Zeichnen, Nähen, LaufenDiese Hobbys haben ksta-Redakteure dank Corona neu entdeckt
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Der Lockdown im Frühjahr und Herbst gab einigen unserer Redakteurinnen und Redakteure Zeit für neue Beschäftigungen. Womit beschäftigen sich diese, wenn Sie gerade nicht schreiben?
1) Milas Mökki
Der Lockdown im März war hart. Nicht wegen Isolation oder Klopapier. Die Baumärkte waren zu! Am ersten Tag nach Wiederöffnung, startete ich mein Vater-Tochter-Projekt, das ich in Anlehnung an skandinavische Häuser und den Kindsnamen „Milas Mökki“ nenne. Der Plan: Ich baue meiner Tochter ein eigenes Haus. Nicht dass sie dort gleich einziehen sollte, das wäre mit damals drei Monaten etwas ambitioniert. Ausgerechnet im Baumarkt in Gangelt fand ich einen Kinderhäuschen-Bausatz.
Ich hatte eine Bauzeit von vier Stunden geplant. Das war Ende März. Im Juni war ich erst im Bauabschnitt „Dachpappe anbringen“. Am schwierigsten gestaltete sich der Anstrich. Geplant waren Schwedenrot für die Wände, weiß für Sparren und Fenster. Nach dem ersten Durchgang war das Haus eher rosa. Hätte meiner Tochter gefallen, war mir aber doch zu klischeehaft. Wegen der Verzögerungen musste ich mir anhören, dass der Berliner Flughafen wohl vor meinem Häuschen fertig würde. So kam es nicht. Im September wurde Milas Mökki knapp vor dem BER eingeweiht. Spitzen-Politiker hatte ich bewusst nicht eingeladen, Pandemie halt.
Seit dem Lockdown habe ich das Fitness-Training nach Hause verlegt: ein Indoor-Rad und Therabänder gekauft, die Gymnastikmatte und einen Satz Hanteln aus dem Keller geholt. Homeoffice funktioniert, Homestudio auch: Der innere Schweinehund zerrt nicht mehr an mir als vorher. Und dann ist da noch diese fremde Frau im Zimmer: Elisa heißt sie, Elisa Dambeck. In ihren Online-Kursen ist sie immer herrlich gut gelaunt und kennt genau den Moment, in dem ich ein „Gib nicht auf!“ gebrauchen kann.
Joachim Frank
3) Viel Zeit für das große Bling
Plötzlich wurde es still im Frühling. Nach anfänglichem Lese-und Backexzess, Malerei und Peperonizucht, musste ich mich langfristiger austoben – und machte Schmuck. Früher, mehr als 15 Jahre her, wohnte ich noch in München, machte nach der Arbeit vor allem Ketten, die ich verkaufte. Jetzt, 2020, sind Ohrringe entstanden. Die Anhänger lassen sich mit verschiedenen Creolen kombinieren, je nachdem, ob man es schlicht mag oder das große Bling bevorzugt. Ich kombiniere Halbedelsteine und Perlen. Die meisten Bestandteile brachte ich von Reisen mit. Aus Mexiko, Indien, Thailand. Die Produktion dauert. Wenn man sich darauf einlässt, kann man darin versinken. Es ist schön, die Ergebnisse zu sehen und wenn Freundinnen meinen Schmuck tragen, macht mich das glücklich!
Eva Reik
4) Die wiedererwachte Lust am Wandern
Im Sommer 2009 habe ich das Wandern für mich entdeckt. Meine erste Tour verlief gute 18 Kilometer den „South West Coast Path“ an der englischen Küste entlang. Leider ist das Hobby lange zu kurz gekommen. Seit durch die Pandemie viele Aktivitäten unmöglich wurden, ist bei meinen Freunden das Wander-Fieber ausgebrochen.
Mehr Bewegung, dabei die Region erkunden und wieder mehr Natur erleben, sind der Hauptantrieb. Vergangenes Wochenende habe ich endlich auch Zeit dafür gefunden. Der Erzquellweg bei Siegen und eine Runde mit Frau und Kindern über die Sophienhöhe bei Niederzier sollen nur ein Anfang gewesen sein.
Marcus Flesch
5) Entspannung bei den Pferden
Als ich ein Kind war, wollte ich unbedingt reiten lernen. Ich fand Little Joe von „Bonanza“ so toll. Meine Mutter hat mich eine Weile lang zum Stall gebracht. Aber nach einiger Zeit hat sie damit wieder aufgehört, weil sie die Mütter hochnäsig und arrogant fand, und die Töchter bald auch.Ich war natürlich sehr traurig. Trösten konnte ich mich, indem ich mir überlegt habe: „Wenn Du groß bist, gehst Du ganz alleine zu den Pferden. Du brauchst dann keinen mehr, der Dich zum Stall bringt und Du hast dann auch genug Geld für die Reitstunden.“
Die Zeit verging, ich wurde alt und immer älter und irgendwann habe ich mich gefragt: „Wie viel größer willst Du denn noch werden, bevor Du anfängst?“ Also fing ich endlich damit an. Alles Drum und Dran habe ich quasi von der Pike auf gelernt: Pferd von der Weide holen, putzen, satteln und zum Schluss das Pferd auch reiten.
Und ganz viele Kurse habe ich gemacht und viel gelernt. Wahrscheinlich kann ich jetzt sogar besser reiten als Little Joe. Na gut: Er sieht bestimmt noch immer viel schöner auf den Pferden aus als ich. Aber wahrscheinlich weiß ich dafür viel besser, wie das geht.
Es ist wunderbar! Immer wenn ich bei den Tieren war, geht es mir danach wunderbar und ich rege mich an den Tagen über nix auf.
Olga Pavlovic
6) Mit dem Stift in die Welt
War das eben nicht Homer Simpson? Ich bremse, zücke mein Smartphone und mache ein Bild vom Plüschmann, der in der Wohnsiedlung auf den Sperrmüll wartet. Ich bin Motivsammler geworden seit Corona. Denn ich habe ein Hobby wiederentdeckt, das ich bei der Leverkusener VHS im Kurs „Malen und Zeichnen“ vor Jahren einmal angefangen habe. Mein Lehrer dort, der Maler Michael Nowottny, hat es mir vorgemacht: Immer mit dem Skizzenblock in der Bahn oder dem Café unterwegs sein. Während des Lockdowns geht das nicht. Stattdessen hält Sperrmüll als Zeichenvorlage her.
Gerade arbeite ich mit Buntstift an einer Szene auf dem Schiff „Natasha Belle“, auf die ich in einer Reportage über den Kongo gestoßen bin. Auch so erfahre ich etwas von der Welt.
Jan Sting
7) An der Nadel
Lange holperte ich mit meiner Discounter-Regal-Nähmaschine über erste Säume und versuchte, höchstens Gardinen zu kürzen. Dann sah ich vor ein paar Monaten bei meinem Schuster ein Stück weiches, schwarzes Leder herumliegen, das er mir für fünf Euro überließ. Seitdem bin ich ein Nadel-Junkie. Später habe ich die Anfänger-Maschine gegen einen soliden Allrounder ausgetauscht. Mit jedem Modell wurde ich verwegener und lernte, Buchstaben als Lochmuster ins Leder zu stanzen. Als Corona meine Ferienpläne zunichte machte, habe ich in eine Industrie-Sattlermaschine investiert und mich mit deren Innenleben vertraut gemacht. Inzwischen sind wir ein Paar und verbringen die Abende gemeinsam, indem wir Schlüsselanhänger fertigen.
Susanne Hengesbach
8) Das Gefühl von Freiheit
Mit dem Joggen habe ich wieder angefangen, als die Hosen nicht mehr zugingen. Der erste Lockdown ohne meinen gewohnten Sport hatte sich bemerkbar gemacht. Die Wiederannäherung war also am Anfang eine reine Zweckbeziehung, aus der sich dann doch noch einmal echte Zuneigung entwickelt hat.
Als mein Sohn kurz vor den Herbstferien wegen eines Corona-Falls in seiner Klasse in Quarantäne musste, wurde aus der Zuneigung Leidenschaft. Nie in meinem Leben habe ich es so geliebt, an der frischen Luft unterwegs zu sein wie in diesen zwei Wochen. Ich litt so sehr mit dem Jungen, dass ich so viel Luft wie möglich für ihn einatmen und mich so viel wie möglich für ihn mitbewegen wollte. Jetzt, wo alles andere geschlossen ist, gibt mir das Joggen ein Gefühl von Freiheit. Es gelingt mir, nichts zu denken. Kein „Wie lange muss ich noch, wie weit schaffe ich es heute?“ Nichts. Das Laufen ist für mich eine Auszeit von den Sorgen geworden. Eine Dreiviertelstunde ohne Corona, Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht.