Euro“ steht.

Frank verkauft Bier für vier Euro aus einem Anhänger heraus.

Angst vor dem Ordnungsamt hat er keine. „Die interessieren sich doch gar nicht für mich. Ich habe hier ja keine zehn Kästen mit Bier gestapelt.“ Am besten verdient hat Frank an den Schotten: „Die waren so sympathisch und sind ja auch vor allem für das Bier nach Deutschland gekommen“, schmunzelt der Gelegenheitshändler. Er schaut zum Himmel hinauf, ein paar Regentropfen fallen. Dem Geschäft wird das vermutlich nicht schaden, denn gleich werden die georgischen Fans an ihm vorbei in Richtung Stadion laufen.

Händler haben keine Angst vor dem Ordnungsamt

Der Fanmarsch der spanischen Fans ist auf der Friedrich-Schmidt-Straße in Braunsfeld angekommen. Von hier sind es noch etwa zwei Kilometer Fußweg bis zum Stadion. Diesen Umstand hat sich eine kleine Familie zunutze gemacht, die spanische Anhänger an der Straße mit Chips und nicht-alkoholischen Getränken für drei Euro versorgt. Das Bier kostet auch hier vier Euro. Der Stand macht einiges her, er ist mit selbst gemalten Spanienflaggen auf denen „Hola“ und „Olé“ steht geschmückt. Die Verkäuferin am Stand hat keine Bedenken, dass sie etwas Illegales tut. „Wir haben hier ja nichts Großes aufgebaut. Wen soll das schon stören?“ 

Eine Gruppe spanischer Fans kommt vorbei. Sie bestellen sieben Bier und grölen „Viva España!“. Zwei weitere Fußballanhänger laufen vorbei, der eine auf Krücken. Eine Tüte Chips als Wegzehrung wird trotz großer Bemühungen „You still have to walk about 15 minutes!“ dankend abgelehnt. Als die Fanmassen vorbeigezogen sind, werden die wenigen übriggebliebenen Waren schnell verstaut. Die meisten Händler scheinen zu verdrängen, dass es keine Rolle spielt, wie viel sie verkaufen, und dass sie eine Gewerbelizenz – eine sogenannte Reisegewerbekarte – benötigen. Diese kostet zwischen 244 und 427 Euro.

Stadt Köln stellt klar: Verkaufen ohne Lizenz ist illegal

Nach Angaben der Stadt Köln braucht ein Betrieb, der Ware auf öffentlichen Flächen anbieten möchte, eine Reisegewerbekarte sowie eine Sondernutzungserlaubnis für die Fläche. Beides hätte sich bei der Stadt Köln bei zwei Abteilungen des Ordnungsamtes beantragen lassen. Die Reisegewerbekarte hätte sogar bundesweit gegolten.

Die Außendienstmitarbeitenden des Ordnungsdienstes haben nach den ersten vier EM-Spielen in Köln 77 „fliegende Händler“ im Bereich des Rhein-Energie-Stadions und im Umfeld der Fan-Zonen ohne Erlaubnisse festgestellt. Wer mit seinem Stand auffliegt, muss mit einem Bußgeld von mindestens 100 Euro und der Sicherstellung der angebotenen Waren rechnen. Verstöße innerhalb des Stadions und der Fan-Zonen werden zunächst von Uefa-Beobachtern geahndet.

Sie leiten die Vergehen mit Handyfotos und Live-Standorten an das Host City Operation Centre weiter, dem Koordinierungsgremium von Stadt, Polizei, Uefa und KVB im Deutzer Stadthaus. Im Anschluss wird der Ordnungsdienst informiert. Die meisten illegalen Aktivitäten an EM-Spieltagen haben sich auf den Verkauf von Schals, Fahnen und Bier bezogen, so die Stadt Köln.

Zwischen Jahnwiese und Südtribüne des Rhein-Energie-Stadions laufen zwei Männer die Straße entlang. In ihren Händen: Spanien-Flaggen, die sie für einen Euro anbieten. Zum Vergleich: Ein paar Meter weiter beim offiziellen Fanshop der Uefa gibt es eine Flagge für zehn Euro. Das Geschäft der beiden Händler scheint gut zu laufen. Immer wieder bleiben Fans stehen und sichern sich den günstigen Fanartikel. Bei dem Preisunterschied ist den meisten offenbar eine mutmaßlich niedrigere Warenqualität nicht so wichtig.

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