Der diesjährige „Beginenpreis“ ist an den 1978 gegründeten Kölner Verein „Frauen gegen Gewalt“ verliehen worden.
Frauen unterstützen Frauen„Beginenpreis“ an Kölner Verein „Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen“ verliehen
Eine Vergewaltigung ist ein traumatisches Erlebnis. Betroffenen fällt es sehr schwer, sie zu verarbeiten. Die Hälfte der Vergewaltigungsopfer spricht mit niemanden über das Erlebte. In Köln erleichtert ihnen der Verein „Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen – Frauen gegen Gewalt e.V.“ die Hilfesuche, mit einer Notrufnummer, unter der Opfer jederzeit anrufen können und einem Beratungsangebot.
Kölner Verein „Frauen gegen Gewalt“ mit 5000 Euro belohnt
Für dieses Engagement ist der Verein nun im Widdersdorfer Beginenhof, Unter Linden 119, mit dem „Beginenpreis“ ausgezeichnet worden. Die Beginen, die sich an der gleichnamigen historischen Frauengemeinschaft orientieren, verleihen den Preis jedes Jahr an eine Fraueninitiative, die sich besonders für die Belange ihrer Geschlechtsgenossinnen einsetzt. Die Stiftung Apfelbaum stellt jeweils das Preisgeld in Höhe von 5000 Euro zur Verfügung. Die Beginen wählen als Kuratorinnen die Preisträgerinnen aus.
Dieses Jahr fiel die Wahl auf eine feste Institution im Hilfsangebot für Frauen: Der Verein „Frauen gegen Gewalt“ wurde bereits 1978 auf Initiative einer Rechtsanwältin gegründet. Aktivistinnen des Frauenzentrums und des Frauenbuchladens unterstützten sie dabei und so fand sich eine Gruppe zusammen, die das Angebot ausbaute. Derzeit sind beim Kölner Notruf 15 Frauen im Alter von 27 bis 63 Jahren aktiv. Die Mitarbeiterinnen, die unterschiedlichen Berufen nachgehen, leisten die Hilfe ehrenamtlich in ihrer Freizeit.
Die Anfänge der Beginen vor 30 Jahren in Köln
Frauen unterstützen Frauen. Das ist seit jeher auch das Anliegen der Beginen. Vor knapp 30 Jahren wurde die Gemeinschaft zu diesem Zweck von der damaligen Leiterin des Frauenamtes und ersten Frauenbeauftragten Lie Selter gegründet. Zunächst beschränkten sich die Kölner Beginen darauf, Frauen bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen.
Für seine Aktivitäten mietete der Verein einen Raum an der Markmannsgasse 7 mit zwei großen Fenstern, genannt das „Beginenfenster“. Mit glamourösen Benefizveranstaltungen machten die ersten Kölner Beginen auf sich aufmerksam, nutzten ihre Verbindungen zu Schauspielerinnen, bildenden Künstlerinnen und Musikerinnen, um finanzielle Mittel zu akquirieren und Mitstreiterinnen zu werben. Der Kompass bei ihren Aktivitäten: die Grundwerte der Frauenbewegung.
„Beginenhof“ in Köln-Widdersdorf ist das Heim der Genossenschaft
Nach einigen Jahren war das Konzept jedoch ausgereizt. Die Beginen verlagerten ihr Engagement mehr auf sozial-karitative Förderung von Frauen, erwirtschafteten Mittel mithilfe von Basaren und Trödelmärkten. Ihr Interesse galt zunehmend den historischen Wurzeln der Beginenbewegung, Lebensmodellen für Frauen und Spiritualität. Sie begannen von einem gemeinsamen Wohn- und Wirkungsort zu träumen, einem „Beginenhof“.
Nach einem gescheiterten Versuch erwarben sie schließlich das Grundstück an der Straße Unter Linden in Widdersdorf, bildeten eine Genossenschaft und bauten ihr Heim. „Das war ein Quantensprung für die Beginen“, erinnert sich Christine Müthrath, Mitglied im Vorstand. 27 Frauen bezogen vor zehn Jahren die Wohnungen im neuen Domizil, das auch einen großen Gruppenraum für Veranstaltungen und einen „Raum der Stille“ für spirituelle Angebote wie Meditation bereithält.
„Wir konnten hier nun auch ein Veranstaltungsprogramm für die Öffentlichkeit anbieten“, so Müthrath. Sie verlegten ihre Aktivitäten auf ein Bildungsangebot als „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das Angebot beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit gesellschaftspolitischen und feministischen Themen. Rund 100 Frauen im Alter von 39 bis 85 Jahren sind heute Mitglieder im Verein und arbeiten in unterschiedlichen Arbeitsgruppen an diversen Themen, nehmen an vereinsinternen Veranstaltungen teil.
Aber auch nach außen hat sich der Verein noch weiter geöffnet. Vor acht Jahren hat er das zwischenzeitlich geschlossene Beginenfenster wieder belebt und bietet mit seinem Veranstaltungsangebot eine weitere Anlaufstelle von Frauen für Frauen.
Die Beginen-Bewegung entstand schon im 12. Jahrhundert. Die Beginen waren in ganz Europa verbreitet. Es handelte sich um selbstständige Frauen, die in großen oder kleinen Zusammenschlüssen, in Beginen-Konventen oder -Höfen, lebten. Ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erlangten sie durch Stiftungen, das Einbringen ihrer jeweiligen Besitztümer, ihrer erlernten Fähigkeiten und durch ihre Arbeit.