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„Love Scamming“Mit dieser Masche werden Kölnerinnen um ihr Geld gebracht

Lesezeit 4 Minuten
Love Scramming

Symbolbild

Köln – Der Mann, der Laura Becker eine Freundschaftsanfrage auf Facebook schickt, sieht gut aus. Graue gescheitelte Haare, schwarzer Rollkragen, schwarzumrahmte Brille, um die 50 Jahre alt, Engländer. Ein Smartphone in der Hand und weiße Stöpsel im Ohr lächelt er in die Kamera.

David Schumacher – so nennt er sich. Laura Becker, die in Köln ein Geschäft führt und eigentlich anders heißt, wundert sich: „So ein schönes Bild, was will denn so ein Mann von einer fremden Frau?“ Aber sie akzeptiert die Anfrage und schreibt: „Bist du von deinem Reihenhaus und deinen Kindern gelangweilt?“ Dass sie einem „Love Scammer“ aufgesessen ist, ahnt Laura Becker in diesem Moment noch nicht.

David Schumacher heißt natürlich nicht David Schumacher. Das Foto ist irgendwo aus dem Internet gestohlen, sein Facebook-Profil gefälscht. Er ist auch nicht Maschineningenieur auf einem Schiff vor Australien, wie er behauptet, sondern Mitglied einer gut organisierten Betrügerbande und sitzt mit ziemlicher Sicherheit irgendwo in Ghana oder Nigeria, hält Mailkontakt mit Dutzenden Frauen in Europa und den USA und will am Ende nur eines von ihnen: Geld.

Täter sitzen überwiegend in Nigeria und Ghana

„Love Scamming“ oder auch „Romance Scamming“ ist die moderne Version des Heiratsschwindels. Der Täter, Teil der so genannten Nigeria Connection, die seit Jahren mit Betrügereien im Internet unterwegs ist, gaukelt seinem Opfer auf Facebook oder auf Dating-Portalen vor, sich verliebt zu haben – um es dann skrupellos auszunehmen. Etwa eine Handvoll Anzeigen gingen jeden Monat bei der Polizei Köln ein, berichtet ein Behördensprecher. Der Schaden pro Fall liege oft bei mehreren zehntausend Euro.

Von Geld ist in der Geschichte von David Schumacher aber zunächst keine Rede, behutsam versucht er erst einmal, Vertrauen aufzubauen. „Er schrieb mir sehr traurige Dinge, die mich wirklich gerührt haben“, erzählt Laura Becker. Er sei Witwer, behauptet ihre neue Facebook-Bekanntschaft. Seine Frau und seine Tochter seien bei einem Autounfall ums Leben gekommen, er habe noch ein Enkelkind. Im Mailwechsel gibt er sich zugewandt und interessiert. Anscheinend hatte er Google-Recherchen über Laura Becker angestellt. „Er wusste zum Beispiel, dass ich aus der Schweiz stamme, in welcher Branche ich arbeite“, schildert sie. „Vieles an diesem Kontakt war sehr nett.“

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Und dann kommen die Piraten – und Schumachers freundlicher Plauderton schlägt plötzlich in große Sorge um. Die Angreifer bedrohen das Schiff, auf dem er im Indischen Ozean unterwegs ist und das wegen eines Motorschadens manövrierunfähig ist.

Mein Liebling, die Situation hier wird immer schlimmer und wir haben alles getan, um die Gehirnbox des Schiffes in Ordnung zu bringen, aber ohne Erfolg und außerdem haben wir gerade Informationen von der Signaleinheit erhalten, dass einige Seeterroristen das Meer blockieren. Sie sind etwa 312 Kilometer von uns entfernt und der nächste Ankerplatz für dieses Schiff ist eine Insel irgendwo in Südasien. So wie es jetzt ist, sind wir nicht mehr sicher, weil wir alle Angst vor dem Angriff der Seepiraten haben.

Schumacher will seine Wertsachen in Sicherheit bringen.

Schatz, mein Problem ist jetzt mein Geld. Ich möchte dir schnell das Geld schicken und mein wichtiges Vertragsdokument, damit Sie mir helfen können, es an Ihrer Stelle zu sichern.

Die einzige Person, der Schumacher jetzt noch vertraut, ist: Laura Becker. Doch Liebesschwüre in deutscher Sprache scheinen nicht die Spezialdisziplin der Übersetzungssoftware zu sein, die der Betrüger verwendet.

Ich vertraue dir und gebe dir mein ganzes Herz, damit das Leben mit uns in Ordnung gehen kann und ich weiß, dass du mich niemals enttäuschen oder verletzen wirst, weil wir bereits zwei in einem Fleisch sind.

Nun wird es auch Laura Becker zu bunt. Sie hatte Schumacher zwischenzeitlich als Beweis seiner Existenz um eine Kopie seines Personalausweises gebeten. Zurück erhielt sie ein Foto mit einem schlecht gefälschten britischen Pass. Die Kölnerin beendet den Schriftwechsel und blockiert den Kontakt, noch bevor Schumacher dazu kommt, sie um Geld zu bitten. Aus anderen Fällen ist bekannt, dass der Täter sein Opfer im nächsten Schritt aufgefordert hätte, ihm knapp 1000 Euro zu überweisen, damit er die Speditionskosten für den Transport seiner Wertsachen bezahlen kann. Und das ist nur der Anfang: Einmal erfolgreich, wollen die Täter immer mehr Geld von ihrem Opfer.

Polizei rät: Texte sichern und Anzeige erstatten

Es kursieren zahlreiche weitere Legenden dieser Masche. Allen gemein ist, dass sich die Betrüger als gebildete Männer mit angesehenen Berufen ausgeben, etwa Ärzte, Architekten, Computerspezialisten oder Offiziere bei der Armee – und dass sie allesamt unverschuldet in Not geraten sind. Mit immer wieder neuen Ausreden bitten sie ihre Opfer um Geld. Die Frage, die man sich laut Polizei spätestens in diesem Moment stellen sollte, ist so unromantisch wie hilfreich: „Warum sollten Sie Geld an einen Dating-Partner überweisen, den Sie im realen Leben noch nie gesehen haben?“ Die Empfehlung der Präventionsexperten ist simpel: die Chat-Texte zum Beweis speichern, den Kontakt abbrechen und Strafanzeige stellen.