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Premiere am 1. MaiTheaterstück „Edelweißpiraten“ beleuchtet NS-Jugend in Köln

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BU: Frederika Bohr (l.) und Anthea Petermann in der Aussenspielstätte der Tanzfaktur an der Vitalisstraße 314.

Frederika Bohr (l.) und Anthea Petermann in der Außenspielstätte der Tanzfaktur an der Vitalisstraße 314.

Frederike Bohr bringt die Geschichte der „Edelweißpiraten“ auf die Bühne, eine Gruppe unangepasster Jugendlicher, die im NS-Regime Widerstand leistete.

Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Verharmlosung von Naziverbrechen: Rechtsextreme Einstellungen haben sich nach einer Studie in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren verdreifacht. Wie findet man in unserer Gesellschaft eine Haltung dazu – gerade als junger Mensch? Die Regisseurin Frederike Bohr hat sich des Themas in Kooperation mit der Studiobühne angenommen und sich mit der unangepassten Jugend in der NS-Zeit beschäftigt. Ihr neues Stück „Edelweißpiraten“ hat am 1. Mai im Technologiepark Müngersdorf Premiere.

Das Vorhaben reifte lange: „Ich komme aus einer Historikerfamilie“, schildert Bohr. „Ich bin mit der Aufarbeitung der NS-Zeit aufgewachsen. Die Edelweißpiraten sind für mich zudem auch ein Kölner Thema“.

Edelweißpiraten aus Ehrenfeld 1944 öffentlich gehängt

Besonders im Gedächtnis der Stadtgesellschaft blieb das tragische Ende der Ehrenfelder Piratengruppe: Am 10. November 1944 wurden in der Hüttenstraße dreizehn Mitglieder der Gruppe, darunter fünf Jugendliche, von der Gestapo ohne vorheriges Gerichtsurteil öffentlich gehängt. Als Haupttaten wurden insgesamt fünf Morde und versuchter Sprengstoffdiebstahl zur Last gelegt.

Seitdem herrschte lange eine Kontroverse darüber, ob es sich bei ihnen um Märtyrer, Helden oder Kriminelle handelte. Der Streit ist mittlerweile beigelegt. Die Jugendlichen sind rehabilitiert. Die Edelweißpiraten Jean Jülich, Michael Jovy und Barthel Schink wurden 1984 in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt, weil die Gruppe in den Trümmern Ehrenfelds Juden versteckt und mit – oft gestohlenen – Lebensmitteln versorgt und damit gerettet hatte.

Wer waren die Edelweißpiraten? Neues Theaterstück in Köln gibt Einblick

Doch wer waren die Edelweißpiraten jenseits von einzelnen Aktionen bestimmter Gruppen? Diese Frage möchte Bohr in ihrem Stück beantworten und ein realistisches Bild der unangepassten Jugend zeichnen, das kein Klischee bedient: „Es waren junge Menschen, die sich nicht dem Drill der Gesellschaft unterwarfen und nicht dem Massengruppenzwang anschlossen“, sagt Bohr.

Die Motive seien unterschiedlich gewesen. Manche hätten einfach den Wunsch, nicht Mitglied der Hitlerjugend oder des Bundes Deutscher Mädchen zu werden, andere seien politisch motiviert gewesen, Flugblätter zu verteilen, Häuserwände mit Parolen zu versehen oder Lieder gegen die Nazis zu singen. Wieder andere begingen Sabotageakte.

Theaterstück zeigt Diversität der Edelweißpiraten im Zuge der Zeit

Dabei hätten sich die Motive und Aktivitäten auch nach dem Krieg unterschieden: „Am Ende des Krieges lag die Stadt in Trümmern“, betont Bohr. „Die Jugendlichen hatten keine Ausbildungsstätten, keine Jobs, keine Perspektive.“ Die Taten wurden radikaler. Bohr möchte die Diversität der Edelweißpiraten auch im Zuge der Zeit zeigen, in ihren verschiedenen Phasen.

Vorlage der Inszenierung ist ein Text des Autors Marco Hasenkopf. Er schildert das Leben der Edelweißpiraten aus der Sicht der Kölner „Piratin“ Gertrude „Mucki“ Koch.

Bei ihren Recherchen stießen Bohr und Dramaturgin Anthea Petermann auch auf das Buch „Soweit er Jude war“ des Sülzer Autors Peter Finkelgrün, in dem er sich mit dem Widerstand der unangepassten Jugend, ihrer Kriminalisierung und ihrer Rehabilitation befasste. Dabei ergab sich eine weitere Facette des Themas: der Umgang mit dem Nationalsozialismus nach dem Krieg, das schambehaftete Schweigen, die Tatsache, dass ehemalige Nazis nun wieder in hohen beruflichen Positionen tätig waren.

So schlägt Bohr einen Bogen von der Geschichte der Edelweißpiraten über den Umgang damit in Nachkriegs- bis in die heutige Zeit, unter der musikalischen Leitung von Regina Melech untermalt von den „Piraten-Liedern“ und unterstützt vom NS-Dok mit Dokumenten und Bildmaterial.

Eine konkrete Aussage möchte die Regisseurin dabei nicht treffen: „Als Theaterschaffende möchte ich Fakten darstellen, Fragen aufwerfen, die ich selbst nicht beantworten kann und mit dem Blick auf gestern auf die politische Lage heute hinweisen.“


„Edelweißpiraten“, 1. bis 5. Mai, jeweils um 20 Uhr in der Außenspielstätte der Tanzfaktur, Vitalisstraße 314