Das Clarenbachwerk veröffentlicht unter dem Titel „Lebensbilder“ Fotogeschichten von Bewohnern der Müngersdorfer Einrichtung.
Burgherrin und GipfelstürmerKölner Senioren schildern ihre Lebensgeschichten in einem Buch
Auf über 90 Seiten porträtiert Schriftsteller Michael Krupp neun Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die ihm seit Herbst letzten Jahres für Interviews zur Verfügung standen. Ergänzt wird das Werk durch zahlreiche Privatfotos der Persönlichkeiten. Im Rahmen der Buchpräsentation lasen Krupp, Buchgestalterin Irina Rasimus sowie Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Projekts im Lindenthaler Haus Deckstein aus den Kapiteln.
Die Zusammenarbeit mit den porträtierten Persönlichkeiten bezeichnet der Autor im Vorwort des just erschienenen Werks als „Schatzkammer der Erinnerungen“. „Das Spektrum der Themen reichte von fröhlichen bis tragischen Geschehnissen. Das verwundert natürlich nicht, denn die Leute sind während des Krieges oder unmittelbar nach dessen Ende geboren worden und wurden durch die Epoche geprägt“, so Krupp, der trotz der damaligen Not die Lebensfreude der Zeitzeuginnen sowie Zeitzeugen hervorhebt.
Bewohner im Clarenbachwerk in Köln-Lindenthal erzählen Geschichten
„Mein Name war vielen wohl etwas zu lang, weshalb man mich in der ersten Schulklasse in ‚Botter‘ umgetauft hat. Meinen Vater, an den unter anderem mein dritter Vorname erinnern soll, habe ich nie kennengelernt. Er ist als Bergmann 1941 in Castrop-Rauxel tödlich verunglückt als ich noch im Bauch meiner Mutter lag ...“, beginnt Friedrich Wilhelm Robert Botterbuschs Erzählung. Für den Lese-Event konzentrierte sich der ehemalige evangelische Pfarrer in Pulheim-Sinnersdorf jedoch auf die Schilderung seiner Antarktis-Reise und die Besteigung des mehr als 5.500 hohen Berges Kala Patthar in Nepal.
Das letzte Abenteuer liegt mehr als 30 Jahre zurück. Seit zwei Jahren lebt der Rentner im Clarenbachwerk. Zur Buchvorstellung hat der 81-Jährige alte Fotos mitgebracht: „Als ich neulich die Lager-Bilder von meiner Bergbesteigung des Kala Patthar sah, konnte ich wieder das Essen riechen, das die nepalesischen Sherpas damals zubereitet hatten“, sagt Botterbusch unmittelbar vor seinem Auftritt, atmet er tief durch und vertieft sich in sein Manuskript, aus dem er wenige Minuten darauf vortragen wird.
Für ein Raunen sorgt das Kapitel über Irene Schiefer, verrät Moderatorin Irina Rasimus, deren Freundschaft mit der Kölner Sanges-Legende Ludwig Sebus bereits in der Jugend entstand. In den „Lebensbildern“ erinnert sich die heute 93-jährige gebürtige Wiesbadenerin an Reisen nach Italien, Strandspaziergänge im Bikini und ihre Vorliebe für ein zeitloses Fortbewegungsmittel: „Wenn ich früher mit meinen Rollschuhen unterwegs war, sind die Leute stehen geblieben. Mein zukünftiger Mann fuhr immer mit seinem Rad dazwischen herum. Das hat mich ganz schön wütend gemacht, aber dann hat sich doch etwas zwischen uns entwickelt“, so die einstige Sekretärin.
Auch eine Schlossherrin gewährt in der Publikation biografische Einsichten: Die gelernte Floristin Marliese Arnolds lebte mit ihrem Mann auf der Burg Kessenich in Euskirchen. Rückblickend verleiht die 76-Jährige der Vorstellung von Romantik ein Quantum Realismus. Sowohl in den Räumlichkeiten als auch auf dem Hof sowie im Garten habe viel Arbeit gewartet. Für den roten Außenverputz des Anwesens, der noch heute sichtbar ist, war demnach keine Dienerschaft, sondern die Besitzerin selbst verantwortlich.
„Lebensbilder“, Michael Krupp, Clarenbachwerk gGmbH (Hrg.), 94 Seiten, der reich bebilderte Band ist per E-Mail an klemm@clarenbachwerk.de sowie telefonisch unter der Rufnummer 0221 4985220 gegen eine Spende bestellbar. Das literarische Projekt wurde mit Mitteln des Fördervereins, der Diakonie sowie der Stadt Köln gefördert. www.foerderkreis-clarenbachwerk.de