Wohnungsnot in KölnLindenthaler prangern Geisterhäuser und Leerstand an
Lindenthal – Versteckt hinter dem Laub hoher Bäume oder im Hinterhaus fallen leerstehende Wohnungen oft gar nicht auf. Normalerweise ist dieser Zustand auch nicht von Dauer, denn Domizile gerade in Sülz, Klettenberg und Lindenthal sind heiß begehrt und leicht zu vermieten. Aus diesem Grund wundert es die Menschen in der Nachbarschaft, wenn jahrelang niemand einzieht. Nachbarn, die das Treiben hinter den Fenstern und in den Hauseingängen ihrer Umgebung im Blick haben, wissen, wo niemand wohnt – und ärgern sich.
Wohnungen in Köln-Sülz stehen leer
Viele haben Freunde und Bekannte, die verzweifelt nach einer Bleibe suchen. In Facebook-Gruppen und anderen sozialen Medien prangern Sülzer, Klettenberger und Lindenthaler Leerstände an. Nachbarn haben eine ganze Liste von solchen Häusern zusammengetragen: Im Haus an der Berrenrather Straße 206 und 208 in Sülz zum Beispiel stehen laut Aussage einer Nachbarin Wohnungen seit vielen Jahren leer: „Im Hinterhaus der Nummer 206 ist eine seit mindestens zehn Jahren unbewohnt“, schildert sie. Die Hausnummer 208 weise zwei verwaiste Wohnung auf. Andere Nachbarn kritisieren die gespenstische Leere des Altbaus an der Wittekindstraße 42 im gleichen Viertel. Nur teilweise bewohnt sei das Haus an der Mayener Straße 14.
Geisterwohnung in Köln-Klettenberg
Auch an der Königswinterstraße in Klettenberg wissen Anwohner über Geisterwohnungen Bescheid: „An der Hausnummer 22 gegenüber dem Kinderspielplatz steht fast ein ganzes Haus leer“, berichten sie. „Die letzten verbliebenen Altmieter kommen fast um vor Angst“, sagt einer von ihnen Einen weiteren Leerstand melden die Lindenthaler – und zwar an der Eckertstraße 1. Die Wohnungen gehören zur ebenfalls verlassenen Kirche St. Laurentius. Die unbewohnten Wohnungen im Stadtgebiet bei gleichzeitiger Wohnungsnot sind ein Missstand, den Politik und Verwaltung seit Jahren beseitigen möchte. Bereits 2014 hat der Stadtrat die erste Wohnraumschutzsatzung beschlossen, wonach es verboten ist, Wohnraum Zweck zu entfremden, insbesondere leer stehen zu lassen. Vor zwei Jahren wurde sie noch verschärft. Seitdem fallen auch Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen unter ihren Anwendungsbereich.
Satzung verbietet Leerstand
Nach der Satzung dürfen Wohnungen und Häuser ohne triftigen Grund nicht länger als drei Monate unbewohnt bleiben. Ungenehmigte Zweckentfremdungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können.
Die Leerstände in Sülz, Klettenberg und Lindenthal sind der Verwaltung jedenfalls zum größten Teil bekannt: „In den Wohnungen des Objekts an der Berrenrather Straße 208 sind Sanierungsarbeiten erforderlich“, schreibt Katja Reuter, Sprecherin der Stadt. „Aktuelle Sachstände und Nachweise werden regelmäßig bis zur Wiederzuführung zu Wohnzwecken eingeholt.“
Eine aktuelle Sachstandsabfrage zum Stand der Arbeiten erfolge in Kürze. „An dem denkmalgeschützten Haus an der Wittekindstraße sollen der Spitzboden aus und Balkone angebaut werden“, so Reuter. Der dafür erforderliche Bauantrag sei gestellt, die Baugenehmigung erst im Dezember 2020 genehmigt worden. Das weitere Verfahren würde von der Wohnungsaufsicht begleitet.
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Gegen den Eigentümer des Hauses an der Mayener Straße 14 seien bereits Zwangs- und Bußgelder festgesetzt worden. Das habe aber bisher nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Es würde nunmehr geprüft, ob und was weiter getan werden kann, damit die Wohnungen wieder Mietern zur Verfügung stehen.
Ermittlungsverfahren eingeleitet
Der Leerstand an der Königswinter Straße 22 ist der Wohnungsaufsicht erst jüngst bekannt geworden. Sie hat laut Auskunft der Sprecherin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sollte sich bestätigen, dass die Wohnungen dauerhaft leer stehen, würde das Wohnungsamt darauf hinwirken, dass sie wieder bewohnt werden können. Die leeren Wohnungen an der Eckertstraße 1 seien im April gemeldet worden. Das Amt habe die Eigentümerin angeschrieben. Eine Antwort stünde noch aus. Es besteht also Hoffnung, dass bald wieder Menschen in die leeren Räumlichkeiten einziehen können und so zumindest einige Wohnungssuchende im Kölner Westen fündig werden.
Das ist laut Auskunft der Stadtverwaltung auch der Verdienst ihrer Mitbürger: Denn herauszufinden, welche Wohnungen und Häuser wirklich dauerhaft nicht bewohnt sind, erfordert eine Detektivarbeit, bei der dem Wohnungsamt die Mithilfe von Bürgern sehr willkommen ist. Es hat deshalb ein Online-Meldeportal eingerichtet. Dort können Kölner Hinweise geben, wenn sie in ihrem Umfeld eine unerlaubte Zweckentfremdung von Wohnraum vermuten. Das haben viele getan: „Die meisten Verdachtsfälle kommen aus der Bevölkerung“, betont Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Umwelt, Gesundheit und Wohnen in einer Mitteilung der Stadt. „Ich bin sehr dankbar, dass die Kölner Bürgerinnen und Bürger uns so gut unterstützen.“