Gleich drei Kölnerinnen stehen dieses Jahr ins Halbfinale von „Miss Germany“. Mit ihrer Teilnahme wollen sie zeigen, dass es um mehr als Schönheit geht.
„Aussehen spielt gar keine Rolle mehr“Diese drei Kölnerinnen wollen „Miss Germany“ gewinnen
„Miss Germany 2023“ ist ein Titel, für den in der Vergangenheit viele Frauen beneidet worden wären. Heutzutage müssen Beauty-Conteste wie „Miss World“ und Castingshows wie „Germany’s Next Topmodel“ immer wieder Kritik für veraltete Schönheitsideale, Sexismus oder fehlende Diversität einstecken. Deshalb stehen seit einiger Zeit nicht mehr nur das Aussehen, sondern vor allem das soziale Engagement und die persönliche Lebensgeschichte im Vordergrund.
Auch die Veranstalter von „Miss Germany“ haben sich „vor drei Jahren vom veralteten Konstrukt des ‚Schönheitswettbewerbs‘ verabschiedet“, wie es heißt. Ob sich das neue Konzept in der Wahl der nächsten „Miss Germany“ widerspiegelt, wird sich im Finale am 4. März 2023 zeigen. Immerhin: Unter den letzten 20 Titel-Anwärterinnen sind drei Women of Color, zwei Transfrauen und ein Curvy Model vertreten.
Dieses Jahr haben es außerdem gleich drei Kölnerinnen ins Halbfinale geschafft. Der letzte Kölner Triumph ist ganze 18 Jahre her: 2004 holte Claudia Heinen den Titel. Die diesjährigen Kandidatinnen heißen Gina Stellbrinck, Romy Kölzer und Vanessa Didam.
Miss Germany 2022/2023: Vorurteile und Klischees trotz neuem Konzept
„Mich hat angesprochen, dass es kein Schönheitswettbewerb mehr ist“, erklärt Gina Stellbrink. „Ich finde, sie sind sehr bemüht, die Person und ihre Mission in den Mittelpunkt zu stellen.“ Dabei spiele es keine Rolle, wer am lautesten oder auffälligsten sei. Sie selbst sei eigentlich eine introvertierte Person, so Stellbrinck.
Mit Vorurteilen hat sie dennoch zu kämpfen, wenn sie von ihrer Teilnahme erzählt. „Ich merke, dass in vielen Köpfen immer noch drin ist, dass man da im Badeanzug über den Laufsteg läuft und nur das Äußere bewertet wird“, sagt sie. „Aber ich werde nicht müde, immer wieder darüber zu sprechen“, fügt sie hinzu und lacht.
Auch ihrer Familie musste sie erstmal erklären, was es mit dem Wettbewerb auf sich hat. Mittlerweile hat die Kölnerin, die unter anderem im Baumarktbereich arbeitet, aber die volle Unterstützung ihres Umfelds. „Die sind alle sehr stolz und auch meine ganzen Kollegen feiern das sehr“, erzählt sie.
Kandidatin will dafür sorgen, dass handwerkliche und kreative Berufe mehr gefördert werden
Stellbrinck besitzt eine eigene Werkstatt, in der sie Deko aus Beton und Holz herstellt und verkauft. Sie kritisiert, dass Schülerinnen und Schülern vor allem zu einem Studium geraten wird, während handwerkliche und kreative Ausbildungen oft vernachlässigt werden.
Mit ihrer Teilnahme möchte sie junge Menschen ermutigen, auch mal in die Werkstatt zu gehen und die Scheu davor abzulegen, ein Werkzeug in die Hand zu nehmen. Vor allem Frauen koste das oft nochmal mehr Überwindung: „Das ist wie eine Blockade, sie trauen sich das gar nicht zu“, so Stellbrinck. Dabei biete das Handwerk tolle Chancen, wie etwa sich früh selbstständig zu machen oder einen etablierten Betrieb zu übernehmen.
Die zweite Kandidatin Romy Kölzer ist erst vor etwa eineinhalb Jahren zurück nach Köln gezogen, wo sie mit ihrem Freund und dem gemeinsamen Hund lebt. An der Stadt schätzt die 31-Jährige vor allem „die kölsche Kultur, die ist nämlich sehr offen und freundlich und man fühlt sich einfach direkt wie zu Hause“.
Ehemalige Profitennisspielerin unter den Top 20
Als Ex-Tennisprofi hat sie bereits vier Jahre in den USA gelebt und ist viel herumgekommen. „Man findet an jedem Ort was Cooles und jedes Fleckchen dieser Erde hat irgendwas, aber Köln ist auf jeden Fall Heimat“. Auf die Idee, sich bei „Miss Germany“ zu bewerben, kam die Business-Coachin, weil eine ihrer Kundinnen bei der letzten Staffel mitmachte.
Ein Thema, das Kölzer besonders am Herzen liegt, ist gesellschaftlicher Zusammenhalt und ein gemeinsames Miteinander. „Ich war in einer Einzelsport-Bubble unterwegs. Da hat man unglaublich viele Ellbogen gespürt“, erzählt sie. Als sie mit dem Tennis aufhörte, sei ihr bewusst geworden, dass es in der normalen Welt ähnlich abläuft.
Das soll sich ändern: Mit den 25 000 Preisgeld würde sie gerne mit Freundinnen ein Frauennetzwerk gründen. Dort sollen Schülerinnen, Studentinnen und Berufseinsteigerinnen die Möglichkeit erhalten, sich gegenseitig zu unterstützen und in Bereichen wie Finanzen oder Persönlichkeitsentwicklung weiterzubilden. „Wir wollten erstmal in Köln anfangen und schauen, wie es ankommt“, so Kölzer. Der Bedarf sei jedenfalls vorhanden, die passenden Anlaufstellen würden fehlen.
Finalistinnen stehen im Januar fest
Auch mit von der Partie ist Kölnerin Vanessa Didam. Als Schornsteinfegerin hofft sie, mit ihrer Teilnahme mehr junge Menschen und vor allem Frauen für das Handwerk zu begeistern. Daneben setzt sich die 30-Jährige für das Thema Gleichberechtigung ein, das ihr als weibliche Mitarbeiterin in einer männlich geprägten Branche regelmäßig begegnet.
„Es ist eine große Ehre, das Land NRW, insbesondere meine Stadt Köln, bei der Wahl zu vertreten“, sagt Didam. „Umso schöner wäre es natürlich, den Titel letztendlich dann auch mit nach ‚Hause‘ nehmen zu dürfen.“ Als Nächstes geht es für die Bewerberinnen ins „Personality Camp“. Wer im Finale steht, erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer am 17. und 18. Januar 2023.