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Verhaftet und deportiertStolperstein erinnert in Kölner Keupstraße an das Schicksal von Else Kadenbach

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann mit Hut arbeitet an einem Bürgersteig. Er ist dabei, einen glänzenden Erinnerungsstein zu verlegen.

Der Künstler Gunter Demnig verlegt den Stein für die im Jahr 1944 von den Nazis verschleppte Kölnerin Else Kadenbach.

In der Keupstraße erinnert nun ein Stolperstein an die Kölnerin Else Kadenbach. Die sogenannte Halbjüdin wurde 1944 verhaftet und deportiert.

Else Kadenbach galt in der Ideologie der Nationalsozialisten als „jüdischer Mischling ersten Grades“. Ihre Mutter Anna Kadenbach war katholisch, ihr Vater Arthur Neumann jüdisch. Sie wurde katholisch getauft und erzogen. Doch für die Nationalsozialisten war ihr Blut unrein.

Die Geschichte von Else Kadenbach, die die Kölner Journalistin Petra Pluwatsch niedergeschrieben hat, erzählt von einer halbjüdischen Frau, die Opfer des Nationalsozialismus war und diesen überlebte. Die Bezeichnungen Halbjüdin und Halbjude stammen aus dem nationalsozialistischen Sprachgebrauch.

„Mit den Stolpersteinen wurden zunächst Menschen geehrt, die wegen des Nationalsozialismus gestorben sind und das ist auch gut so“, sagt Helmut Goldau von der Geschichtswerkstatt Mülheim, „aber es gibt auch ganz viele Menschen, die in anderer Form Opfer sind“.

Stolperstein für Else Kadenbach in der Kölner Keupstraße verlegt

Menschen wurden deportiert oder mussten fliehen. Andere haben keinen anderen Ausweg als den Suizid gesehen. Diese sind ebenfalls Opfer und auch an sie solle gedacht werden. Deshalb wurde nun in Gedenken an Else Kadenbach ein Stolperstein vor der Keupstraße 49 in Mülheim verlegt. Dort wohnte sie mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater.

1930 begann Else Kadenbach in der Delikatessenhandlung Rettberg eine Ausbildung als Verkäuferin. Als das Geschäft 1933 geschlossen wurde, hatte sie Probleme, eine neue Stelle zu finden. Grund dafür sei ihre halbjüdische Abstammung gewesen, schreibt Kadenbach 1956 in einer eidessstattlichen Versicherung. Schließlich habe sie eine Stelle als Fabrikarbeiterin im Carlswerk gefunden.

Der Stolperstein für Else Kadenbach in Nahaufnahme

Der Stolperstein erinnert an das Schicksal einer Kölnerin, die den Nazi-Terror zwar überlebte, aber deportiert und zur Zwangsarbeit herangezogen wurde.

1937 brachte sie ihren ersten Sohn Manfred zur Welt. Der Vater erkannte das Kind zwar an, verließ die junge Mutter aber. Drei Jahre später wurde ihr zweiter Sohn Kurt Michael geboren. Dessen Vater Michael Rath wollte sie zur Frau nehmen, doch Else wurde von den NS-Behörden die Heirat mit dem „deutschblütigen Mann“ verboten.

Bis 1942 wurden Halbjuden zwar zunächst nicht deportiert, aber Else Kadenbach litt in anderer Form unter den Nationalsozialisten. „Als es dann keine Juden mehr in Köln gab, wurden auch die Halbjuden deportiert“, erklärt Goldau. Und so kam es auch bei Else Kadenbach.

Erinnerung an verschiedene Opfer des Nationalsozialismus

Am 15. September 1944 wurde die zweifache Mutter in der Wohnung ihrer Eltern verhaftet und in das Sammellager Müngersdorf transportiert. Von dort aus wurde sie in ein Lager in Kassel-Lichtenau verschleppt und musste Zwangsarbeit in den Henschel Flugzeugwerken leisten.

Nachdem die Gestapo die Fabrik Anfang April 1945 verlassen habe, sei sie per Anhalter nach Köln zurückgekehrt, schreibt Else Kadenbach in ihrer eidesstattlichen Erklärung. Kurz nach der Befreiung des rechtsrheinischen Köln durch die Amerikaner Mitte April verließ sie gemeinsam mit ihrem französischen Freund Jean Louis Picot Deutschland und zog mit ihm nach Paris.

Das Paar hatte sich im Carlswerk kennengelernt, wo Picot als Zwangsarbeiter eingesetzt war. Sie heirateten 1946 und bekamen drei Kinder. Ihre Tochte Rosaline Picot fand all das erst nach dem Tod von Else Kadenbach 2000 heraus. Ihre Mutter habe nie von ihren Erfahrungen gesprochen, nur darüber geschrieben. Und trotzdem prägte Else Kadenbachs Schicksal und Trauma auch das Leben ihrer Tochter. „Die psychischen Probleme meiner Mutter aus dem KZ haben sich auf mich übertragen“, sagt Rosaline Picot.

Sie lebt seit einiger Zeit in Köln – der Heimat ihrer Mutter. Schon lange habe sie die Idee gehabt, einen Stolperstein für ihre Mutter einzurichten. „Ich wollte unbedingt ein Andenken an sie haben“, sagt Picot. Also stieß sie die Verlegung mit dem NS-Dokumentationszentrum und der Geschichtswerkstatt Mülheim an. Als der Initiator der Stolpersteine, Gunter Demnig, den Stein ihrer Mutter vor zwei Wochen verlegte, sei Picot sehr emotional gewesen: „Es war sehr traurig, weil ich das Leben meiner Mutter wieder im Kopf hatte, aber es war auch eine große Freude“.