„Mördermann“Strafverteidiger Uwe Krechel mit eigener Streaming-Serie

Uwe Krechel neben einem Mandanten
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- Der Strafverteidiger Uwe Krechel ist bekannt aus der Sendung „Richterin Barbara Salesch“. Nun hat er eine eigene Streaming-Serie.
- In „Mördermann“ im Online-Dienst „Joyn“ erzählt er Fälle wahrheitsgetreu nach.
- Wir haben mit Krechel, der meist in Köln im Gericht ist, über die Faszination des Bösen gesprochen.
Köln – Es kam eine Zeit, da hatte Uwe Krechel „keine Lust mehr aufs Morden“, wie er sagt. Das war 1996. Doch „schon nach einem halben Jahr war ich sehnsüchtig danach“. Allerdings war er für zwei Jahre vertraglich gebunden. Erst danach fing er wieder an, Schwerverbrecher in Schwurgerichtsverfahren zu verteidigen. Fünf spektakuläre Fälle, mit denen er zu tun hatte, sind in der Serie „Mördermann“ aufbereitet, die im Streaming-Portal „Joyn“ abrufbar sind, im Premium-Bereich „JoynPlus+“. „True Crime-Serie“ nennt der Anbieter die Episoden mit nachgespielten Szenen und Kommentaren des Strafverteidigers zum Tathergang und zu den Ermittlungen; die Darstellungen seien „absolut identisch mit der Wahrheit“, betont er.
Da ist zum Beispiel der Fall der achtjährigen Johanna, die im Dezember 1999 in Ranstadt-Bobenhausen (Hessen) entführt und getötet wurde; erst im Oktober 2017 wurde ihr Mörder gefasst. Eine andere Episode beschäftigt sich mit dem Tod der 14 Jahre alten Hannah aus Königswinter, die 2007 von einem homosexuellen Mann vergewaltigt und ermordet wurde. Und in der Folge „Mord-Komplott im Fitnessstudio“ geht es um eine Frau, die einen Bekannten damit beauftragt, ihren Mann umzubringen.
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Mehr als 300 Mörder und Totschläger hat Krechel, der von 2000 bis 2012 in der Sat.1-Gerichtsshow „Richterin Barbara Salesch“ mitgewirkt hat, in den 33 Jahren seiner seiner Anwaltstätigkeit verteidigt. 1992 gründete er mit einem Kollegen in Bonn die Kanzlei Krechel & Ohm. Allerdings sei er „am wenigsten“ in Bonn im Gericht, sagt er, denn „da ist ja nichts los“. Oft hat er in Köln zu tun. Kürzlich hat er vor dem hiesigen Landgericht einen Arzt verteidigt, der angeklagt war, zusammen mit einem Apotheker Krankenkassen in großem Stil mit „Luftrezepten“ betrogen zu haben; beide Männer sind am 14. Juli zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. „Königsdiziplin“ nennt der 64-jährige Anwalt, der zu einem großen Teil mit Wirtschaftsstrafsachen befasst ist, die Verteidigung in Schwurgerichtsverfahren und sagt: „Ich liebe das.“ Es sei spannend, und „man trifft sonderbare Persönlichkeiten. Manches erfährt man von ihnen, manches nicht“. Auf der Homepage von „Joyn“ ist zu lesen, die Serie, die für Zuschauer ab 16 geeignet ist, biete einen „faszinierenden und verstörenden Einblick in menschliche Abgründe und die Arbeit eines Strafverteidgers aus Leidenschaft“.
Zweite Staffel von „Mördermann“ geplant
Solche Einblick gab Krechel bereits im Sachbuch „Mördermann: Ich verteidige Menschen, nicht ihre Taten“ gewährt, in dessen Prolog er sich als „eine Art Seelenbeschauer und mithin Analytiker menschlicher Grausamkeit“ bezeichnet. Verfasst in Zusammenarbeit mit Axel Spilcker ist es 2011 erschienen. Im Vorwort heißt es weiter: „Außer meinen beiden Kindern fasziniert mich nichts so sehr wie das Verbrechen, die Abgründe der menschlichen Seele, und zugleich schreckt es mich ab.“ Auf das Buch wurde die Produktionsfirma „Filmpool“ aufmerksam. So entstand die Idee zur Streaming-Serie.
Zu den vielen schweren Aufgaben, die Krechel übernommen hat, gehört der Rechtsbeistand für einen der drei jungen Männer, die im November 2006 in der JVA Siegburg einen 20-jährigen Mithäftling stundenlang folterten, vergewaltigten und schließlich ermordeten, indem sie ihn zwangen, sich zu strangulieren. Als der Anwalt den Mörder der 14-jährigen Hannah verteidigte, bekam er sogar Morddrohungen. Darauf angesprochen, reagiert er gelassen, was zu seinem selbstbewussten Auftreten vor Gericht passt: „94 Prozent solcher Drohungen sind Bullshit und werden nicht umgesetzt.“
Geplant sei, der ersten Staffel von „Mördermann“ eine zweite folgen zu lassen. Dafür könne er im laufenden Jahr allerdings keine Zeit erübrigen, sagt er: „Ich habe zu viele Gerichtstermine.“