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Anklage nach Mord im Mülheimer HafenTäter sollen 15-Jährigen „aus Wut und Rache“ erstochen haben

Lesezeit 4 Minuten
Blumen und Grabkerzen am Tatort im Mülheimer Hafen, wo in der Nacht zum Sonntag (10.03.2024) ein 15-Jähiger mit Messerstichen getötet wurde.

Blumen und Grabkerzen stehen zwei Tage nach dem Mord an einem 15-Jährigen am Tatort im Mülheimer Hafen. (Archivbild)

Die Staatsanwaltschaft wirft vier Männern Mord aus niedrigen Beweggründen und Freiheitsberaubung vor.

Die Kölner Staatsanwaltschat hat vier Männer angeklagt, die im März einen 15-Jährigen im Mülheimer Hafen getötet haben sollen. Die Tat hatte für große Erschütterung gesorgt. Der Jugendliche starb an mehreren Messerstichen. Den Angeklagten werde nun gemeinschaftlicher Mord aus niedrigen Beweggründen sowie gemeinschaftliche Freiheitsberaubung mit Todesfolge vorgeworfen, sagte eine Sprecherin des Landgerichts. Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass der Jugendliche „aus Wut und Rache“ getötet wurde.

Zwei Beschuldigte sind 20 Jahre alt, der dritte ist 18, der vierte 26 – alle sitzen seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft. Der 15-Jährige soll einen von ihnen im Februar in einem Prozess vor dem Amtsgericht belastet haben – wohl um mit einer geringeren Strafe davonzukommen. Denn der 15-Jährige saß auf der Anklagebank, es ging um Drogen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass einer der jetzt Angeklagten sich von dem Jugendlichen verraten fühlte und sich rächen wollte. Offenbar bekam er dabei Unterstützung von den drei anderen Beschuldigten. Die Gerichtssprecherin wollte sich zu diesen Einzelheiten nicht äußern.

Köln: Täter sollen Vater des Opfers gedroht haben

Wie der Vater des Mordopfers dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ einige Tage nach der Tat berichtet hatte, sollen die mutmaßlichen Täter seinen Sohn in der Nacht zum 10. März regelrecht gejagt haben. Auf dem Wiener Platz hätten sie den Vater am Samstagabend zufällig getroffen und ihn gefragt, wo sein Sohn sei, sie hätten gedroht: „Wenn wir ihn finden, bringen wir ihn um. Und wir werden ihn finden. Wir sind viele, wir sind eine große Gruppe.“

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Die Leiche lag auf der Landzunge an der Brücke „Katzenbuckel“.

Die Leiche lag auf der Landzunge an der Brücke „Katzenbuckel“.

Knapp sieben Stunden später, gegen 1.30 Uhr am Sonntagmorgen, stießen die mutmaßlichen Täter an einer Gaststätte auf der Danzier Straße in Mülheim auf den 15-Jährigen. Der soll in das Lokal gelaufen sein, möglicherweise um Schutz zu suchen, und gerufen haben: „Die sind da.“ So berichtete es der Wirt seinerzeit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Wirt habe noch gefragt: „Wer ist da?“, doch da sei der Jugendliche schon wieder aus der Tür gewesen.

Zeugen schilderten, wie die Angreifer den 15-Jährigen vor der Kneipe bedrängten, ihn angeblich auch mit einer Pistole bedrohten und schließlich die Danzier Straße hinunterzerrten. Sie sollen ihn in ein Auto gesetzt und mit ihm zum Mülheimer Hafen gefahren sein, keine 800 Meter entfernt. Dort sollen sie ihn an der „Katzenbuckel“ genannten Brücke erstochen haben. Polizisten, die inzwischen durch Notrufe alarmiert nach dem Jungen gesucht hatten, fanden dort gegen acht Uhr seine Leiche.

Köln: Prozesstermine stehen noch nicht fest

Das Landgericht muss nun entscheiden, ob es die Anklage der Staatsanwaltschaft zulässt. Falls ja, werden Termine für den Prozess festgesetzt. Wann der starten könnte, ist noch ungewiss. Mit Blick auf das junge Alter zumindest dreier der vier Angeklagten könnte das Gericht die Öffentlichkeit möglicherweise ganz oder teilweise von den Verhandlungen ausschließen – muss es aber nicht. Denn während dies bei jugendlichen Angeklagten gesetzlich so vorgeschrieben ist, haben die Kammern bei Heranwachsenden einen gewissen Spielraum bei ihrer Entscheidung.

Ob auch eine brisante Aussage des Vaters des 15-Jährigen Thema in einem Prozess sein wird, ist unklar. Der Mann hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, er habe gleich nach dem zufälligen Treffen mit den späteren Tatverdächtigen auf dem Wiener Platz die Polizeiwache in Mülheim angerufen und von der Todesdrohung gegen seinen Sohn berichtet. Der Beamte oder die Beamtin habe aber nur erwidert, telefonisch könne man da nichts unternehmen, der Vater müsse schon auf die Wache kommen und Anzeige erstatten – was der Vater allerdings nicht tat.

Stattdessen habe er seinen Sohn angerufen. Der aber soll die Drohung heruntergespielt haben. „Er wollte nicht, dass wir, seine Eltern, uns Sorgen machen“, sagte der Vater. Wenige Stunden später war der Jugendliche tot.

Ob der Vater tatsächlich auf der Wache angerufen hatte, ist allerdings bis heute nicht restlos geklärt. Die Polizei teilte später mit, der angebliche Anruf habe „im Rahmen der polizeiinternen Prüfungen über die Telekommunikationsanlagen bei der Polizei nicht festgestellt werden“ können.