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Schlechte ÜberlebenschancenWeiße Mäuse und Ratten in Müngersdorf gesichtet – Tierschützer verärgert

Lesezeit 3 Minuten
Dorothea Schwab bedeckt die Kisten, mit denen sie die Ratten und Mäuse anlockt, mit einer Plastiktüte.

Dorothea Schwab bedeckt die Kisten, mit denen sie die Ratten und Mäuse anlockt, mit einer Plastiktüte.

Im Äußeren Grüngürtel in Müngersdorf hat ein Passant Dutzende Mäuse und Ratten entdeckt. Sie wurden offenbar ausgesetzt.

Wer derzeit weiße Ratten und Mäuse im Äußeren Grüngürtel entdeckt, leidet nicht etwa an Halluzinationen. Die Tiere sind dort tatsächlich unterwegs. Es handelt sich um keine neue Plage, sondern um Haustiere, erkennbar an ihrem schmucken Fell. Die Ratten sind auch grau oder weiß-grau, schwarz-weiß und braun-weiß und heißen daher auch Farbratten. Mit den weißen Mäusen wurden sie wohl von ihrem Besitzer im Äußeren Grüngürtel in Müngersdorf ausgesetzt.

Tierschützer konnten 16 Ratten und einige Mäuse im Kölner Grüngürtel wieder einfangen

Eine Passantin entdeckte sie dort – außerdem Spuren von Streu, das aus den Behältnissen stammen muss, in denen die Tiere in die Grünanlage transportiert wurden. Sie benachrichtigte die ortsansässige Interessengemeinschaft Müngersdorf Mensch-Umwelt-Natur. „Eine Hundebesitzerin hat mich angerufen, als sie entdeckt hatte, dass etwa 35 Ratten und Mäuse im Totholz herumsprangen“, erzählt Dorothea Maria Schwab von der Interessengemeinschaft. Mit sechs anderen Tierfreunden machte sie sich auf den Weg zur Fundstelle. Gemeinsam konnten sie zunächst 16 Farbratten und acht Mäuse einfangen.

Diese weißen Farbratten sind derzeit im Äußeren Grüngürtel unterwegs.

Diese weißen Farbratten sind derzeit im Äußeren Grüngürtel unterwegs.

Die Biologin kennt sich mit den Nagetieren aus: „Es handelt sich um handzahme Jungratten“, schildert sie, „auch ein hochträchtiges Weibchen war darunter.“ Die Ratten konnte sie teilweise einfach aufsammeln. Schwab stellte zudem einen Karton mit Holzwolle und Futter auf, um sie anzulocken. Die Mäuse fingen sie mit einem Netz. Warum ihre Besitzer die Haustiere aussetzten, kann sie nur vermuten: „Möglicherweise sind es Nagetiere, die Schlangenbesitzern als Futter dienten, vielleicht waren die Besitzer auch einfach mit den sich vermehrenden Ratten und Mäusen überfordert“, sagt sie. Sehr wahrscheinlich handele es sich aber um eine Zucht, derer man sich entledigt habe.

Eingefangenen Tiere fanden Unterschutz im Zollstocker Tierheim

„Das ist wirklich unmöglich“, ärgert sich Schwab. Das Aussetzen von Tieren ist nach dem Tierschutzgesetz verboten und kann den Straftatbestand der Tierquälerei erfüllen. Die Tierfreunde meldeten den Gesetzesverstoß der Polizei und dem Ordnungsamt und brachten die eingefangenen Tiere zum Tierheim Zollstock, wo sie nun darauf warten, an verantwortungsvollere Besitzer vermittelt zu werden. Auch der BUND kritisiert, dass einige Menschen ihre tierischen Mitbewohner einfach wegwerfen: „Leider kommt es immer wieder vor, dass Haustiere draußen entsorgt werden“, so Holger Sticht, Vorsitzender des BUND-Landesverbandes NRW. Die Haltung aller Tiere müsse stärker kontrolliert und reguliert werden.

Möglicherweise sind es Nagetiere, die Schlangenbesitzern als Futter dienten, vielleicht waren die Besitzer auch einfach überfordert
Dorothea Maria Schwab, Biologin

Das Aussetzen von Tieren sei nicht nur für sie selbst schädlich, sondern könne auch für die heimischen Ökosysteme problematisch sein. „Deswegen ist es auch über das Bundesnaturschutzgesetz verboten, wenn es sich nicht um heimische Tierarten handelt“, so Sticht. Trotzdem sind schon so einige fremdländische Spezies in den Kölner Grünanlagen unterwegs: Im Frühling und Sommer sonnen sich amerikanische Schmuckschildkröten auf den Ästen und Steinen am Adenauer- und Stadtwaldweiher. „Sie wurden ausgesetzt“, sagt Sticht. „Das geschieht immer noch.“ Ihre Überlebenschancen sind nicht gut: „Je nach Gewässer, in das sie gebracht werden, überleben sie bei uns die Winter nicht“, sagt Sticht.

Köln: Die ausgesetzten Ratten können in der Natur nicht überleben

Eigentlich müsse der Verkauf über Zoohandlungen verboten werden. Die Tiere hätten gewisse Ansprüche. Daher müssten Käufer eigentlich erst ihre Sachkunden nachweisen. Die überlebenden Schildkröten seien aber bisher nicht in der Lage, sich hier erfolgreich zu vermehren, sodass die Auswirkungen auf das Ökosystem bisher überschaubar seien. Auch die mittlerweile allseits bekannten grünen Halsbandsittiche asiatischer Herkunft sind wohl irgendwann einmal einem Vogelkäfig entfleucht oder wurden freigelassen. Das ist nun aber bereits Generationen her.

„Die heute hier wild lebenden Vögel sind mittlerweile alle in Freiheit geboren“, erläutert Sticht. Ihre Anwesenheit sei bislang ebenfalls unproblematisch für die Stadtnatur. Bei anderen Tierarten könne das aber auch ganz anders sein. Dass sich künftig rudelweise gescheckte Farbratten und weiße Mäuse in den Kölner Parks tummeln, ist hingegen unwahrscheinlich. Die gezüchteten Haustiere haben laut Sticht wahrscheinlich nicht die Konstitution für ein selbstständiges Überleben in der freien Natur. Diese Ansicht teilt auch Dorothea Schwab: „Die ausgesetzten Ratten und Mäuse haben gar nicht das Reaktionsvermögen einer Feldmaus“, betont sie. Sie dienen wohl schlicht als Raubvogelfutter.