In Mülheim baut der Verein „Modelleisenbahn-Freunde Köln“ Miniaturwelten nach – von realen deutschen Landschaften bis zu fiktionalen Welten.
Landschaften auf zwei Etagen„Modelleisenbahn-Freunde Köln“ bauen in Mülheim Miniaturwelten
Bevor sich Hans Rubel, Manfred Zapp und Roland Wasmund an die Arbeit machen, ist erstmal Pause angesagt. Der Clubabend beginnt mit einem kleinen Schwätzchen in ausrangierten Eisenbahn-Sesseln. Nur ein paar Meter entfernt rattern in Sichtweite Güterzüge und S-Bahnen vorbei. Dann geht es nach nebenan, wo die Schienenfahrzeuge etwas kleiner sind.
Die Züge der Modelleisenbahn fahren durch Österreich und den Schwarzwald
Die „Modelleisenbahn-Freunde Köln“ sind in einer alten Signalmeisterei am Ende der Mündelstraße in Mülheim zu Hause. In dem von Graffiti übersäten Backsteinbau nördlich des Mülheimer Bahnhofs haben die Vereinsmitglieder auf zwei Etagen Landschaften entstehen lassen, die trotz ihrer Miniaturhaftigkeit die Ausmaße jedes Durchschnitts-Kellers sprengen würden.
Im Erdgeschoss befinden sich die originalgetreuen Nachbildungen eines Landstrichs im Schwarzwald sowie der österreichischen Semmeringbahn. Im Stockwerk darüber erstreckt sich der Bereich Fiktionales: Ausgedachte Topografien aus Holz, Styropor und Gips.
Die Lupe als Lieblingsinstrument
Hans Rubel, Manfred Zapp und Roland Wasmund gehören zum „Spur-N-Team“. Berge, Brücken, Häuser und Lokomotiven sind auf den Maßstab 1:160 geschrumpft, was Grobmotorikern die Mitarbeit deutlich erschwert. „Unser Lieblingsinstrument ist die Lupe“, sagt Hans Rubel, Vorsitzender der Modelleisenbahn-Freunde und bei der „Spur-N-Bahn“ zuständig für die Elektrik.
Davon gibt es eine ganze Menge, zehn Stromkreise halten auf der 7,5 mal 3,5 Meter großen Anlage die Technik in Gang. Mit Trafos können die Zahnradbahn oder die winzige Seilbahn gesondert angesteuert werden. Auch ein kleines Karussell setzt sich auf Knopfdruck in Bewegung. Auf einem Berg machen sich Fotografen mit Blitzlichtern bemerkbar.
Unten im Tal zieht der Hochgeschwindigkeitszug Thalys seine Kreise, für einen Rundlauf auf der Hauptstrecke muss er immerhin 34 Meter zurücklegen. Eine heile Welt, zusammengefügt in akribischer Handarbeit. Allein die Talbrücke hat 120 Arbeitsstunden gekostet.
„Wir wissen alle, dass das Hobby manchmal belächelt wird“, sagt Manfred Zapp: „Aber es gehört Knowhow dazu.“ Der 72-Jährige bekam als Kind seine erste elektrische Eisenbahn geschenkt. Mit 15 verlor er sie aus den Augen. „Ein Jahr, bevor ich in den Ruhestand gegangen bin, war die Frage: Was machst du denn?“ Dann fiel ihm sein altes Hobby wieder ein.
Statt einsam im Keller die Bahnen fahren zu lassen, wollte er lieber in Gemeinschaft die „Freude am Basteln“ ausleben. Seit sieben Jahren ist der Kölner nun Mitglied bei den „Modelleisenbahn-Freunden“, arbeitet mittlerweile im Vorstand mit und kümmert sich um den Landschaftsbau.
Verein ist aktiv seit 1960
Abgesehen von einer jungen Mitarbeiterin sind die 43 Mitglieder männlich und schon etwas älter. Es ist die Generation, die zu Weihnachten noch eine „Elektrische“ von den Eltern geschenkt bekam. Während sich die Interessen der Jugend zunehmend wandelten, machten die „Modelleisenbahn-Freunde Köln“ einfach weiter.
Seit 1960 sind sie aktiv, zunächst im Deutzer Bahnhof, seit 2002 in Mülheim. Der Verein hat Glück: Die Deutsche Bahn stellt ihnen die alte Signalmeisterei günstig zur Verfügung. „Wir sind auf das Wohlwollen der Bahn angewiesen“, sagt Manfred Zapp: „Ohne dieses Heim würde der Verein keine Zukunft mehr haben.“
Andere Vereine mussten sich wegen fehlender Räumlichkeiten bereits auflösen. Nach Angaben von Dirk Collin, stellvertretender Vorsitzender des „Bundesverbands Deutsche Eisenbahn Freunde“, sind viele Vereinsunterkünfte von Städten und Kommunen wegen Eigenbedarfs gekündigt worden.
Aber das sei nicht das einzige Problem. Während einige Vereine im Osten und Süden Zulauf verbuchten, sei die Szene in Nordrhein-Westfalen von Mitgliederschwund und Überalterung getroffen. Es fehlten die 30- bis 50-Jährigen. Mancherorts liege der Anteil der aktiven Ehrenamtlichen bei nur zehn bis 20 Prozent: „Viele Vereine bekommen Ihre Vorstände nicht mehr zusammen.“
Mittlerweile werden die Bahnen auch digital gesteuert
Woran es liege, dass sich der Nachwuchs trotz diverser Bemühungen nicht begeistern lasse? Zum einen an den vielen Alternativ-Angeboten, sagt Collins. Zum anderen auch an den Kosten. „Loks ab 200 Euro, das kann sich keiner mehr erlauben.“ Gebrauchte Ware allerdings sei relativ günstig zu haben.
Auch die Modelleisenbahn-Freunde Köln suchen immer nach neuen Mitgliedern. Wer sich ein Bild von der Arbeit des Vereins machen will, kann sich bei den mehrmals im Jahr stattfindenden Modellbahnschauen umsehen. Ob Elektrik, Landschaftsbau oder Arbeit am PC: „Alle Möglichkeiten sind hier gegeben“, wirbt Manfred Zapp für sein Hobby.
Während er und seine Spur-N-Kollegen an diesem Abend an einem neuen Betriebswerk für die kleinen Züge werkeln, steht Ulrich Schönau mitten in der Landschaft der angrenzenden „HO-Eisenbahn“ im Maßstab 1:87 und tauscht fehlerhafte Gleise aus. Die Anlage wird digital gesteuert, was es ermöglicht, Lokomotiven unabhängig voneinander in einem Stromkreis zu steuern. Die Zeit steht eben auch in der alten Signalmeisterei nicht still.