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„Geschwister Fürchterlich“Immer mehr Väter und Opas nähen in der Selberschneiderei in Köln-Sülz

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau mit dunklem schulterlangem Haar steht vor einem Regal mit Stoffen. Sie zeigt einen Kinderpulli auf einem Bügel.

Martina Lipps in ihrer Nähschule in Sülz

Bei Martina Lipps kann jeder lernen, Kinderklamotten selbst zu nähen. Neues Zuhause ist die Blankenheimer Straße in Sülz.

Die „Geschwister Fürchterlich“ sind neuerdings in dem Ladenlokal an der Blankenheimer Straße 2 zu Hause. Das klingt zunächst einmal nicht sehr einladend. Doch hinter dem entsprechenden Logo auf der unscheinbaren Ladentür verbirgt sich ein kleines Paradies mit vielen bunten Stoffen und Nähmaschinen. Wie kam es also zu der ungewöhnlichen Bezeichnung für die Nähschule in Sülz? Inhaberin Martina Lipps hat eine längere Geschichte parat: „Meine jüngere Schwester Anika und ich haben vor zehn Jahren angefangen zu nähen“, erzählt Lipps.

Die Stoffmärkte in Köln inspirierten die beiden mit ihrem Angebot an schönen bunten Stoffen. Doch die Pandabären-Hosen und Katzen-Shirts erwiesen sich nicht dauerhaft als alltagstaugliche Outfits. Lipps' Schwester begann daher aus den Kleidungsstücken Kindershirts zu fertigen. Zunächst wunderte Martina Lipps sich, für wen sie diese denn näht. „Wir hatten ja noch keine Kinder“, sagt sie. Trotzdem war sie angesteckt vom Kinderklamotten-Nähfieber und fertigte aus einer alten Jeans die erste Kinderlatzhose. Es war der Start einer Massenproduktion.

Auf Spielplätzen fragten andere Mütter, woher die Klamotten stammen

Die großen Stoffmärkte in Leverkusen zwei Mal im Jahr wurden zu Pflichtterminen für die Lipps-Schwestern. Bald quollen ihre Kleiderschränke über - und ihre Männer tauften sie um in „Die Geschwister Fürchterlich.“ Die Frauen fanden den Namen lustig und nannten sich fortan selbst so. „Und dann wurde ich 2021 schwanger“, sagt Lipps. „2022 kam meine Tochter zur Welt. Wir mussten keine Kleidung für sie kaufen. Bis auf die Söckchen hatte ich schon alles im Schrank.“

Auf den Kölner Spielplätzen und in den Krabbelgruppen machte sie fortan immer dieselbe Erfahrung: „Andere Mütter sprachen mich auf die Outfits meiner Tochter an und fragten, ob ich sie selbst genäht habe“, schildert Lipps.

Eine junge Frau steht neben einem großen Zuschneidetisch.

Martina Lipps lässt die Kunden auf dem Tablet ein Kleidungsstück aussuchen.

Sie bejahte und bekam meist die gleiche Antwort: „Ich wünschte, das könnte ich auch.“ So entstand die Idee, eine Nähschule für die Mütter zu gründen, unter dem vertrauten Namen „Geschwister Fürchterlich“, allerdings schwesterlos als Ein-Frau-Betrieb. Das Angebot ist niedrigschwellig: „Es geht nicht darum, Kleidung maßzuschneidern, sondern dass sie selbst gemacht ist.“

In jedem Fall sind die Ergebnisse individuell. Lipps hält ein großes Angebot an kunterbunten Stoffen parat, vom leichten Baumwollstoff bis hin zu Wollwalk für Outdoor-Outfits. Dazu hat sie ein großes Repertoire an Schnittmustern, allerdings nicht in Papierform. „Ich finde Schnittmuster aus Papier wenig nachhaltig“, so Lipps.

Schnittmuster wird über Beamer auf Schneidetisch projiziert

Daher bekommt jede Kundin ein Tablet, auf dem sie das jeweilige gewünschte Kleidungsstück, wie Shirt, Pullover, Hose, Rock, Overall oder Kleid und die Schnittform sowie die gewünschte Größe auswählen kann. Das jeweilige Schnittmuster wird dann über einen Beamer auf den Schneidetisch projiziert. Dort können die Kunden und Kundinnen die Stoffe dann zuschneiden. Auf dem Tablet ist dann per Klick jeder weitere Schritt in einer Anleitung erklärt. Aber natürlich steht Lipps ihnen unterstützend zur Seite.

Feste wöchentliche Kurs-Termine bietet Lipps nicht an. Die Kunden und Kundinnen können über ihre Webseite einen Zeitraum buchen, in dem sie das gewünschte Kleidungsstück fertigen möchten. Wie viel Zeit sie jeweils einplanen müssen, ist dort auch erklärt.

Bislang waren es dann allerdings weniger die Spielplatz-Mütter, die sich anmeldeten, als eine andere Zielgruppe: „Ich habe aktuell mehr Väter und Opas, die für ihre Kinder und Enkelkinder Kleidungsstücke nähen möchten als Frauen.“ So steht nun regelmäßig ein „Herrennähen“ im Terminkalender der „Geschwister Fürchterlich“.


Die Nähkurse kosten 14 Euro pro Stunde, plus Stoff. Die Stoffe kosten zwischen 5 und 25 Euro pro Meter. Geschwister Fürchterlich, Blankenheimer Straße 2, 50937 Köln

www.die-selberschneiderei.de