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Trotz ProtestenStadt Köln lässt leerstehende Häuser in Stammheim weiter abreißen

Lesezeit 3 Minuten
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Anwohner der Stammheimer Siedlung protestieren vor dem Rathaus.

  1. Die Zukunft der Stammheimer Siedlung Egonstraße ist weiter unklar. Stadt, Bezirksvertretung und Bewohner finden keine gemeinsame Linie.
  2. Von der Stadt wird der Abriss leerstehender Häuser vorangetrieben, wogegen Bewohner seit Jahren protestieren.
  3. Sie kritisieren den Beschwerdeausschuss der Stadt. Die Interessen der Bewohner würden nicht mit einbezogen.

Mülheim/Stammheim – Das Tauziehen um die Zukunft der Siedlung Egonstraße findet kein Ende. Bei Sitzungen des Beschwerde- und des Liegenschaftsausschusses der Stadt konnte Ende Januar keine einheitliche Position erreicht werden. Die Bezirksvertretung beschloss in der gleichen Woche, ein Moratorium des Abrisses leerstehender Häuser der Siedlung auszusprechen, bis alle rechtlichen und finanziellen Mittel erschöpft sind, die den Erhalt der Siedlung gewährleisten.

Die Siedlung mit heute etwa 50 Wohnhäusern entstand nach dem Krieg auf dem Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots, wo die Stadt Gebäude als Behelfsheime an ausgebombte Kölner vermietete. Jedes dieser Häuschen hat etwa 60 Quadratmeter Wohnfläche. Da die Bewohner viele Reparaturen selbst vornehmen, sind die Kaltmieten mit Preisen bis 3,50 Euro pro Quadratmeter vergleichsweise niedrig.

Häuser die leerstehen lässt die Stadt abreißen

Seit der Jahrtausendwende vermietet die Stadt nicht mehr neu, sondern reißt ab, wenn ein Haus leer steht. Das wird damit begründet, dass die Siedlung zu nahe am Großklärwerk Stammheim liegt und das Areal im Landschaftsplan als Grünfläche ausgewiesen ist. Außerdem seien die Bauten zu marode, um wirtschaftlich sinnvoll saniert zu werden.

Die Bewohner wehren sich seit Jahren dagegen. So gab es im Herbst 2013 und im Sommer 2019 Hausbesetzungen. Im November 2014 besuchte der Liegenschaftsausschuss die Siedlung und setzte ein Abbruchmoratorium in Kraft. Doch die Stadt begann wenige Jahre später erneut damit, abzureißen. Eine Anwohnerinitiative mit Unterstützung der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) beauftragte daher eine Fachanwältin mit einem Rechtsgutachten. Das liegt seit Mitte Dezember vor und verneint die Auffassung der Stadtverwaltung, ein Abriss sei unabwendbar. Wird keine Einigung erzielt, wollen die Bewohner der Egonstraße klagen.

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Die vierfache Mutter Tanja Montano erklärt, was es bedeutet, die eigene Wohnung zu verlieren.

Mit einer Eingabe versuchte die Initiative nun, doch noch eine politische Lösung zu erreichen. Sie schlug vor, die Siedlung als Ganzes an einen noch zu gründenden Verein „Rettet die Egonstraße“ zu vermieten. Dieser könne die bestehenden Mietverträge übernehmen und auf deren Grundlage neue Wohnraummietverträge mit den Bewohnern abschließen. Der Unterhalt und die Instandhaltung der Siedlung ginge in die Verantwortung des Vereins über. Dieser könne die Gebäude auch an die Mieter verkaufen. Schließlich schlugen die Antragsteller vor, die Siedlung unter Denkmalschutz zu stellen.

„Zeichen der Missachtung unserer Bezirksvertretung“

Der Beschwerdeausschuss der Stadt, der auch die Anwältin der Initiative anhörte, beschloss der Verwaltung zu empfehlen, den Abriss leerstehender Gebäude fortzusetzen. Das empörte Mülheims Bezirksvertreter. „Der Beschwerdeausschuss ist gar nicht auf die Interessen der Bewohner eingegangen“, beklagte Mike Paunovich (CDU) und forderte, die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung, mit dem Abriss fortzufahren, abzulehnen. Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs bemängelte, dass zur Sitzung kein Vertreter der Fachverwaltung erschienen war, obwohl dringend darum gebeten wurde: „Das ist eindeutig ein Zeichen der Missachtung unserer Bezirksvertretung.“

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Er schlug vor, sich gegen den Abriss auszusprechen. Ferner solle die Verwaltung mit allen Mitteln darauf hinarbeiten, eine Änderung des Flächennutzungsplans in die Wege zu leiten und bis zum Ende des Verfahrens ein Abrissmoratorium zu verfügen. Dem stimmten alle Bezirksvertreter einhellig zu. Der Liegenschaftsausschuss, der einen Tag später darüber beraten sollte, verschob das Thema. Nachdem die SPD die gleichen Forderungen wie die Mülheimer Bezirksvertretung erhoben hatte, kündigte die CDU im Ausschuss weiteren Beratungsbedarf an.