Kommentar zu Luftfiltern an SchulenKölner Lehrstück für Versagen deutscher Bürokratie
Köln – Es ist unfassbar. Letztes Jahr im Juli hat der Kölner Krisenstab festgestellt, dass Luftfilter in den Schulklassen angesichts von Delta unabdingbar sind. Und ein halbes Jahr später sitzen Kölner Schülerinnen und Schüler auf der Höhe des zweiten Pandemiewinters immer noch ohne Luftfilter frierend in den Klassenräumen. Deutsche Bürokratie und die Dynamik einer weltweiten Pandemie – das geht nicht zusammen.
In einer Situation, in der zwingend schnell und pragmatisch gehandelt werden müsste, verlangt das NRW-Vergaberecht, dass ein Auftrag maximal zeitintensiv europaweit ausgeschrieben werden muss. Und wenn nach Monaten dann alle Angebote vorliegen, ist deren Auswertung augenscheinlich so komplex, dass die Kölner Verwaltung für die Prüfung wieder zwei Monate braucht und bis heute immer noch kein Zuschlag für einen Anbieter vergeben ist.
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Auch weil auf jeden Fall alles richtig gemacht werden muss. Sonst klagt womöglich einer der unterlegenen Bieter gegen die Vergabe und die Geräte kommen erst zur nächsten Pandemie. So geschehen bei der Ausschreibung des Auftrags für die CO2-Ampeln für Kölner Schulen, die im Ergebnis ebenfalls immer noch nicht in den Klassenräumen stehen, sofern die Schulen sie nicht einfach in Eigenregie besorgt haben.
Luftfilter fehlen: Kölner Schüler frieren weiter bei offenen Fenstern
Im Ergebnis ist es ziemlich wahrscheinlich, dass irgendwann, wenn draußen die Bäume längst wieder grün sind, tausende Geräte in die Schulen geliefert werden, die dann hoffentlich keiner mehr braucht und die direkt in den Keller wandern. Das sei „Elektroschrott und ein Millionengrab“, sagte Schulleiter André Szymkowiak unserer Zeitung im letzten Sommer als Begründung, warum er trotz des großzügigen Angebots für seine Schule erst gar keine Geräte bei der Stadt beantragt habe.
Wenn sich diese Pandemie so entwickelt wie derzeit von Experten vorhergesagt und die nächste dann hoffentlich noch in weiter Ferne liegt, könnte er Recht behalten. So werden einstweilen weiter statt der schwerfällig-langsamen deutschen Bürokratie nur die Klassenräume kräftig durchgelüftet.
Die Kinder nehmen das erstaunlich gelassen und klaglos hin. Sie arbeiten bei einstelligen Temperaturen ganz pragmatisch an ihrer Grundimmunisierung. Wer zwei Pandemiewinter bei offenem Fenster übersteht, dem kann kein Erkältungsvirus mehr was.