„Bequemlichkeit der Kunden“Eigentümer gibt Kölner Hofladen nach nur einem Jahr auf
- Nach nur einem Jahr schließt Michael Röseler seinen Bongartzhofladen in Flittard. Die Kunden blieben zuletzt fern, die Umsätze brachen ein.
- Doch es ist nicht das erste Geschäft, dem es in Flittard in den vergangenen Jahren so geht.
- Im Interview spricht der gelernte Kaufmann über das Problem der Großkonzerne und die Bequemlichkeit von Kunden.
Köln – Zehn Jahre lang ist Michael Röseler schon Kunde des Bongartzhofladens in Flittard, als sein geliebtes Geschäft in der Hubertusstraße im Mai 2018 schließen soll. Im letzten Moment entscheidet der gelernte Kaufmann, den Laden selbst weiterzuführen – doch nur ein Jahr später muss auch er jetzt schließen. Die Kunden blieben zuletzt fern, die Umsätze brachen ein. Es ist nicht das erste Geschäft, dem es in Flittard in den letzten Jahren so geht.
Herr Röseler, wie sehr frustriert Sie das?
Mich persönlich ehrlich gesagt nicht. Leid tut es mir für einige ältere Leute, denen ein liebgewonnener Laden fehlen wird. Gerade für die, die bei mir ganz bestimmte Produkte gesucht haben: Frische Milch, frisches Obst, Nudeln, Marmelade, Apfelkraut, Mehl oder Brotbackmischungen.
Aber das bekomme ich doch auch alles im Supermarkt.
Das stimmt. Aber meine Konfitüren habe ich aus dem Schwarzwald bekommen, Brot und Mehl habe ich von einer Mühle in Neunkirchen-Seelscheid. Solche Produkte bekommen sie in den Supermärkten eben nicht. Dort gibt es den Standard, und dann ein paar Euro günstiger als bei uns.
Womit wir wahrscheinlich beim Problem wären, oder?
Genau. Aldi, Lidl und Co. können bei ihren Lieferanten viel größere Mengen abnehmen und deshalb auch viel günstiger weiterverkaufen als ich das kann. Für mich als Einzelkämpfer gegen diese Großkonzerne anzutreten macht das das Überleben besonders schwer. Da können Sie machen, was Sie wollen, Sie verlieren am Ende trotzdem. Die Kunden denken so: Ich fahre doch nicht zu dem etwas weiter entfernt gelegenen Hofladen, wenn ich es doch billiger in direkter Nähe im Supermarkt bekomme. Obwohl ich fast ausschließlich regionale Produkte angeboten habe.
Dazu kommt, dass Ihnen die Supermärkte und Discounter das letzte Alleinstellungsmerkmal genommen haben: Inzwischen bieten fast alle auch unverpackte Lebensmittel an, wie sie es in Ihrem Laden vorgelebt haben.
Dadurch, dass auch die Big Player damit angefangen haben, wird es für kleine Läden schwierig, sich abzuheben. Dass der Unverpackt-Trend die Supermärkte erreicht hat, war für mich quasi der Todesstoß. Bis April dieses Jahres war der Laden noch profitabel. Plötzlich überstiegen die Ausgaben dann die Einnahmen. Irgendwann war mir klar, dass ich mit dem Hofladen auf der Strecke bleibe. Wenn ich so weitergemacht hätte, hätte ich irgendwann unter der Brücke schlafen müssen – und das wollte ich nicht.
Und wer ist schuld, wenn alteingesessene Läden wie Ihrer schließen müssen? Sie? Die Kunden? Die großen Player?
Jeder ein bisschen. Heute ist die Bequemlichkeit von Kunden eben groß. An welchen Stellschrauben ich noch hätte drehen können, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich habe die Werbetrommel beim Schützen- und Fußballverein gerührt, ich habe in unserer Lokalpresse inseriert. Aber niemand ist darauf angesprungen.
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Wir liegen direkt am Bayer-Werk. Früher kamen viele Manager und leitende Angestellte in den Markt. Doch es hat Veränderungen gegeben: Die Leute, die jetzt hierhergezogen sind, haben nicht das Geld, um riesig im Hofladen einzukaufen, sondern sind auf preisgünstige Alternativen angewiesen. Früher gab es hier in Flittard einen Markt, der Leute angelockt hat. Auch der läuft so gut wie gar nicht mehr. Ob hier am Ende alles ausstirbt, wird die Zukunft zeigen.
Und da sind Sie nicht persönlich frustriert?
Irgendwo doch, weil es für mich ein Herzensprojekt war, und ich mir gewünscht hätte, dass es funktioniert. Das ist ärgerlich. Aber ich habe einen Anschlussjob als Angestellter in einem anderen Einzelhandelsbetrieb bekommen. Besser gelegen, direkt an einer Hauptverkehrsstraße. Letztendlich sind es die Kunden, die darunter leiden werden.
Und was wird aus dem Hofladen?
Vielleicht kommt hier was Neues rein, vielleicht auch nicht. Aber ich muss sagen: Augen zu und durch – was mit dem Laden passiert, kann mich dann nicht mehr interessieren. Wenn ich zurückblicke, denke ich mir, dass ich den Hofladen vielleicht besser gar nicht erst übernommen hätte – in dieser Form würde ich es jedenfalls nicht noch mal machen. Aber wir sind keine Hellseher, und Spaß gemacht hat es trotzdem. Dass ein solcher Laden jemals noch mal in Flittard Fuß fassen kann, ist aber mindestens schwierig.