Vereine kümmern sich um die Verwandlung von verrottenden Häusern in bezahlbaren Wohnraum für jedermann. Im Domforum berichten sie, wie das geht.
Gemeinsam wohnenKölner Initiativen hauchen alten Gemäuern Leben ein

Die Machbarschaft Petershof besteht aus vielen engagierten Menschen.
Copyright: Machbarschaft Petershof
Ein Jugendstil-Eckhaus mit Spitzhaube in Dellbrück und ein alter Vierkanthof in Müngersdorf werden gerade auf ähnliche Weise wiederbelebt: Zwei private Initiativen sanieren die städtischen Baudenkmäler. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz hat daher Mirjam Baumert vom Wohnprojekt BG 1006 in Dellbrück und Hannah Espin Grau von der Machbarschaft Petershof in Müngersdorf eingeladen, bei einer öffentlichen Veranstaltung im Domforum am Montag, 24. Februar, um 19.30 Uhr die Ansätze ihrer Initiativen genauer vorzustellen. Sie haben einiges gemeinsam: Beide sind selbstorganisiert und arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern möchten einen besonderen Ort für gemeinschaftliches Wohnen, teilweise auch Arbeiten, vor allem aber für Austausch schaffen. Dafür haben sie den Zuschlag bei einem „Konzeptvergabeverfahren“ erhalten.

Schon jetzt veranstaltet die Machbarschaft Petershof Feste und Ausstellungen im alten Gutshof in Müngersdorf.
Copyright: Susanne Esch
Bereits vor einigen Jahren hat die Stadt Köln beschlossen, die städtischen Grundstücke in erster Linie an Initiativen, Organisationen oder Investoren zu vergeben, die das beste Konzept für die Nutzung vorlegen, statt wie bisher, an diejenigen mit dem höchsten Gebot. Dafür wird ihnen nicht das Eigentum übertragen, sondern ein Erbbaurecht eingeräumt.
Fördermittel helfen bei der Sanierung des Hauses in Köln-Dellbrück
Beide Initiativen knüpfen an jahrelanges Engagement von Bürgern und Bürgerinnen an: Im Fall des Petershof, ein das Ortsbild von Müngersdorf prägender Gutshof aus dem Jahr 1896, engagierte sich der ortsansässige Bürgerverein bereits für den Erhalt des Denkmals. Im Vorfeld fanden auch mehrere Bürgerwerkstätten statt, die ein Ergebnis erarbeiteten, das die Genossenschaft jetzt sehr ähnlich umsetzt. Den Denkmalschutz des prägnant bezipfelten Eckhauses in Dellbrück an der Bergisch Gladbacher Straße 1006 erkämpften Menschen bereits in den 80er-Jahren, als es dem Ausbau der Verkehrsachse weichen sollte. Die Stadt nutzte es lange für die Unterbringung von Obdachlosen und Geflüchteten, bis ein Sanierungsstau die weitere Nutzung unmöglich machte – und es jahrelang leer stand.
Die Initiativen springen nun ein: „Natürlich ist es, super, dass die Stadt die Denkmäler für eine gemeinwohlorientierte Nutzung an uns vergibt“, betont Espin Grau, „aber damit wird auch ein Stück weit die Verantwortung für den Erhalt des Denkmals an die Zivilgesellschaft outgesourcet.“ Es sei ein Widerspruch, sich einerseits ein gemeinwohlorientiertes Projekt zu wünschen, aber dann kein Geld zur Verfügung zu haben. „Es wäre aus unserer Sicht sehr zukunftsweisend, einen Topf bereit zu stellen, aus dem Gelder beantragt werden können“, so Espin Grau. Baumert hält auch mehr beratende Unterstützung für sinnvoll.
Das Projektmanagement ist für die Ehrenamtler und Ehrenamtlerinnen eine Herausforderung, das Austarieren von Finanzierungs- und Ausbaumöglichkeiten im Rahmen des Denkmalschutzes: „Es gibt Fördermittel, die wir beantragen können“, sagt Espin Grau, „vor allem von der Stiftung Denkmalschutz. Die Möglichkeiten, Anträge beim Land NRW zu stellen sind sehr begrenzt."

Der Verein Tausendsechs e.V. hat das Eckhaus in Dellbrück im Erbbaurechtsverfahren übernommen.
Copyright: Uwe Weiser
Baumert kann ein Beispiel nennen: „Wir bekommen Zuschüsse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)“, sagt sie. „Dafür müssen wir gewisse Energieeffizienzstandards einhalten und dämmen.“ Das sei aufgrund der denkmalgeschützten Fassade aber nur mit einem gewissen Aufwand möglich. Die Machbarschaft Petershof möchte eine neuartige Hanf-Kalk-Dämmung erproben und hat dafür eine Förderung beantragt, um eine Forschungskooperation mit der Uni Wuppertal zu finanzieren. Auch in baulicher Hinsicht setzt das Denkmal Grenzen: So versucht die Machbarschaft Petershof neue Wohnformen zu schaffen, beispielsweise Cluster-Wohnungen. Im Denkmal könne man aber nicht einfach Räume anordnen wie gewünscht, beliebig Fenster einsetzen, wie benötigt, schildert Espin Grau. „Daran zeigt sich, dass Denkmalschutz heißt, in den Dialog mit dem Gebäude zu gehen.“ Es seien eben Orte der Geschichte, betonen beide. Daher sei auch der Austausch zur Nachbarschaft wichtig und auch mit der Öffentlichkeit.
Der Verein BG Tausendsechs möchte bezahlbaren Wohnraum für 21 Menschen, aber auch einen Raum für Begegnung im Viertel schaffen. Um ihr gemeinwohlorientiertes Wohnprojekt zu finanzieren, wird die Initiative zukünftig Teil des Mietshäuser Syndikats. Dabei handelt es sich um einen Verbund von über 160 selbstorganisierten Hausprojekten bundesweit. Seine Strukturen ermöglichen eine Form der Vergesellschaftung und Finanzierung, auf deren Basis sozialer und bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.
Die Machbarschaft Petershof ist eine Genossenschaft. Sie schafft im Petershof gemeinschaftlichen Wohnraum für rund 30 Menschen, sowie ein soziokulturelles Zentrum mit Raum für Kultur, Initiativen, Begegnung und Erinnerung. Es entsteht ein offener Hof für die Nachbarschaft. Ein Investor baut zudem die ehemalige Scheune zu einer Kita um.
Vertreterinnen beider Vereine sind am Montag, 24. Februar, um 19.30 im Domforum zu Gast. Titel der Veranstaltung ist „Selbstorganisierte Wohnprojekte in Baudenkmälern“. Der Eintritt ist frei.