Die Zusammenlegung der städtischen Kliniken in Merheim ist beschlossen. Könnte ein Bürgerbegehren die Standorte in Holweide und Riehl noch retten?
Nach Petition mit 48.000 UnterschriftenKölner Politiker wollen städtische Krankenhäuser mit Bürgerbegehren retten
Gegner der geplanten Zusammenlegung aller städtischen Krankenhäuser in Merheim planen derzeit ein Bürgerbegehren dagegen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ läuft derzeit eine fachliche und juristische Prüfung dieses Schritts. Damit das Bürgerbegehren im Stadtrat diskutiert wird, müssten mehr als 26.000 Unterschriften gesammelt werden.
Eine Schließung des Krankenhauses in Holweide und des Kinderkrankenhauses auf der Amsterdamer Straße in Riehl ist im Juni vom Kölner Stadtrat mit breiter Mehrheit beschlossen worden, die Stationen sollen allerdings nach Merheim verlagert und dort vollständig erhalten bleiben. Auf diese Weise sollen die Kliniken, die seit Jahren mit größer werdenden finanziellen Problemen zu kämpfen haben und in diesem Jahr Verluste von mehr als 90 Millionen Euro erwarten, in städtischer Hand bleiben und künftig höchstens überschaubare Verluste von wenigen Millionen Euro pro Jahr einfahren. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Stadt bis 2031 mindestens 818 Millionen Euro in die Umstrukturierung investieren.
Bürgerbegehren kann theoretisch in Bürgerentscheid münden
Ein Bürgerbegehren wird inzwischen als Option diskutiert, weil eine Online-Petition gegen die Schließung der beiden Standorte überraschend erfolgreich ist. Die Überschrift der Petition: „Keine Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide!“ Die Zahl der Unterschriften (Stand Donnerstagnachmittag): 48.488. Sollten die Initiatoren, zu denen auch Ratsmitglied Uschi Röhrig von den Linken gehört, etwas mehr als die Hälfte der Online-Unterschriften analog und ausschließlich von Kölnerinnen und Kölnern gesammelt bekommen, wäre das Bürgerbegehren im ersten Schritt erfolgreich. Notwendig sind Unterschriften von drei Prozent derjenigen, die auch bei Kommunalwahlen wahlberechtigt sind.
Sollten genug Stimmen zusammenkommen, würde der Rat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheiden. Das Thema wäre also zurück auf der Tagesordnung im Stadtrat. Stimmt dieser für die Zulässigkeit, würde ein Bürgerentscheid folgen, in dem die Kölnerinnen und Kölner direkt über die Zukunft der Kliniken abstimmen. Erst dann könnte die Entscheidung gekippt werden.
Kölner Kliniken widersprechen der Petition: Kein Bettenabbau geplant
Zwar hat die SPD-Fraktion unter der Bedingung, dass die Zukunft einer kommunalen Krankenhausstruktur in Holweide gesondert geprüft wird, zugestimmt. Aber: Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben einzelne Ratsmitglieder der SPD die Abstimmung verweigert, indem sie sich für den entsprechenden Tagesordnungspunkt abwesend gemeldet haben. Die SPD ist trotz des Beschlusses keinesfalls geeint, insbesondere Politiker aus Mülheim und dem Kölner Norden, die unmittelbar von den Schließungen der beiden Häuser betroffen wären, sehen den Beschluss weiterhin kritisch. Aus diesen Kreisen ist mit Blick auf ein mögliches Bürgerbegehren nach der Petition, die als eine Art Probelauf verstanden wird, Optimismus zu vernehmen. Auch in der Linksfraktion, die im Rat gegen die Zusammenlegung gestimmt hatte, spielt man mit diesem Gedanken.
Doch es gibt einige Hürden. Zum einen unterstützt die Gewerkschaft Verdi die Petition nicht – aus verschiedenen Gründen. „Wir halten uns aktuell grundsätzlich aus der Standortdebatte raus. Unter unseren Mitgliedern gibt es sehr unterschiedliche Ansichten über die Zukunft der städtischen Kliniken. Wir unterstützen die Petition schon deshalb nicht“, sagte Verdi-Sprecher Jonathan Konrad am Donnerstag. Hintergrund ist, dass sich der Betriebsrat der städtischen Kliniken mit nur einer Gegenstimme für die Zusammenlegung in Merheim ausgesprochen hat. Doch Konrad nennt einen weiteren Grund: „Außerdem stimmen die Zahlen der Petition, wenn es etwa um die Betten geht, hinten und vorne nicht – das sieht auch der Betriebsrat so.“ Der Betriebsrat äußerte sich am Donnerstag auf Anfrage nicht.
Kontrovers ist vor allem eine in der Petition genannte Zahl: Der „Abbau“ von rund 400 Betten. Die Kliniken teilten auf Anfrage zwar mit, dass in dem Merheim-Modell zwar mehr als 300 Planbetten wegfallen. Allerdings werden den Kliniken zufolge aktuell nur 850 von 1335 Planbetten betrieben – weil das Personal fehlt. Das Modell geht künftig von 1029 Betten aus, ein Betrieb von mehr als 850 Betten sei möglich. Aus Sicht der Kliniken gibt es also keinen Abbau. Im Gegenteil: „Die Planbetten sind eine theoretische Größe, die in der Praxis keine Relevanz mehr hat, insbesondere aufgrund des Pflegemangels. Ein Leistungswachstum an einem Standort ist möglich“, sagte eine Sprecherin.
Kölner Klinken: Aufsichtsratschef hält Petition für wertlos
Aus Sicht von Aufsichtsratschef Ralf Unna (Grüne) hat die Petition schon aufgrund der Angabe zum Abbau von Betten keinen Wert. „Die Petition fußt auf falschen Tatsachenbehauptungen“, sagte er. „Wenn man mit falschen Aussagen auf Menschenfang geht, ist das unseriös und irrelevant. Ich erwarte nicht, dass aus der Petition etwas folgen wird.“ Außerdem vermutet er, dass die Zahl der Online-Unterschriften keine große Aussagekraft hat. „Viele derjenigen, die geklickt haben, sind nicht in Köln wohnhaft, Mehrfachbeteiligung war nicht rechtssicher ausgeschlossen“, sagte er über die Petition. Demokratische Politik werde nicht mit Klicks gemacht.
Wer Recht behalten wird, werden die kommenden Wochen zeigen. Anfang August wollen sich die Initiatoren beraten, ob ein Bürgerbegehren ein sinnvoller Schritt sein könnte, um den Merheim-Plan tatsächlich zu stoppen oder zumindest mehr lokale kommunale Krankenhausstrukturen zu erhalten. Die Online-Unterschriften sollen Reker bei der Ratssitzung am 7. September übergeben werden.