AboAbonnieren

Wohnmobile besonders beliebtKölner Betrüger machen Millionen mit gestohlenen Autos

Lesezeit 4 Minuten
Wohnmobil Köln WEISER

Wohnmobil am Rhein in Köln-Rodenkirchen

Köln – Eine Woche ist sein Wohnmobil schon verschwunden, da setzt sich Ansgar Breuer (Name geändert) vorige Woche abends mit seiner Partnerin vor den Computer und öffnet ein Verkaufsportal. Die Polizei hat bislang keine Spur von seinem Fahrzeug. Dem Paar aus Porz bleibt noch eine vage Hoffnung: Vielleicht bieten die Diebe den Citroen Pössl ja im Internet an.

Breuer tippt „Pössl Wohnmobil“ ins Suchfeld – und kann es nicht fassen. Gleich der erste Treffer zeigt sein Auto, einen individuell umgebauten Kastenwagen. Baujahr 2017, Neupreis damals 45.000 Euro, 40.000 Kilometer gelaufen. „Der Treffer war wie ein Lottogewinn“, sagt Breuer am Telefon. Ein paar technische Angaben haben die Betrüger in der Annonce frisiert: Baujahr 2019 steht jetzt da, der Tachostand zeigt nur 20.000 Kilometer. Aber es ist zweifellos sein Wagen. 34.800 Euro will der Verkäufer haben. Breuer informiert sofort die Polizei.

Betrüger waren im Vorjahr 95-mal erfolgreich

120-mal haben Kriminelle voriges Jahr in Köln gestohlene Autos und Wohnmobile online zum Kauf angeboten. In 95 Fällen waren sie erfolgreich. „Der Gesamtschaden geht allein im Vorjahr in die Millionen“, sagt Kriminalhauptkommissar Jürgen Endres (52) von der Kölner Polizei. Erst vorigen Mittwoch haben er und seine Kollegen in Chorweiler ein im Erftkreis gestohlenes Mercedes-Wohnmobil sowie einen in Frankreich gestohlenen Peugeot 5008 sichergestellt, die im Internet zum Verkauf standen.

Alles zum Thema Polizei Köln

Jürgen Endres KK 74 (5)

Der zuständige Kriminalhauptkommissar Jürgen Endres 

Um möglichst viele Kunden zu locken und die Fahrzeuge schnell wieder loszuwerden, stellen die Täter die gestohlenen Autos meist zu Preisen von 5000 Euro oder mehr unter dem üblichen Marktwert auf den Verkaufsplattformen ein. Um Ausreden sind sie dabei nicht verlegen. Den Interessenten liefern sie schlüssig klingende Erklärungen für das vermeintliche Sonderangebot, etwa indem sie den Wagen zum Unfallfahrzeug deklarieren. „Manchmal fahren sie vorher absichtlich Schrammen oder Beulen ins Auto“, sagt Ermittler Endres. Fragen die Kunden nach dem Ersatzschlüssel, die Täter haben aber nur einen, gehen sie kurzerhand scheinbar kulant noch einmal 1500 Euro im Preis runter.

Tippfehler in gefälschten Zulassungspapieren

Sie fälschen Kennzeichen, Zulassungsbescheinigungen und Fahrzeugscheine, bitten die Kunden zur Verkaufsabwicklung auf offener Straße und bestehen auf bargeldloser Zahlung. Häufig weisen sie sich ihnen mit einem vorläufigen Personalausweis aus, der vergleichsweise leicht nachzumachen ist – oder mit gestohlenen Pässen, was den Käufern bei einem genauen Blick auf das Passfoto eigentlich auffallen müsste.

Das könnte Sie auch interessieren:

Aber in der Überzeugung, ein echtes Schnäppchen vor der Nase zu haben, schauen eben viele offenbar nicht so genau hin. Sie werden auch nicht stutzig, wenn auf der angeblich offiziellen Zulassungsbescheinigung schon mal „euskirchen“ steht statt „Euskirchen“, „Gelendewagen“ statt „Geländewagen“ oder dass der Stempel der Stadt Siegburg unterzeichnet ist von „Der Oberbürgelmeisterin Im auftrag“. Selbst wenn der Mann vor ihnen, der sich zum Beispiel als Frank Schneider ausweist, auf dem Kaufvertrag mit „S. Frank“ unterschreibt oder in Druckbuchstaben, schrillen bei den wenigsten die Alarmglocken. Spätestens bei der Ummeldung auf der Zulassungsstelle aber ereilt die neuen Besitzer dann die Schocknachricht: Die Papiere sind gefälscht, das Fahrzeug als gestohlen gemeldet. Ihr Geld sind sie schon los, und nun beschlagnahmt die Polizei auch noch das Auto.

Hauptverdächtige wohnen in Köln

Im Fall von Ansgar Breuer reagierte die Polizei blitzschnell. Über die Online-Annonce machten die Fahnder den Standort und den mutmaßlichen Verkäufer ausfindig. Drei Tage später nahmen sie drei verdächtige Männer (31, 36, 42) in Holweide fest und stellten den Citroen Pössl sicher. Die Verdächtigen erwartet ein Strafverfahren wegen Verdachts der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei. Als Drahtzieher der zunehmend beliebten Betrugsmasche hat die Polizei vor allem Großfamilien aus Südosteuropa im Verdacht. „Die Hauptakteure haben meist einen festen Wohnsitz in Köln und arbeiten auch mit Beschaffern der Fahrzeuge im Ausland zusammen“, berichtet Endres.

Gefälschte Zulassungsbescheinigung

Die von den Tätern gefälschte Zulassungsbescheinigung mit Rechtschreibfehlern

Ansgar Breuer hofft, sein Wohnmobil in den nächsten Tagen von der Spurensicherung zurückzubekommen. Der 50-Jährige hat seit dem Kauf 2017 viel daran herumgewerkelt, viel Geld investiert. So ein Auto, sagt Breuer, sei schließlich nicht einfach nur ein Auto. „Es ist meine rollende Ferienwohnung. Mein großes Hobby.“