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Kleingartenanlage in MüngersdorfMahnmal erinnert an den Tod von tausenden Juden

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An Walter-Binder-Weg soll künftig eine Stahlwand an das ehemalige Deportaionslager in Müngersdorf erinnern.

Lindenthal/Müngersdorf – Ungefähr dort, wo heute ein Tor zur Kleingartenanlage „Waldfrieden“ in Müngersdorf führt, befanden sich früher die Pforten zur Endstation auf dem Weg in die Hölle. In der Zeit von 1941 bis 1945 stand dort eine Barackenanlage. Mit dem wenige hundert Meter entfernten Fort V, einer ehemaligen preußischen Befestigungsanlage, diente sie den Nazis als Deportationslager.

Tausende Menschen vorwiegend jüdischer Herkunft wurden von dort in die Vernichtungslager verschleppt. Heute erinnert nur noch ein großer Findling mit einer Inschrift, der an einer Seite des Walter-Binder-Wegs steht, daran, dass das Grauen für viele Menschen einmal in Müngersdorf seinen Anfang nahm.

Es ist ein schlichter Stein, der nach Ansicht des Bürgervereins Müngersdorf viel zu leicht übersehen wird. Deswegen hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, ein angemessenes Mahnmal an dem geschichtsträchtigen Ort zu platzieren. Die Mitglieder stellten es nun im Bezirksrathaus Lindenthal den Bezirkspolitikern und Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor.

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19 Meter lange Stahlwand soll Findling ersetzen

Eine 19 Meter lange Stahlwand aus aneinandergeschweißten Cortenstahlträgern nach einem Entwurf des Künstlers Simon Ungers soll den Findling ersetzen – als „Gedenkort Deportation Köln-Müngersdorf“. Die Installation erinnert an die rostbraune Backsteinwand des Forts, das hier einst stand, an die Ausgrenzung und die erlittene Gewalt. Fensterartige Öffnungen im Stahl sollen zugleich Hoffnung vermitteln. Zusätzlich wird ein mit Ziegelsteinen gepflasterter Weg, auf dem Infotafeln angebracht werden, eine Verbindung zwischen den ehemaligen Standorten des Forts und der Baracke herstellen.

Hildegard Jahn-Schnelle, Vorsitzende des Bürgervereins Müngersdorf, erläuterte das Vorhaben: „Wir möchten den Opfern eine Stimme verleihen. Das scheint uns gerade heute, wo es nur noch wenige Zeitzeugen gibt, besonders wichtig.“ Bei der Suche nach einem passenden Mahnmahl waren die Bürger im Nachlass eines Künstlers aus ihrem Viertel fündig geworden: Simon Ungers wurde 1957 in Köln geboren, wuchs in Müngersdorf auf, wanderte 1969 mit seinen Eltern in die USA aus, studierte dort Architektur, lebte als Architekt und Künstler in New York und kehrte 1999 nach Köln zurück; er starb im Jahr 2006.

Schwester des Künstlers spricht über das Werk

Bei der Präsentation des Werkes im Rathaus berichtete Ungers’ Schwester Sophia über seine Arbeit: „Als der Bürgerverein mich fragte, ob es in Simons Nachlass vielleicht ein passendes Werk gibt, fiel mir gleich sein Entwurf Wand ein“, schilderte sie. Es handele sich dabei um Pläne für ein 85 mal 85 Meter großes Plateau, das von Stahlträgern umringt ist, in denen die Namen der europäischen Konzentrationslager zu lesen sind.

Mit dem Entwurf habe Ungers 1995 den Wettbewerb „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Berlin gewonnen, erzählte seine Schwester. Allerdings sei der Entwurf aufgrund von politischen Rahmenbedingungen damals nicht realisiert worden. Es sei ein weiterer Wettbewerb ausgelobt worden, den ihr Bruder nicht gewann.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker signalisert Unterstützung

Statt in Berlin wird nun ein Fragment seines großen Kunstwerkes an seinem Heimatort in Müngersdorf stehen. Etwa 150.000 Euro werden die Herstellung des Kunstwerkes und der Weg des Gedenkens dennoch kosten. Was die Finanzierung betrifft,ist der Bürgerverein optimistisch. „Wir hoffen, einen Teil davon als Spenden zu beschaffen, wünschen uns aber auch, dass die Stadt sich wegen der Bedeutung des Gedenkortes für Köln an den Kosten beteiligen wird“, betonte Jahn-Schnelle

Oberbürgermeisterin Henriette Reker signalisierte ihre Unterstützung. „Ich finde es richtig, dass wir einen angemessenen Ort des Gedenkens bekommen“, sagte sie. Über die finanzielle Unterstützung müsse der Rat entscheiden. „Sie dürfen aber davon ausgehen, dass ich sehr wohlwollend eingreifen werde“, so Reker