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Familie wurde verfolgtBuch berichtet aus dem Leben des Kölner Juden und Journalisten Peter Finkelgruen

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Roland Kaufhold (l.) und Peter Finkelgruen stehen vor einem Baum.

Autor Roland Kaufhold (l.) und Peter Finkelgruen

In sechs Buchkapiteln hat Autor und Freund Roland Kaufhold die prägnanten Ereignisse in Finkelgruens Leben beleuchtet.

Als Peter Finkelgruen am 22. September 1977 die Wohnungstür öffnete, blickte er in die Mündung eines Maschinengewehrs. Polizisten belagerten das Treppenhaus, die Waffen auf ihn gerichtet. „Aha“, sagte er nur, warnte seine Frau und Tochter. Dann stürmten die Männer die Wohnung, auf der Suche nach Hanns Martin Schleyer. Man vermutete, dass der von der RAF entführte Arbeitgeberpräsident in dem Haus an der Siebengebirgsallee 77 versteckt wurde.

Finkelgruen war ein Zufallsopfer der Durchsuchung. Trotzdem war die Situation absurd: „Ich hätte eigentlich allen Grund dafür gehabt, Schleyer zu entführen“, sagt er. „Er war als SS-Mann in Prag zuständig für die Arisierung jüdischer Unternehmen. Der fiel auch das Geschäft meines Großvaters zum Opfer.“

Autor Roland Kaufhold schreibt Buch über seinen Freund Peter Finkelgruen

Mittlerweile lebt Peter Finkelgruen in Sülz. Über sein bewegtes Leben hat sein langjähriger Freund, der Autor Roland Kaufhold, ein Buch geschrieben. Der Titel ist ein Zitat: „Mich erfüllte ein Gefühl von Stolz. Ich hatte es geschafft.“ Es bezieht sich auf Finkelgruens elfjährigen Kampf gegen die Justiz, der am Ende von Erfolg gekrönt war: Der ehemalige SS-Aufseher im Gestapo-Gefängnis Kleine Festung Theresienstadt, Anton Malloth, der seinen Großvater Martin Finkelgruen erschlagen und etliche andere jüdische Gefangene ermordet hatte, wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Buch erzählt auch von dem Skandal im Hintergrund: Malloth, genannt „der schöne Toni“, lebte von 1988 bis 2000 ungestört und umsorgt in München. Gudrun Burwitz, Tochter von Heinrich Himmler, hatte ihm im Auftrag der „Stillen Hilfe“ zu einem Zimmer in einem Seniorenheim verholfen, auf einem Grundstück, das zur NS-Zeit dem „Stellvertreter des Führers“, Rudolf Heß, gehört hatte. Nach Burwitz' Tod 2018 enthüllte schließlich eine Tageszeitung „die Pointe“, wie Finkelgruen es nennt: Burwitz war viele Jahre beim Bundesnachrichtendienst angestellt gewesen.

Der Großvater von Peter Finkelgruen wurde ermordet

In sechs Buchkapiteln hat Kaufhold die prägnanten Ereignisse in Finkelgruens Leben beleuchtet. Eine Biografie hätte den Rahmen eines Buches gesprengt. Die Kurzfassung von Finkelsgruens Vita ist schon kompliziert genug: Seine jüdische Familie stammt aus Bamberg. Sein Großvater hatte dort ein Kaufhaus, übersiedelte später nach Berlin und baute sich nach der Flucht aus Deutschland in der tschechischen Hauptstadt einen neuen Laden auf. Nachdem Deutschland die Tschechoslowakei besetzt hatte, wurde er verhaftet, verschleppt und schließlich ermordet.

Peter Finkelgruens Vater war mit seiner Frau ins Shanghaier Ghetto geflüchtet, wo Peter 1942 geboren wurde. Ein Jahr nach seiner Geburt starb sein Vater. Seine schwer kranke Mutter zog mit ihrem Sohn nach Prag zu seiner Großmutter. Dort absolvierte Peter Finkelgruen die Grundschule. Nachdem seine Mutter gestorben war, wanderte die Großmutter mit Peter nach Israel aus, wo er das Abitur machte. Für sein Studium in Freiburg kamen beide zusammen nach Deutschland: 1959 gewann er erste Eindrücke vom Land seiner Vorfahren, der Gesellschaft der Nachkriegsjahre. „Es war eine Zeit, in der antisemitisches Vokabular und antisemitische Witze noch völlig ungeniert im Alltag verwendet wurden“, erinnert sich Finkelgruen.

1963 zog Peter Finkelgruen nach Köln – heute wohnt er in Sülz

1963 zog er nach Köln, wo er als Redakteur bei der Deutschen Welle anfing. 1968 wurde er aktiv in der Kölner FDP – aus einem pragmatischen Grund: Ich wollte, dass die CDU abgewählt wird und weil die SDP einen Koalitionspartner brauchte, wollte ich die FPD umfunktionieren. In der Partei war er mit „rechten Figuren“ konfrontiert, mit Siegfried Zoglmann, ehemaliger HJ-Gebietsführer im Sudentenland, mit dem „Panzermeyer“, Ex-Generalmajor der Waffen-SS, und mit Ernst Achenbach, der jahrelang die Ratifizierung des Abkommens mit Frankreich verhindert hat, auf dessen Basis Ex-Nazis verurteilt werden konnten.

Ein Kapitel des Buchs beschreibt den Umbruch in der FDP, als ein neuer linksliberaler Geist einzog und versuchte, die alten Verkrustungen aufzubrechen. Es erzählt von einem Komplott, in dessen Zuge Finkelgruens damalige Frau in die Schlagzeilen geriet und beweist mehrfach eine alte These: Dass Privates manchmal sehr politisch ist.


Roland Kaufhold, „Mich erfüllte ein Gefühl von Stolz. Ich hatte es geschafft“, Books on Demand, ISBN 978-3756819201, 12,99 Euro