Reaktionen auf Hausbesetzung in Dellbrück„Es geht auch ohne Fenster einzuschlagen“

Mehrere Stunden hielten SSM-Aktivisten das Haus Bergisch Gladbacher Straße 1006 besetzt.
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Dellbrück – Die Hausbesetzung des Gebäudes Bergisch Gladbacher Straße 1006 durch die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim SSM hat unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.
Die Aktivisten hatten am vergangenen Samstag ein Fenster im ersten Obergeschoss eingedrückt mit dem Ziel, drei obdachlose Frauen in einer der acht leerstehenden Wohnungen unterzubringen.
Die Aktion endete nach etwa drei Stunden, nachdem Detlef Fritz, Leiter des Liegenschaftsamts und somit Hausherr der Immobilie, die Unterstützung der Stadt bei der Wohnungssuche der drei Damen im Alter von 65 bis 72 Jahren, versprach. Wie SSM-Sprecher Rainer Kippe sagte, habe Fritz ihm auch zugesichert, dass das Haus im Eigentum der Stadt bleiben werde und künftig Bedürftigen zur Verfügung stünde.
Stadt Köln will Objekt in Köln-Dellbrück veräußern
Dem widersprach Fritz vor der Sitzung des Liegenschaftsausschusses am vergangenen Dienstag, wo das Hausverkauf auf der Tagesordnung stand. Es bleibe dabei, die Stadt wolle das Objekt veräußern. „Nur die Form – ob Verkauf oder Erbpacht – ist noch offen. „Damit wollen wir der Stadt die hohen Sanierungskosten für das mit Schwamm befallene Gebäude ersparen.“
Über das Ob und das Wie der Veräußerung entscheide die Politik. Es gebe verschiedene Ideen, wie vorgegangen werden könne. Was die Unterbringung der obdachlosen Seniorinnen angehe, hatte er noch am Samstag drei Plätze in einem Frauenhaus angeboten, was die Damen abgelehnt hätten: „Da sie auf einer Wohnung bestanden, habe ich sie an den Leiter des Wohnungsamts, Josef Ludwig, weitervermittelt.“ Die Stadt sei ohnehin verpflichtet, Obdachlosen ein Dach über dem Kopf zu beschaffen.
„Mein Partner war verstorben und ich bekam danach keine Mietverlängerung“, sagt Karina (70), eine der Betroffenen. Eine warme Bleibe finde sie seitdem lediglich im Wartesaal des Bahnhofs. Doch selbst dort sei sie zu bestimmten Zeiten unerwünscht.
Auf ein ähnliches Schicksal kann Ursula (72) verweisen: „Ich habe schon seit 24 Jahren kein Dach mehr über dem Kopf.“ Sie sei damals aus einer Wohnung der „Neuen Heimat“ herausgemobbt worden. Seitdem übernachte sie in Treppenhäusern und halte sich tagsüber oft in der Stadtbibliothek oder der Mayerschen Buchhandlung auf: „In Unterkünfte für Wohnungslose gehe ich nicht. Dort wurde ich regelmäßig beklaut.“
Wahrzeichen an der Kreuzung Bergisch Gladbacher Straße
Das Dellbrücker Ratsmitglied Horst Noack (SPD) war von der Besetzung nicht begeistert: „Es geht auch, ohne Fenster einzuschlagen und so Feuchtigkeit ins Haus zu lassen.“ Die Dellbrücker Bürger würden schon lange dafür kämpfen, dass das Haus mit bezahlbaren Wohnungen und dem Bürgertreff erhalten bleibt. Von der Aktion des SSM distanziert er sich.
Kippe und seine Mitstreiter hätten sich an ihn wenden können: „Wir hätten ihm die Möglichkeit gegeben, legal ins Haus zu kommen, das Transparent anzubringen und so auf die Lage der Frauen aufmerksam zu machen.“ Der Vorsitzende des Bürgervereins Dellbrück, Engelbert Hock, reagierte etwas gelassener.
Ihn stört auch, dass das Haus jahrelang leer steht, doch „Methoden wie Hausbesetzungen gibt es nun mal. Das müssen wir aushalten.“ Hock plädiert ebenfalls dafür, in dem Haus wieder preiswerte Mietwohnungen zu schaffen. Teuren Wohnraum gebe es in Dellbrück schon genug.
„Ich finde es schade, dass das Haus seit Jahren vor sich hingammelt“ findet auch Mirjam Seelbach-Geese, Vorsitzende der IG Treffpunkt Dellbrücker Hauptstraße. Es sei eine Art Wahrzeichen an der Kreuzung Bergisch Gladbacher Straße und Dellbrücker Hauptstraße. Außerdem müssten der Bürgertreff und das Laientheater Klapperkasten im Erdgeschoss erhalten bleiben.