Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagt der Vater, er habe wenige Stunden vor der Tat die Polizei alarmiert.
Erstochener 15-Jähriger in Köln-MülheimTatverdächtige sollen Vater des Opfers den Mord angekündigt haben
Fahad M. (Name geändert) packt am Mittwochabend eilig ein paar Sachen zusammen, am Donnerstagmorgen geht sein Flieger in den Irak. Dort soll sein Sohn im Kreis der Familie beigesetzt werden. Sein Sohn ist der 15 Jahre alte Jugendliche, der am vorigen Sonntag im Mülheimer Hafen getötet wurde.
Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ wirkt Fahad M. gefasst. Ein freundlicher Mann, der ruhig und bedächtig spricht. Auch seiner Frau gehe es inzwischen etwas besser, berichtet er. „Sie konnte sich ein bisschen beruhigen.“ Die Mutter war zusammengebrochen, als sie vom gewaltsamen Tod ihres Sohnes erfahren hatte.
Köln: SEK fasst dritten Tatverdächtigen in Remscheid
Zwei 18 und 20 Jahre alte Männer sollen den 15-Jährigen in der Nacht zum Sonntag gegen 1.30 Uhr an der Danzierstraße in Mülheim verschleppt, ihn unter Schlägen und Drohungen mit Schusswaffen in ein Auto gezerrt, in den Hafen gebracht und dort erstochen haben. Beteiligt gewesen ist laut Staatsanwaltschaft noch ein dritter Mann, der zunächst flüchten konnte, Mittwochmorgen aber von Spezialeinsatzkräften auf einer Straße in Remscheid gefasst wurde. Der entscheidende Hinweis auf den 26-Jährigen kam von einem Zeugen.
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Gegen alle drei Tatverdächtigen ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen dringenden Verdachts des gemeinschaftlichen Mordes aus niedrigen Beweggründen. Der 15-Jährige soll einen von ihnen im Februar in einem Prozess vor dem Amtsgericht belastet haben – mutmaßlich, um mit einer geringeren Strafe davonzukommen. Denn der 15-Jährige saß auf der Anklagebank, es ging um Drogen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der andere sich von dem Jugendlichen verraten fühlte und sich rächen wollte.
Köln: Vater des Opfers traf Tatverdächtige auf dem Wiener Platz
Fahad M. erinnert sich an den vorigen Samstagabend. Gegen 19 Uhr habe er auf dem Wiener Platz in Mülheim zwei der drei Männer getroffen, die knapp sieben Stunden später seinen Sohn erstechen sollten – sofern sich bewahrheitet, was die Polizei bislang zusammengetragen hat. Sie hätten ihm, dem Vater, sinngemäß gedroht: „Wenn wir deinen Sohn finden, bringen wir ihn um. Und wir werden ihn finden. Wir sind viele, wir sind eine große Gruppe.“
Fahad M. sagt, er habe umgehend auf der Polizeiwache in Mülheim angerufen und von der Todesdrohung gegen seinen Sohn berichtet. Als Antwort habe er erhalten, dies könne man nicht am Telefon lösen, er solle vorbei kommen und Anzeige erstatten. Doch das tat Fahad M. nicht. Stattdessen habe er versucht, seinen Sohn zu erreichen. Der spielte die Drohung offenbar herunter. „Er wollte nicht, dass wir, seine Eltern, uns Sorgen machen“, sagt M..
Und noch etwas begreife er nicht, betont der Vater: dass man seinen Sohn nach der Gerichtsverhandlung im Februar einfach so habe gehen lassen. „Man hätte ihn doch schützen müssen“, sagt er. Wie zu erfahren war, soll in den Akten zu dem Gerichtsprozess allerdings nichts über etwaige Drohungen gegen den 15-Jährigen festgehalten sein.
Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwochabend kann die Polizei den mutmaßlichen Anruf von Fahad M. auf der Wache in Mülheim nicht bestätigen – aber auch nicht ausschließen. Wenige Stunden zuvor hatte ein Sprecher betont, der Polizei Köln hätten „keine konkreten Hinweise vorgelegen, die eine vorherige Gefährdung des 15-jährigen Geschädigten begründet hätten“.
Vielmehr habe die Polizei ihrerseits „bei vorherigen Ermittlungsverfahren wiederholt den Minderjährigen und seine Erziehungsberechtigten sensibilisiert und darauf hingewiesen, im Falle einer Bedrohung unverzüglich die Polizei zu kontaktieren“. Eine solche Kontaktaufnahme seitens des Geschädigten oder seiner Eltern sei allerdings „zu keinem Zeitpunkt“ erfolgt. Der Polizeisprecher weiter: „Hier liegen auch keine anderweitigen Erkenntnisse zu Bedrohungslagen zum Nachteil des Jugendlichen seit dem in Rede stehenden Gerichtsverfahren vor.“
Grundsätzlich kann die Polizei Schutzmaßnahmen für Zeugen in Strafverfahren ergreifen, wenn diese bedroht werden. Welche Maßnahmen das sind, dazu wollte der Sprecher „aus polizeitaktischen Gründen“ keine näheren Angaben machen. Ein oft genutztes Mittel in solchen Fällen sind so genannte Gefährderansprachen: Polizisten suchen die Personen auf, die eine Drohung ausgesprochen haben, reden ihnen ins Gewissen und machen ihnen klar, dass die Polizei sie auf dem Schirm hat, sollte dem Zeugen oder der Zeugin etwas zustoßen.
Bevor Fahad M. am Mittwochabend zum Flughafen aufbricht, beteuert er noch, sein Sohn habe zuletzt nichts mehr mit Drogen zu tun haben wollen, er wollte aussteigen, sagt sein Vater. Aussteigen und ein neues Leben beginnen.