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In fünfter GenerationMesserschleiferei Balwinski ist die letzte ihrer Art in Köln

Lesezeit 4 Minuten
DinisSchönfeld_  Messerschleifer

Köln – Firmeninhaber führen ihren Kunden gerne stolz ihre jüngsten Errungenschaften vor; zeigen modernstes Gerät und innovative Technik. Mit ein paar Kostbarkeiten kann Stefan Schönfeld ebenfalls dienen: Es sind glänzende Schmuckstücke, die man aber besser nur anschaut oder – wenn – nur mit Vorsicht berührt, weil sie höllisch scharf sind.

In Schönfelds Werkstatt sollte man indes keinen chromblitzenden Maschinenpark erwarten; dort hat der Chef eher Sorge, dass sich der Besucher schmutzig machen könnte. „Der Schleifbock hat locker hundert Jahre“, sagt der 57-Jährige und deutet auf ein Gerät, das optisch echt nicht ins 21. Jahrhundert passt, aber nach wie vor gute Dienste leistet.

Stefan Schönfeld_ Inhaber der Me_1

Ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Foto von 1947 verweist auf eine Besonderheit, durch die sich dieser alte Kölner Betrieb einst von anderen unterschied: Es war schon damals eine „Werkstatt mit elektrischem Strom“, in der Messer, Scheren oder Gartenscheren wieder scharf gemacht wurden.

Heute ist die seit 1897 bestehende Messerschleiferei Balwinski Eigelstein die letzte verbliebene in Köln und einer der wenigen alten Handwerks-Familienbetriebe, in denen der Chef sich um die Nachfolge keine Sorgen machen muss. Der Junior – er verkörpert die fünfte Generation – ist bereits mit im Betrieb.

Die Ausbildung in der Messerschmiede Güde absolviert

Der 30-jährige Dinis Schönfeld ist Schneidwerkzeugmechaniker und hat seine Ausbildung gewissermaßen an der Quelle absolviert – bei der Messerschmiede Güde in Solingen. Persönlich sei er eher ein Fan von japanischen Messern, gibt Schönfeld zu. „Die schneiden anders.“ – „Brechen allerdings auch eher und verzeihen gar nichts“, ergänzt der Vater.

Kochmesser bei Balwinski

Er, Stefan Schönfeld, der buchstäblich im Schleifstaub groß wurde, war zunächst gar nicht als betrieblicher Nachfolger vorgesehen. Sein Vater Kurt Siegfried stand bis 1983 in dem ursprünglich vom Meister seines Uropas gegründeten Betrieb und gehörte zu der Sorte von Handwerkern, die nach getaner Arbeit noch die Werkstatt putzten. „Da haben wir heute keine Zeit zu“, sagt Schönfeld Senior. Denn anders als die meisten Betriebe, die unter dem Lockdown zu leiden hatten, brachte die Pandemie der Messerschleiferei auch einen Vorteil: „Es haben unheimlich viele Leute ihren Spaß am Kochen entdeckt.“

Neu gewachsenes Bewusstsein für Qualität

Und noch etwas kommt dem alten Kölner Betrieb heute entgegen: Das neu gewachsene Bewusstsein für Qualität. Im Gegensatz zu vielen Gegenständen, die darauf ausgerichtet seien, schnell kaputtzugehen, seien gute Messer eine Anschaffung fürs Leben. Schönfeld freut sich über die vielen jungen Leute, die er inzwischen als Kunden gewonnen hat. Sie werden vorne im Laden ausgiebig beim Messerverkauf beraten, so dass sie später genau die Gerätschaft in der Küche haben, mit der sie gut zurechtkommen. „Denn jeder hat seine eigene Art zu kochen und entsprechend auch zu schneiden.“ Und bei guter Qualität und Pflege („Küchenmesser gehören nicht in die Spülmaschine!“) reiche es, sie alle anderthalb Jahre zum Nachschleifen zu bringen.

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Zu Schönfelds Kunden gehören auch viele professionelle Kölner Köche. Gerade erst ist ein ganzes Messerbündel aus dem Sterne-Restaurant „Astrein“ gebracht worden. „Der Chef dort zahlt das seinen Köchen“, das sei eine Besonderheit. Zwischen 5,90 und 11,90 Euro koste das je nach Messergröße, erklärt der Fachmann und zeigt anhand einer total glänzenden Klinge, dass nicht nur an den Kanten geschliffen, sondern das ganze Messer bearbeitet wird.

„Wenn es vernünftig sein soll, geht das nicht zuhause“

Um den eher besonnen wirkenden Messerschleifer aus der Reserve locken, reicht im Grunde ein Wort: Messerschleifer. Sowohl die, die zum Teil noch auf Märkten anzutreffen sind oder ihre Dienste an der Haustür anbieten, leisten in seinen Augen keinen wirklich guten Dienst. Ebenso wenig erfüllen die Hilfsmittel aus dem Küchenladen ihren Zweck. „Das ist fast alles Kokolores“, sagt der Experte. Er gibt zu, dass er sich „aus Jux und Dollerei“ öfter mal die Neuheiten schicken lasse, um immer wieder festzustellen: „Wenn es vernünftig sein soll, dann geht das nicht zuhause.“

Das heißt jedoch nicht, dass Schönfeld alles scharf kriegt, was ihm in die Hände fällt. Bei ganz billiger Ware muss er hin und wieder passen. „Das lohnt sich dann nicht, weil das Material so minderwertig ist.“ Wie in vielen anderen Bereichen gelte auch für seinen: Lieber Qualität als Quantität. Mehr als ein kleines und ein großes Kochmesser brauche man im Grunde nicht. Vielleicht noch ein Schinkenmesser und ein Brotmesser. Das reicht!