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Verzicht auf AutosPetershof in Köln macht Ernst mit Verkehrswende

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se-Petershof-Radtour

Mitglieder der Initiative Machbarschaft Petershof und Bezirksbürgermeisterin Cornelia Weitekamp (2.v.l.) beim  Start zur Critical Mass. 

Müngersdorf – Das Laub, die Äste und das Gerümpel sind beseitigt. Der Boden des Innenhofs ist blank. Es herrscht Ordnung in dem alten Vierkanthof – und die sollen auch Autos künftig nicht stören. Die Initiative „Machbarschaft Petershof“ möchte in dem alten Gebäude Platz für bezahlbarem Wohnraum, eine Kita, Gewerbe und Veranstaltungsflächen schaffen. Für ihr Konzept hat sie den Zuschlag der Hofeigentümerin, der Stadt Köln, erhalten. Dabei ist ihr neben den sozialen Aspekten auch ökologische Nachhaltigkeit wichtig: Die Gruppe plant ein alternatives Mobilitätskonzept.

Pkw sind dabei vom Hof verbannt – und sollen möglichst auch nicht in den engen Straßen in Alt-Müngersdorf stehen. Die Machbarschaft unterstützt den Beschluss der Bezirksvertretung Lindenthal, wonach in dem ehemaligen Unitymedia-Gebäude an der Aachener Straße 746 bis 750 eine Quartiersgarage entstehen soll. Die Stadt hat das Gebäude gekauft, um dort eine Schule zu eröffnen – und 200 Stellplätze miterworben, die sie zum großen Teil nicht braucht.

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Die Initiative „Machbarschaft Petershof“ möchte in dem alten Gebäude Platz für bezahlbarem Wohnraum schaffen.

Um sich dafür einzusetzen, dass sie den Müngerdorfern zur Verfügung gestellt werden, hatte die Initiative nun die Bezirksbürgermeisterin Cornela Weitekamp und den Bürgerverein Müngersdorf zu einem Treffen auf den Petershof geladen. Von dort radelten die Teilnehmer gemeinsam zum Rudolfplatz, um an der Critical Mass Köln teilzunehmen, einer regelmäßig stattfindenden Demonstration von Radfahrenden, die mit einer gemeinsamen Tour durch die Innenstadt auf ihre Bedürfnisse im Straßenverkehr aufmerksam machen.

Die engen Straßen sind zugeparkt

Cornelia Weitekamp erläuterte den Grund, warum sie und ihre Kollegen aus der Bezirksvertretung sich für die Quartiersgaragen einsetzen: „Gerade Viertel mit engen Straßen und Altbauten, die keine Garagen aufweisen, sind überall zugeparkt“, schilderte sie. Es sei wichtig, die Menschen zum Umsteigen auf Räder und den Öffentlichen Nahverkehr zu bewegen. „Es gibt aber natürlich auch Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind“, so Weitekamp. „Daher brauchen wir Quartiersgaragen.“ Die Machbarschaft Petershof unterstützt das Projekt aus verschiedenen Gründen: „Wir möchten hier in dem Denkmal ein Vorbild für den Umgang mit globalen Themen wie der Klimakrise und lokalen wie der Verkehrswende schaffen“, erläuterte Initiativenmitglied Hannah Espin Grau. Christian Frings, ebenfalls Mitglied der Machbarschaft, erläuterte die Bedeutung für das Viertel: „In Alt Müngersdorf gibt es bereits zu viele Autos“, so Frings. Daher unterstütze die Initiative das Projekt der Quartiersgarage.

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Für diejenigen künftigen Petershof-Bewohner, die nicht auf ein Auto verzichten können, sollen in der Garage Stellplätze vorhanden sein. Aber auch sonst soll der Petershof möglichst wenig Autoverkehr verursachen: „Hier wird eine große Kita einziehen, die auch Familien aus anderen Vierteln zur Verfügung stehen wird.“ Die Machbarschaft Petershof suche nach Möglichkeiten, wie sie ihre Kinder am besten ohne Auto dorthin bringen können. Der Hof sei schon mit zwei Buslinien und der Stadtbahnlinie 1 gut an der Öffentliche Nahverkehrsnetz angebunden. Die Radverkehrsrouten müssen allerdings noch verbessert werden.

„Hier ist nicht Ehrenfeld“

Der Bürgerverein Müngersdorf unterstützt die Idee der Machbarschaft, ein alternatives Mobilitätskonzept zu entwickeln. „Wir sind gespannt, wie sie es umsetzen“, sagte der Vereinsvorsitzende Harald Schäfer. „Autofreies Wohnen sind die Menschen in Müngersdorf noch nicht gewohnt. Hier ist nicht Ehrenfeld.“ Dafür sei insbesondere auch eine bessere Anbindung des Viertels für den Radverkehr wichtig. „Es gibt einen Radweg auf der Aachener Straße“, so Schäfer, „aber auf der Stolberger Straße fehlt er trotz zahlreicher Beschlüsse in der Vergangenheit immer noch.“ Nur ein kleines Bruchstück sei vorhanden. Und die stark befahrene Widdersdorfer Straße mit ihren zahlreichen Ausfahrten sei für den Radverkehr gefährlich.

Durch die Projektentwicklung auf dem Max-Becker-Areal würde eine neue Radroute aus dem Kölner Westen bis in die Innenstadt möglich. Er hofft, dass die Bezirkspolitik sie beschließt, die Verwaltung sie umsetzt – und den Müngersdorfern das Radfahren künftig leichter gemacht wird.