Die Stadt hat den Mietvertrag der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim nach 30 Jahren auslaufen lassen. Nun gibt es neue Entwicklungen.
Bangen um StandortSozialistische Selbsthilfe Köln-Mülheim bekommt eine Galgenfrist von der Stadt
Aufbruch oder Untergang? Vor dieser Frage stehen aktuell die Aktiven der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM). Nachdem am 30. Juni ein 30 Jahre alter Mietvertrag mit der Stadt für die ehemalige Schnapsfabrik in der Düsseldorfer Straße ausgelaufen ist, steht die Zukunft des Selbsthilfeprojekts für Wohnungslose in den Sternen. Etwa 200 Gäste kamen nun zu einem Solidaritätsfest, um der SSM ihrer Unterstützung zu versichern.
Köln: Franz Meurer und Jürgen Becker gehören zu den Unterstützern
Viel Prominenz fand sich bei dem Fest ein. Zu den Unterstützern zählen unter anderem Kabarettist Jürgen Becker, Pfarrer Franz Meurer, der Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge, SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten oder SPD-Landtagsabgeordnete Carolin Kirsch. Bei der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim handelt es sich um ein Projekt, bei dem bisher Obdachlose sich zusammengeschlossen haben, um autonome Selbsthilfe zu leisten. Sie kommen eigenständig für ihren Lebensunterhalt auf, ohne Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen.
Dabei leben sie in einer Wohngemeinschaft in der ehemaligen Schnapsfabrik. Die 18 ständigen Bewohner betreiben ein Unternehmen, zu dessen Dienstleistungen Transporte, Wohnungsauflösungen oder Entrümpelungen zählen. Darüber hinaus betreiben sie einen Second-Hand-Laden, eine Möbelkammer und das Café KommRhein an der Möbelhalle am Faulbach. Alle sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
„Wir stehen bereits seit 2018 in Verhandlungen mit der Stadt, um eine Lösung für die Zeit nach Auslaufen des Mietvertrags zu finden“, berichtet Reentje Streuter, Vorsitzender des SSM-Fördervereins „Mach mit“. Hatten die Aktiven, neben Streuter selbst Jörg Frank und Rainer Kippe, mit dem damaligen Leiter des Liegenschaftsamts, Detlef Fritz, später mit dessen Nachfolger Reiner Straub, verhandelt. Streuter: „Bis September 2022 waren die Gespräche auch schon sehr weit fortgeschritten.“ Doch dann folgte eine Zäsur: Im Herbst wurde Reiner Straub ins Bürgeramt Chorweiler versetzt.
„Seitdem hingen wir in der Luft und hatten vorerst keinen Ansprechpartner“, schildert Jörg Frank. Als endlich ein solcher gefunden wurde, habe die ganze Verhandlungsprozedur von vorn begonnen. Frank: „Unser stärkstes Argument für die Erbpacht war, dass wir der Stadt jährlich 400.000 Euro an Sozialleistungen ersparen.“ Nun hat die Stadt einen Mietvertrag für ein Jahr vorgeschlagen. Streuter: „Das ist zwar alles andere als nachhaltig, doch beide Seiten müssen bis dahin einen Pachtvertrag aushandeln.“ Jetzt sei die Politik gefragt.