Köln – Weniger Einbrüche, weniger Drogendelikte, weniger Laden- und Taschendiebstähle: Die Corona-Pandemie hat die Kriminalität in Köln auf ein historisches Tief sinken lassen. Insgesamt sind die Zahlen um 7,9 Prozent und damit ungewöhnlich stark auf den tiefsten Wert seit Jahren gesunken, wie aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht, die das Präsidium am Montag veröffentlichte.
Mit insgesamt 113.084 Fällen (Vorjahr: 122.776) verzeichnen die Ermittler den ersten Rückgang seit 2015. Damit ist auch fast das gesamte NRW-weite Kriminalitäts-Minus auf Köln zurückzuführen. „Diese Statistik wird als die Unvergleichbare in die Polizeigeschichte eingehen“, sagt Polizeipräsident Uwe Jacob.
Weniger Übergriffe auf Einsatzkräfte
Weil es weniger besonders heikle Einsätze im vergangenen Jahr gegeben hat, wurden auch etwas weniger Polizisten, Rettungssanitäter und andere Beamte tätlich angegriffen. Üblicherweise passiert das oft bei Wochenendeinsätzen an den Party- und Alkohol-Hotspots wie den Ringen, oder auch im Zusammenhang mit Fußballspielen oder an Karneval. Dennoch meldete das Präsidium 1950 Fälle von Gewalt gegenüber Einsatzkräften der Polizei. Das sind zwar gut 200 weniger als im Vorjahr, aber „angesichts der Einsatzlage immer noch viel zu viel“, sagt Kripo-Chef Stephan Becker. Außerdem wurden 43 Mitarbeiter des Rettungsdienstes angegriffen. (hol)
In Zeiten von Homeoffice, ausgefallenen Großveranstaltungen, leeren Fußgänger- und Partyzonen haben es die Kriminellen auch in Köln schwer. Allein die üblichen Wochenend-Einsätze der Polizei in der Innenstadt, oft im Zusammenhang mit betrunkenen Feiernden, blieben im vergangenen Jahr monatelang fast komplett aus, ebenso gab es ohne Zuschauer so gut wie keine Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspielen.
Auch wo sonst in den Einkaufsstraßen, Geschäften, in Bussen und Bahnen, auf Weihnachtsmärkten, Großevents wie den Kölner Lichtern und dem Sessionsauftakt am 11.11. die Straßenkriminalität immer wieder zu Polizeieinsätzen und Anzeigen führt, war die meiste Zeit des Pandemie-Jahres 2020 kaum etwas los.
Registrierte Drogendelikte nahmen stark ab
Im Beritt der Polizeiinspektion Mitte in der Innenstadt war mit knapp 14 Prozent weniger Straftaten die deutlichste Entspannung zu sehen. Das mag auch daran gelegen haben, dass Touristen – üblicherweise häufig Opfer etwa von Taschendiebstählen –zuletzt kaum noch nach Köln kamen. Stattdessen waren viele Kölner deutlich mehr als üblich zu Hause. Schlechte Zeiten also auch für Einbrecher. „Wenn man aus Corona irgendetwas Positives ziehen will, dann dass die Kölner wieder mehr Sicherheit erfahren haben“, sagt Stephan Becker, Chef der Kriminalpolizei.
Besonders abgenommen haben im vergangenen Jahr demnach Wohnungseinbruchsdiebstähle (-19,7 Prozent im Vergleich zu 2019), Taschendiebstähle (-16,4) und Raubdelikte (-14,4). Auch die registrierten Drogendelikte sanken mangels „Laufpublikums“ an den üblichen „Hotspots“ stark (-14,5). Doch für Becker ist das kein Zeichen dafür, dass die Drogenkriminalität tatsächlich zurückgeht. „Rauschgift ist auch weiterhin fast grenzenlos verfügbar, etwa Kokain aus Südamerika“, sagt der Ermittler. „Das Klientel hat sich aber von der Straße in den privaten Raum zurückgezogen.“ Daher sei das Dunkelfeld hier mutmaßlich besonders hoch.
Die Dunkelziffer ist Experten zufolge auch bei häuslicher Gewalt während Corona gestiegen. Die nackten Zahlen von Einsätzen und Strafanzeigen in diesem Bereich aber lagen 2020 unter denen der Vorjahre. „Wir hatten eher damit gerechnet, dass wir mehr Einsätze haben werden“, sagt Becker.
Mehr Fahrraddiebstähle in Köln
Während die Kriminalität bei fast allen Delikten zurückgegangen ist, verzeichnete die Polizei neben mehr Sachbeschädigungen auch deutlich mehr Fahrraddiebstähle in Köln (+11,1 Prozent). Einerseits begründet Becker das mit ohnehin mehr Fahrradverkehr während der Corona-Zeit. Wo mehr potenzielle Opfer sind, gibt es in der Regel auch mehr Taten. Andererseits hat die Kripo im vergangenen Jahr aus personellen Gründen die „Ermittlungsgruppe Fahrrad“ aufgelöst, die für solche Straftaten zuständig war. Das Personal wurde an anderer Stelle gebraucht, etwa für die Ermittlungen gegen den Kinderporno-Ring Bergisch Gladbach, die im Kölner Präsidium geführt werden.
„Besonders die BAO Berg hat uns personell stark gefordert“, sagt Becker. Somit habe man auf Fahrraddiebe nicht mehr „den Fokus setzen“ können. Vor allem im Bereich der Uni haben die Fahrraddiebstähle demzufolge wieder stark zugenommen. Das ist Becker zufolge neben einer Serie von Kellereinbrüchen der Grund, warum die Polizeiinspektion 2, die den Südwesten Kölns abdeckt, als einzige der sechs Inspektionen im Stadtgebiet für 2020 steigende Kriminalitätszahlen gemeldet hat.
Viele Täter haben sich in Zeiten von Corona ihren Weg ins Digitale gesucht. Immer mehr Betrüger etwa treiben dort ihr Unwesen. Opfer sind oft Senioren, die von falschen Polizisten oder vermeintlichen Enkeln um ihr Erspartes gebracht werden. Insgesamt mehr als 2000 Fälle von Internetbetrug registrierte das Polizeipräsidium im vergangenen Jahr in Köln.
Durch die Pandemie kamen für die Beamten auch Einsätze hinzu, die mit den Kernaufgaben von Polizeiarbeit sonst wenig zu tun haben: Mehr als 420 Strafanzeigen und knapp 5194 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten zählte die Polizei, weil Menschen gegen die Corona-Regeln verstießen, etwa keine Maske in Pflichtzonen trugen oder sich mit mehr Menschen als erlaubt trafen.